Südafrikas langer Weg zu Gleichstellung

Slum in Südafrika (c) Fotolia

20 Jahre nach Ende der Apartheit kämpfen die Gewerkschaften in Südafrika immer noch um die soziale und wirtschaftliche Gleichstellung der Schwarzen.

Seit Ende der Apartheid vor 20 Jahren kämpfen die südafrikanischen Gewerkschaften in Zusammenarbeit mit der vom African National Congress (ANC) geführten Regierung für mehr Gerechtigkeit für die schwarze Bevölkerungsmehrheit. Faire Löhne und eine Verbesserung der Wohnverhältnisse stehen im Vordergrund. Die Gewerkschaften versuchen unter anderem mittels Streiks diese Ziele zu erreichen. Sie kämpfen auch für mehr Gleichstellung zwischen Schwarz und Weiß im höheren Management. Besonders schwierig dabei gestaltet sich die Verbesserung der Bildungsstandards.

Nach wie vor lebt im Schwellenland Südafrika ein großer Teil der schwarzen Bevölkerung in Armut, zusammengepfercht in Blech- und Pappbehausungen. Dramatisch hoch mit 40 Prozent ist die Arbeitslosenrate. Viele haben keinen Schulabschluss und keine Ausbildung. Eine immense Problematik stellt auch die Wasserknappheit dar. Auch die enorme Kriminalität – hervorgerufen durch die sozialen Bedingungen, wie extreme Armut, Arbeitslosigkeit, Alkohol und Drogen – ist eine beträchtliche Belastung.

Soziale Probleme Südafrikas

„Weltumspannend arbeiten“, ein entwicklungspolitischer Verein im ÖGB, organisierte eine Begegnungsreise für BetriebsrätInnen und GewerkschafterInnen nach Südafrika. Tina Ruprecht von der GPA-djp Salzburg hatte Gelegenheit, vor Ort Einblicke in die aktuellen Probleme gewerkschaftlicher Arbeit zu gewinnen und sprach mit Chris Moropa, der seit 1995 Minenarbeiter bei der Firma SASOL in einem Kohlebergwerk in Secunda, Südafrika, ist.

KOMPETENZ: Wir haben gehört, dass das Gehalt bei der Firma SASOL um einiges höher ist als in anderen Unternehmen.

Chris Moropa: Ehrlich gesagt bin ich nicht immer zufrieden hier im Betrieb. Der Verdienst liegt für die Einsteiger gerade mal bei 6.200 Rand pro Monat (440 Euro). Dieses Gehalt ist sehr gering und für die Versorgung einer Familie absolut nicht ausreichend. Ich selbst verdiene zur Zeit 7.000 Rand (492 Euro). Ich lebe mit meiner Familie in einer Township in einem typischen 4-Zimmer-Haus, das ich mir gerade leisten kann.

KOMPETENZ: Wir haben auch gehört, dass die Firma SASOL sehr viel Wert auf Sicherheit legt.

Chris Moropa: Das stimmt. Tödliche Unfälle sind aufgrund der Sicherheitsvorkehrungen mittlerweile sehr selten. In der Geschichte von SASOL gab es zwei größere Minenunglücke: Einmal wurde ein Schacht geflutet und einmal gab es eine Explosion.

KOMPETENZ: Bist du Mitglied der Gewerkschaft?

Chris Moropa: Ja, seit über 20 Jahren bin ich Mitglied der Gewerkschaft und offen gesagt würde ich ohne die Unterstützung der Gewerkschaft nicht mehr bei SASOL beschäftigt sein. Als ich 1995 – ein Jahr nach dem Ende der Apartheid – bei diesem Unternehmen meine Arbeit begann, verdiente ich gerade einmal 700 Rand im Monat (49 Euro). Durch die Verhandlungen der Gewerkschaft stiegen die Gehälter immer wieder an. Zuschläge für Wohnungen wurden vereinbart. Weiters hat die Gewerkschaft erkämpft, dass das Unternehmen Wohnungen bzw. Häuser in den Townships für MitarbeiterInnen zur Verfügung stellt und Beratungen bei Kreditvergaben organisiert.

KOMPETENZ: HIV ist ein vieldiskutiertes und problematisches Thema in Südafrika. Wie siehst du hier die aktuelle Lage?

Chris Moropa: Das Unternehmen stellt die medizinische Versorgung für HIV-infizierte MitarbeiterInnen zur Verfügung. Niemand wird deshalb gekündigt. Aber viele Leute wollen nicht zu der Klinik hier auf dem Gelände gehen, weil sie Angst haben, dass andere etwas über ihre Krankheit erfahren. Es werden leider immer noch viele Menschen deshalb diskriminiert. Einige Leute vertrauen auch eher auf traditionelle Heiler und traditionelle afrikanische Medizin.

KOMPETENZ: Seit 20 Jahren ist die Apartheid vorbei. Wie hast du diese Veränderungen wahrgenommen?

Chris Moropa: Ich war damals noch ein Kind und wuchs im ländlichen Bereich auf. Natürlich habe ich mitbekommen, dass Weiss und Schwarz weder das Büro geschweige denn die Toiletten gemeinsam benutzen durften. Aus der Kaffeetasse eines Weißen durfte man als Schwarzer auch nicht trinken und es gab getrennte Stiegenaufgänge. SASOL war in der Zeit nach dem Ende der Apartheid bemüht, Schwarze zu beteiligen bzw. ins Management zu holen. Mittlerweile besteht das mittlere und höhere Management zu 53 Prozent aus Schwarzen. Es hat sich also viel getan.

KOMPETENZ: Was sollte sich in punkto Gleichstellung noch ändern?

Chris Moropa: Es ist nach wie vor nicht immer so einfach, wenn ein Schwarzer eine weiße Frau heiraten will. Ein neues Südafrika gibt es erst dann, wenn die Weissen in den Townships einige Zeit leben würden und wir Schwarzen in den tollen und teuren weißen Wohngegend.

KOMPETENZ: Was wünscht du dir für die Zukunft?

Chris Moropa: Einen besseren Verdienst für meine Familie und für mich.

Gewerkschaften in Südafrika

Mittlerweile gibt es 191 registrierte Gewerkschaften in Südafrika. Einer der größten und am schnellsten wachsenden Gewerkschaftsbünde ist der Congress of South African Trade Unions (COSATU) mit über 2,2 Mio Mitgliedern. Die National Union of Mineworkers (NUM) und die Association of Mineworkers (AMCU) sind die federführenden Gewerkschaften im Bergbau. Gerade in dieser Branche wird oft gestreikt.

Der Platinum-Streik 2014 war der längste Streik Südafrikas und dauerte über fünf Monate an. Die Schattenseiten der Streiks: Für die Streikenden gibt es in dieser Zeit keinerlei Einkommen bzw. finanzielle Unterstützung. Immer wieder kommen dabei auch Menschen ums Leben!

„Das Ideal einer demokratischen, freien Gesellschaft, in der alle Menschen harmonisch und mit gleichen Chancen zusammenleben, ist immer mein höchstes Ideal gewesen. Es ist ein Ideal, für das ich leben möchte und von dem ich hoffe, dass ich es erreichen werde.“ Nelson Mandela

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