Richtig eingestuft, von Anfang an!

Foto: Nurith Wagner-Strauss

Sie verdienen als Frau weniger als ihr gleichaltriger Kollege und machen aber den gleichen Job? Dann kann es sein, dass er gleich zu Anfang besser eingestuft wurde.

Frauen verdienen immer noch weniger als Männer. Diese Einkommensunterschiede entstehen teilweise schon beim Berufseinstieg und können später oft nicht mehr wett gemacht werden. Die GPA-djp hat daher im April mit der Aktionswoche „Richtig eingestuft von Anfang an“ in den Betrieben auf das Thema aufmerksam gemacht.

„Als Faustregel gilt: Rund ein Drittel der Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern entsteht beim Einstieg“, analysiert Barbara Marx, Leiterin der GPA-djp-Bundesfrauenabteilung. Deshalb ist es gerade für Frauen ganz besonders wichtig, korrekt eingestuft zu werden und eventuelle Vordienstzeiten richtig angerechnet zu bekommen. Doch das ist nicht immer so einfach. „Einstufungs- und Verwendungsgruppen sind keine objektiv feststehenden Kategorien. Meistens ist ein gewisser Handlungsspielraum vorhanden, der oft zu ungunsten von Frauen ausgelegt wird“, berichtet Marx aus der Praxis. Die Folge: Frauen werden oft in die jeweils niedrigere Verwendungsgruppe eingereiht. Der Grund dafür, so Marx weiter, „sind mehr oder weniger bewusste Vorstellungen und Bewertungen, die die Arbeit und Fähigkeiten von Männern höher einschätzen als jene von Frauen“.

Während der Aktionswoche im April hat die GPA-djp vor allem BetriebsrätInnen auf ihre Mitgestaltungsmöglichkeiten aufmerksam gemacht: BetriebsrätInnen haben das Recht, über alle Themen, die die betrieblichen Interessen der Belegschaft betreffen, informiert zu werden und sie haben das Recht und die Pflicht, Rechtsvorschriften zu kontrollieren. Dazu gehören auch Einsichtnahme in Gehaltslisten und in Arbeitszeitaufzeichnungen sowie die Überprüfung, ob beim Einstieg alles korrekt abgelaufen ist.

Mehr Chancengleichheit

Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass es umso weniger Möglichkeiten für die bewusste oder unbewusste Schlechterstellung von Frauen gibt, je standardisierter (Einstellungs-)Prozesse sind. Das gilt aber nur, solange dem Prozess selbst keine Diskriminierung zu Grunde liegt. Barbara Marx empfiehlt daher, Regeln und Standards zu entwickeln, aber dennoch in regelmäßigen Abständen – so alle zwei bis fünf Jahre – den Prozess als Ganzes kritisch zu hinterfragen. Denn: „Was vor 10 Jahren auf dem neuesten Stand war, ist heute vielleicht schon veraltert. Auch unser Verständnis von Geschlechtergerechtigkeit entwickelt sich ständig weiter und muss darum auch immer wieder überprüft werden“, betont Marx. Eine weitere wichtige Voraussetzung für Chancengleichheit ist Transparenz: Ein Betriebsklima, das es ermöglicht, offen über Kriterien der Arbeitsbewertung etc. zu sprechen, lässt nur wenig Spielraum für ungerechtfertigte Bevorzugungen. Darüber hinaus können Probleme dadurch schneller erkannt und beseitigt werden.

Bahnbrechendes OGH-Urteil

Ein Meilenstein war das Urteil des Obersten Gerichtshofs vom Juni 2011, wo klar entschieden wurde, dass Kassierinnen im Handel in der Verwendungsgruppe 3 eingestuft werden müssen – und nicht wie meist praktiziert in Gruppe 2 – da die Arbeit an der Kassa sehr wohl eine schwierige und keine einfache Tätigkeit sei. „Diese Herabstufung von Kassierinnen ist ein klassisches Beispiel für die Geringschätzung von Arbeitsplätzen von Frauen“, kritisiert Marx. Auch ein nur geringer Gehaltsunterschied zu Beginn einer Berufskarriere kann im Laufe der Jahre zu fünfstelligen Summen anwachsen. „Wir haben nachgerechnet, wie viel hundert Euro brutto Unterschied bei der Einstufung nach 20 Jahren ausmachen können“, erklärt die Frauensekretärin, „und auch bei der Nicht-Anrechnung von Vordienstzeiten summiert sich der Verdienstentgang rasch zu erheblichen Summen.“

Einstufung überprüfen

Marx rät daher, bei der Bewerbung sehr genau nach der Begründung zur Einstufung zu fragen und dort, wo es einen Betriebsrat gibt, mit ihm Kontakt aufzunehmen. Sie appelliert aber auch an die BetriebsrätInnen, hier noch stärker als bisher aktiv zu werden: „Die Mitwirkungsrechte sind vorhanden, sie müssen aber auch gezielt genutzt werden!“

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