Reiche statt Arme zur Kasse bitten

Das ParlamentsgebŠude an der Wiener Ringstra§e, in dem die beiden Kammern des …sterreichischen Parlaments tagen.

Die GPA-djp sieht in den jüngsten Sparpaketen die Auslöser für die wiederkehrende Rezession. In einer gemeinsamen Aktionswoche unter dem Motto „Geld ist genug da“ mit der deutschen Ver.di und der schweizer Unia wurde Anfang November gezeigt, wie das Wirtschaftswachstum ohne soziale Einschnitte wieder angekurbelt werden kann: über eine gerechtere Besteuerung von Vermögenswerten und sinnvolle Umverteilungen.

Seit der Finanzkrise sind die Staatsschulden in Österreich stark gestiegen. Doch wo kamen die Schulden für die öffentliche Hand her? In den weltweit deregulierten Finanzmärkten wurde damals gezockt und spekuliert was das Zeug hält. Davon profitiert haben die Vermögenden: die privaten Finanzvermögen der Superreichen sind enorm gewachsen. Nach dem Zusammenbruch haben die Zeche die Steuerzahler beglichen, denn alle EU-Länder haben die strauchelnden Geldinstitute durch staatliche Stützungsmaßnahmen und Garantieübernahmen, wie beispielsweise die unbegrenzte Einlagensicherung, aufgefangen.

Chronologie der Krise

Seit nunmehr fast 5 Jahren befindet sich Europa in der Krise. 2007/2008 brachen die Finanzmärkte zusammen. Die Ursachen waren die geplatzte Immobilienblase in den USA sowie extrem spekulative Geschäfte ohne Eigenkapitalunterlegung rund um den Globus. Banken, Pensionsfonds und Versicherungen saßen nun auf wertlosen „Schrottpapieren“ und gerieten an den Rand der Zahlungsunfähigkeit. Um die Finanzmärkte und die Wirtschaft vor einem Komplettzusammenbruch zu bewahren verschuldeten sich die Staaten und schossen den Geldinstituten Steuergeld zu.

2009 griff die Krise dann auf die reale Wirtschaft über. Die Auftragseingänge brachen ein, die Wirtschaftsleistung ging zurück, die Arbeitslosigkeit stieg an. Für den Staat bedeutete das weiter steigende Ausgaben durch Arbeitslosigkeit und sinkende Steuereinnahmen durch weniger Beschäftigung und geringere Einkommen. Die Staaten dämpften den Wirtschaftseinbruch zunächst mit Konjunkturpaketen – das kostete erneut (Steuer-)Geld.

Sparen ist kein Weg aus der Krise

Seit 2010 hören wir nun seitens der Politik, dass gespart werden muss, um die Schulden wieder zu reduzieren. Die Mitgliedsstaaten der EU haben Schuldenbremsen beschlossen, welche die Neuverschuldung gesetzlich drastisch einschränken. In Österreich schreibt der Fiskalpakt unabhängig von der Konjunktursituation auf Jahre hinweg Sparpakete fest.

Für GPA-djp Vorsitzenden Wolfgang Katzian ist das der falsche Weg, denn: „Sparen alleine wird die Finanzprobleme der Staatshaushalte nicht lösen sondern führt dazu, dass die Wirtschaftsleistung weiter zurück geht. Was Europa braucht, ist ein Kurswechsel hin zu Investitionen in Beschäftigung und Wachstum.“

Tatsächlich befindet sich die Euro-Zone heuer wieder in der Rezession, die Wirtschaftsleistung schrumpft. Und genau jene Länder, die am stärksten sparen, sind von der Krise am härtestes betroffen. Das Beispiel Griechenland zeigt, wie man eine Wirtschaft am besten kaputt spart: die Wirtschaftsleistung ist mittlerweile um 20 Prozent eingebrochen, die Arbeitslosigkeit explodiert. Damit wird das Erreichen der Sparvorgaben immer unmöglicher.

Wer zahlt die Zeche?

Jetzt kommen durch europaweite Sparpakete die ArbeitnehmerInnen, PensionistInnen und Arbeitslosen für die Krisenkosten auf. „Die enorm gestiegene öffentliche Verschuldung ist kein Ergebnis eines überbordenden Sozialstaates, sondern das direkte Resultat der Finanz- und Wirtschaftskrise“, führt GPA-djp Vorsitzender Wolfgang Katzian aus. Bis zum Ausbruch der Finanzkrise wurde in Österreich die öffentliche Verschuldung in Relation zur Wirtschaftsleistung (BIP) sogar gesenkt. Die Neuverschuldung stieg erst ab 2008 stark an. Alleine die Bankenpakete kosteten uns bisher rund 4 Mrd. Euro an Steuergeld.

„Wir bekennen uns dazu, dass die Staatsschulden reduziert werden müssen. Aber nicht durch zusätzliche Sparpakete, die weitere Kürzungen von Löhnen und Gehältern, von öffentlichen Investitionen und von Sozialleistungen bringen würden. Es ist Zeit für einen expliziten Beitrag der Vermögenden und Millionäre“, findet Katzian.

Keine Krise bei den Reichsten

Denn nicht alle hatten eine Krise. Die Reichen und Superreichen haben in den vergangenen Jahren gut verdient. Ihre Vermögen wurden durch die Finanzmarktmaßnahmen gerettet und stieg um 7 bis 10 Prozent jährlich. Groteskes Detail am Rande: je mehr Vermögen jemand hat, desto schneller nimmt es zu. Die Vermögen der Milliardäre wachsen also noch schneller als die der Millionäre – nämlich dreimal so stark wie die Wirtschaft. In Österreich leben mehr als 72.000 Millionäre. Diese 0,85 Prozent der Bevölkerung besitzen ein Drittel des gesamten Finanzvermögens.

