Zeit für gerechte Steuern

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Während für Soziales und Bildung das Geld fehlt, ist Österreich zugleich ein Steuerparadies für die Reichen. Die Forderung nach einer Vermögenssteuer ist dringlicher denn je. Wie viel würde diese Steuer bringen, wen würde sie treffen?

Der Vermögensbesitz ist in Österreich extrem ungleich verteilt. Die großen Vermögen sind in den Händen einiger weniger, während die Hälfte der Menschen über nahezu gar kein Vermögen verfügt. Und die Mehrheit der ÖsterreicherInnen ist der Meinung, dass die Ungleichheit zu groß ist, dass es höchste Zeit für eine gerechtere Verteilung der Lasten und der Besteuerung großer Vermögen wäre.

Doch wie viel Vermögen besitzen die Reichen? Wie arm ist man in Österreich, wenn man von Armut betroffen ist? Wie viel Geld hat der Mittelstand? Diese Daten sind schwieriger zu erheben, als man glauben möchte. „Fragt man jemanden, ob er reich ist, und er antwortet: Ich bin nur wohlhabend, so deutet genau diese Antwort auf Reichtum hin“, weiß Martin Schürz von der Österreichischen Nationalbank (ÖNB) über die Schwierigkeiten zu berichten, die Vermögensverhältnisse der ÖsterreicherInnen in Befragungen zu erfassen. Arme Menschen sprechen aus Scham nicht gerne über ihre bescheidenen Verhältnisse – aber reiche Menschen schweigen dafür umso hartnäckiger über ihr Vermögen. „Armut ist gut erforscht“, erklärt Schürz, „aber über echten Reichtum wissen wir wenig. Hier fehlen uns nach wie vor Zahlen über die kleine Gruppe der sehr Vermögenden.“

Große Reichtümer

Für die Debatte über eine Vermögenssteuer braucht es aber genaue Zahlen, damit klar ist, bei wem diese Steuer eingehoben würde. Denn sonst erwachen naturgemäß die Ängste des Mittelstandes, zur Kasse gebeten zu werden. Der „kleine Mann“, der „kleine Sparer“ oder der vielzitierte „kleine Häuselbauer“ sieht sich selbst keinesfalls als reich an. Er ist aber genau besehen durchaus wohlhabend – nämlich im Vergleich zu den wirklich Armen – und repräsentiert den Mittelstand. Doch es geht bei der Vermögensbesteuerung eben nicht um die Ersparnisse oder die Eigenheime des Mittelstandes. Sondern um die wirklich großen Reichtümer einiger weniger, die derzeit steuerlich massiv bevorzugt sind.

„Dass die hoch konzentrierten Vermögen in Österreich praktisch nicht besteuert werden, ist ein untragbarer Zustand „, ist GPA-djp Vorsitzender Wolfgang Katzian empört. „Das muss dringend korrigiert werden.“ Österreich ist nach Deutschland das Land mit der größten Ungleichverteilung von Vermögen.

Dass diese Ungleichverteilung von privaten Vermögen in Österreich besonders eklatant ist, wurde kürzlich durch eine Studie der Europäischen Zentralbank (EZB) über die Vermögensverteilung im Euroraum bekannt. Ersichtlich wird die große Ungleichverteilung daran, dass Mittelwert (Medianwert) und Durchschnittswert der Vermögen sehr stark auseinanderklaffen. Das bedeutet, dass eine kleine Gruppe von extrem hohen Vermögen existiert, die den Durchschnittswert anheben, und zwar auf 265.000 Euro – während der Medianwert nur bei 76.400 Euro liegt.

Reichensteuer

„Immer wieder wird behauptet, dass eine Vermögenssteuer zwangsläufig den Mittelstand treffen muss, wenn sie finanziell ergiebig sein  soll. Das ist völlig falsch“, erklärt David Mum, Ökonom und Leiter der GPA-djp-Grundlagenabteilung. In Österreich besitzen die obersten 5 Prozent der Haushalte 45 Prozent des Vermögens. Die unteren 50 Prozent besitzen hingegen nur magere 4 Prozent des Gesamtvermögens. „Die Gewerkschaften fordern eine  Vermögenssteuer für Vermögen über 700.000 Euro je Haushalt. Das betrifft  nur die obersten 7 Prozent der Haushalte“, erklärt Mum. „Wenn man da vom Mittelstand spricht, müsste man auch die Millionäre zum Mittelstand zählen.“

Anders gesagt: Das Vermögenssteuermodell der Gewerkschaften setzt bei einem Vermögenswert an, den die große Mehrheit der Bevölkerung – der Mittelstand – niemals erreicht. Zudem besagt die EZB-Studie auch, dass ArbeitnehmerInnen im Euroraum um ein Drittel weniger Vermögen besitzen als Selbständige.

Wie man reich wird

Wie kommt man eigentlich zu einem Vermögen, das über jener Grenze liegt, die normalerweise nicht erreicht wird? Martin Schürz betont, dass wirklich große Vermögen nur ererbt bzw. weitergegeben werden können, nicht aber aus dem Arbeitseinkommen angespart. Denn selbst bei einem höheren Einkommen und einer entsprechend höheren Sparquote und einer guten Verzinsung ist es nicht möglich, sich im Laufe seines Arbeitslebens mehr als das Durchschnittsvermögen von rund 256.000 Euro zur Seite zu legen. Millionär wird man auf diesem Weg also nicht.

