Kommentar: Raus aus der EU?

Foto: David Payr

Schuldenkrise. Österreichs Wirtschaft profitiert überproportional von der EU und der Osterweiterung. Eine Exit-Strategie aus dem Projekt Europa kann keine Lösung sein.

Österreichs Arbeitsmarkt und Österreichs Wirtschaft stehen im europäischen Vergleich sehr gut da. Auch die Sparmaßnahmen der österreichischen Bundesregierung wirken im Vergleich zu den massiven Einschnitten in die Sozialsysteme vieler anderer Staaten vergleichsweise harmlos. Kein Wunder, dass es im Boulevard genauso wie an Stammtischen immer wieder tönt: „Nur schnell raus aus der EU, damit wir nicht weiter für die anderen zahlen müssen … und wenn das nicht geht, dann bitte zumindest raus aus der Eurozone!“ Weil „mia san mia“, könnte das Stammtischgespräch dann weitergehen, „und ohne die wären wir doch besser dran“.

Wären wir das wirklich? Österreichs Wirtschaft und Unternehmen haben überproportional vom EU-Beitritt und schließlich auch von der Erweiterung der Union, die uns ins Herz Europas katapultiert hat, profitiert. Wir sind Nutznießer der offenen Grenzen und der Reisefreiheit genauso wie der Absatzmärkte unserer Nachbarn. Unsere Wirtschaft ist mit der unserer Nachbarländer auf untrennbare Weise verflochten. Gerade ein kleines Land wie Österreich hätte alleine als wirtschaftliche Insel mitten in der EU nichts zu gewinnen. Unser wirtschaftlicher Erfolg steht und fällt mit dem unserer Nachbarn.

Die Finanzhilfe für von Insolvenz bedrohte Mitgliedsländer ist daher nicht nur eine Frage von Solidarität, sondern liegt in unserem ureigensten Interesse. Ohne den Rettungsschirm für Irland und Griechenland würden auch größere EU-Staaten wie Großbritannien und Deutschland in enorme Schwierigkeiten kommen – mit vorhersehbaren Folgen auch für Österreich.

Wir brauchen in der Krise keine Exit-Strategie aus dem Projekt Europa, sondern im Gegenteil mehr europäische Steuerung. Wir brauchen eine handlungsfähige europäische Union und einen Kurswechsel, mehr Koordinierung bei Lohn- und Steuerpolitik genauso wie effiziente gemeinsame Maßnahmen zur Finanzmarktregulierung und sozialpolitische Mindeststandards. All das ist alleine nicht zu packen, sondern nur gemeinsam.

In Österreich und Deutschland ist zudem ein grundsätzliches Umdenken in der wirtschaftlichen Ausrichtung notwendig. Beide Länder haben in den vergangenen Jahren den Großteil des wirtschaftlichen Erfolgs über Exporte eingefahren und damit zur Entstehung der großen Ungleichgewichte innerhalb der EU beigetragen.

Wir müssen daher in Zukunft auch in Österreich noch stärker danach trachten, Wirtschaftswachstum vor allem über die inländische Kaufkraft zu erreichen, und die ArbeitnehmerInnen noch mehr am wirtschaftlichen Erfolg beteiligen. Gute Lohn- und Gehaltsabschlüsse auch in der Krise waren hier ein wichtiger und notwendiger Schritt.

 

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