Das insgesamte Vermögen in Österreich beläuft sich auf rund 1.000 Milliarden Euro. Das entspricht dem dreifachen Bruttoinlandsprodukt. Die reichsten 10 Personen alleine besitzen rund 105 Milliarden Euro, also ein Zehntel des Kuchens.

Ungleiche Vermögensverteilung

Die Vermögen sind in Österreich noch viel ungleicher verteilt als die Einkommen. Während die reichsten 10 Prozent in Österreich 8-mal so viel Einkommen haben wie die ärmsten 10 Prozent, besitzen die oberen 10 Prozent 581-mal so viel Vermögen wie die untersten 10 Prozent.

Die reichsten 10 Prozent der ÖsterreicherInnen besitzen den überwiegenden Teil, nämlich in etwa 60 Prozent des gesamten Vermögens, 61 Prozent des Immobilienvermögens und beinahe 100 Prozent der Unternehmensbeteiligungen.

Der Großteil der Bevölkerung verfügt hingegen über geringe Vermögenswerte. Die Hälfte der Haushalte besitzt nicht mehr als 50.000 Euro an Sachvermögen. Dazu gehört meist ein PKW. 75 Prozent der Haushalte verfügen über ein Sachvermögen von unter 278.000 Euro. Nur 10 Prozent verfügen über ein Sachvermögen von mehr als 500.000 Euro.

In puncto Finanzvermögen ist die Lage ähnlich: drei Viertel der Haushalte haben ein Finanzvermögen von weniger als 50.000 Euro, nur 1,3 Prozent besitzen mehr als 100.000 Euro.

Wirtschaftswachstum durch Konsum

Das gehortete Vermögen bringt selten Beschäftigung oder Wachstum. Es wird an die nächste Generation weitergegeben und wirft Gewinne ab, die oft in Stiftungen geparkt werden und so dem Staat auch keine Steuereinnahmen bringen. Personen mit hohen Einkommen geben lediglich 50 bis 60 Prozent ihres Einkommens wieder aus. Der Rest wird gespart oder in Immobilien bzw. im Finanzsektor investiert. Und die Gewinne steigen stärker als die Löhne.

Personen mit niedrigem Einkommen investieren hingegen nahezu 100 Prozent ihres Gehaltes in den Konsum. Diese Realinvestitionen bringen uns das dringend benötigte Wirtschaftswachstum, sie kurbeln die Wirtschaft an und schaffen dadurch auch Arbeitsplätze.

Eine gleichmäßigtere Verteilung des Vermögens würde auch dem Wirtschaftsstandort Österreich nützen. So würde die Umverteilung von 1 Mrd. Euro zugunsten des unteren Einkommensdrittel zu einer gesamtwirtschaftlichen Ausweitung der Konsumnachfrage um 0,3 Prozent und zu 3.000 zusätzlichen Arbeitsplätzen führen.

Besteuerung von Vermögen

„Es ist Zeit für eine Besteuerung wirklich großer Vermögen. Der Schmäh, dass diese Besteuerung auch Häuslbauer treffen würde, der zieht bei niemandem mehr“, erklärt Wolfgang Katzian. Derzeit stammen die meisten Steuereinnahmen in Österreich aus der Besteuerung von Arbeitseinkommen und Konsum. Fast zwei Drittel der Steuereinnahmen kommen aus der Mehrwertsteuer und der Lohnsteuer und werden von den ArbeitnehmerInnen bezahlt. Bei der Besteuerung von Vermögen ist Österreich auf europäischer Ebene Schlusslicht. Würden Vermögen so hoch besteuert wie in der OECD, würde der Fiskus zusätzliche Einnahmen von 3,7 Mrd. Euro lukrieren.

„Wir haben immer noch zu niedrige Steuern auf Gewinne, Vermögen und Kapitaleinkommen“ kritisiert Gewerkschaftschef Katzian. Vermögensbezogene Steuern machen in Österreich derzeit nur rund 1,3 Prozent des Gesamtsteueraufkommens und nur rund 0,5 Prozent des BIP aus. Die Unternehmenssteuern sinken seit 1980 ständig.

Da in Österreich die Situation die Vermögen auf die obersten 5 bis 10 Prozent der Bevölkerung konzentriert sind und kaum besteuert werden, fordert der ÖGB als zumutbaren Beitrag zur Bewältigung der aktuellen Schuldenkrise daher eine Vermögenssteuer für Nettovermögen über 1 Mio. Euro. Damit könnten Einnahmen von rund 3 Mrd. Euro erzielt werden. Auch die Erbschaftssteuer sollte – mit einem Freibetrag von einer Million Euro auf den gesamten Nachlass – wieder eingeführt werden.

Das ÖGB-Modell sieht einen Freibetrag von 700.000 Euro auf Haushaltsebene vor und belastet damit den sogenannten „Mittelstand“ nicht. Sie ist als Millionärssteuer zu verstehen, denn 90 Prozent der ÖsterreicherInnen haben ein Vermögen von weniger als 542.000 Euro. Auch Eigenheimbesitzer sind von der Steuer nicht betroffen – das mittlere Immobilienvermögen beträgt knapp über 200.000 Euro, 40 Prozent der ÖsterreicherInnen besitzen gar keine Immobilie.

Scroll to top