Nur durch eigene Erwerbsarbeit zu Reichtum zu kommen ist also praktisch unmöglich. Man kann sehr wohl zu hohen Vermögen  kommen, wenn man ein Unternehmen aufbaut oder besitzt. Doch dann vermehrt sich dieses Vermögen nicht mehr durch eigene Arbeit, sondern durch die Arbeit anderer – nämlich der Beschäftigten, die für das Unternehmen arbeiten.

Keine Gegenargumente

Um angesichts der eindeutigen Daten zur Vermögensverteilung etwas entgegensetzen zu können, hat die WKO beim Institut für höhere Studien eine Studie in Auftrag gegeben, die zeigen soll, dass eine Vermögenssteuer viele negative Wirkungen hat. „Die AutorInnen der Studie sind sehr bemüht Gegenargumente zu konstruieren, entsprechend abenteuerlich sind die Aussagen“, meint David Mum kopfschüttelnd. So wird z.B. behauptet, eine Vermögenssteuer würde Verwaltungskosten von bis zu 20 Prozent verursachen, eine absurd hohe Zahl, die nicht begründet wird. „Die Studie strotzt vor unbewiesenen Behauptungen und Widersprüchen“, sagt Mum, „es fehlen die echten Argumente.“

Steueroasen

Hingegen wissen die Gewerkschaften genau, was mit den Mehreinnahmen aus einer Vermögenssteuer alles erreicht werden könnte: Eine solche Steuer würde 3 Milliarden Euro bringen. Damit könnte der Faktor Arbeit steuerlich entlastet, wichtige Zukunftsprojekte im Bereich Pflege und Bildung finanziert und somit auch Arbeitsplätze geschaffen werden. „Es ist höchste Zeit, dass die Reichen einen solidarischen Beitrag zum Zusammenhalt unserer Gesellschaft liefern“, meint Wolfgang Katzian, „Sowohl in Österreich selbst, als auch anderswo in Steueroasen, entgehen dem Fiskus Millionen, die für die soziale Absicherung dringend gebraucht werden. Eine Vermögenssteuer und das Trockenlegen der Steueroasen sind das Gebot der Stunde.“

Steueroasen sind Länder, die es Reichen ermöglichen, ihr Geld in ihrer Heimat nicht zu versteuern und das unversteuerte Geld extrem niedrig versteuert anzulegen. Damit man dies nicht unterbinden kann, haben Steueroasen ein Bankgeheimnis und geben keine Daten her. Folglich liegen in Steueroasen unversteuerte Gelder und Schwarzgelder aus illegalen Geschäftspraktiken wie etwa Drogen und Menschenhandel. Die Affäre um aufgeflogene Daten aus Steueroasen zeigt, wer dort so alles sein Geld hortet: Neben MillionärInnen, die in ihrer Heimat keine Steuern zahlen wollen, sind es oft Diktatoren, die sich an ihrem Volk bereichern und das Geld außer Landes schaffen.

Das Beispiel Zypern zeigt: manchmal schadete man sich mit Gier. Wer wegen niedriger Steuern sein Geld in Zypern angelegt hat, hat viel Geld verloren. „Da wäre es besser gewesen sein Geld in Österreich zu lassen, selbst wenn es eine Vermögenssteuer gäbe“, findet David Mum.

„Das heiß umkämpfte Bankgeheimnis schützt aber nicht das Sparbuch der Oma, sondern jene, die auf dubiose Weise zu viel Geld kommen oder keine Steuern zahlen wollen“, erinnert Mum. „Die vielzitierte Oma, die sich von ihrer Pension was für die Enkel spart, hat keinen Erklärungsnotstand, wie sie zu ihren meist bescheidenen Ersparnissen kommt. Daher wird sie durch das Bankgeheimnis auch vor niemandem geschützt.“

Bankgeheimnis

Aber Fälle wie z.B. Ex-Finanzminister Grasser, der mit  Meinl International Power viel Geld verdient hat und nun unter Verdacht steht, seine Gewinne an der Steuer vorbei in Steueroasen wie Liechtenstein, Zypern und die britischen Jungferninseln transferiert zu haben, zeigen, worum es eigentlich geht: Ein Arbeitnehmer kann sich im Gegensatz dazu seinen Lohn oder sein Gehalt nicht am Finanzamt vorbei  nach Liechtenstein überweisen lassen. Und dann darauf zählen, dass die Liechtensteiner unter Hinweis auf das Bankgeheimnis die Daten nicht rausrücken. „Die ArbeitnehmerInnen sind die Leidtragenden dieses Systems“, betont Mum, „weil sie mit ihren hohen  Steuern die Löcher stopfen, die Steuersünder unter Ausnutzung des Bankgehemins aufreißen.“

Das Bankgeheimnis besteht im Kern aus der Pflicht des Kreditinstituts zur Verschwiegenheit über kundenbezogene Tatsachen und Wertungen. Es spielt aber in seiner jetzigen Form den falschen in die Hände und sollte adaptiert werden, fordert Wolfgang Katzian: „Das Bankgeheimnis darf kein Steuerbetrugsgeheimnis sein.“

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