AMS-TrainerInnen: Zwischen Burnout und Kündigung

(c) Dewi
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Hunderte TrainerInnen in der Erwachsenenbildung haben bereits ihren Arbeitsplatz verloren, viele andere sind von Stundenkürzungen betroffen.

„Die Stimmung ist sehr angespannt“, sagt Bettina Härtl. Sie ist Betriebsratsvorsitzende von ibis acam, einem Kursanbieter, der, wie alle Unternehmen in dieser Branche, vor allem im Auftrag des Arbeitsmarktservice so genannte Qualifizierungsmaßnahmen durchführt – also Schulungen für Arbeitsplatzsuchende. Doch das AMS hat seine Strategie angesichts steigender Arbeitslosenzahlen und zunehmender Budgetknappheit im Vorjahr massiv geändert: im Vordergrund steht nun die rasche Rückkehr eben erst arbeitslos Gewordener in den Arbeitsmarkt. Dazu sollen auch Fördergelder beitragen, die das AMS an Betriebe zahlt, die Arbeitnehmer einstellt, die älter als 50 Jahre sind. Im Gegenzug steht weniger Geld für aktive Arbeitsmarkpolitik – also Schulungen – zur Verfügung.

Das hat einerseits gesellschaftspolitische Auswirkungen, wie Elke Reichel, Wirtschaftsbereichssekretärin in der GPA-djp, betont, denn Langzeitsarbeitslose kämen so endgültig ins Abseits und Förderungen an Arbeitgeber würden nicht unbedingt nachhaltige Arbeitsplätze garantieren. Es bringt aber aktuell vor allem Unruhe in eine Branche, in der die Beschäftigten durch ihre Arbeit mit Menschen, die Angst um ihre Existenz haben, ohnehin psychisch belastet seien. Nun kommt noch die Angst um den eigenen Arbeitsplatz hinzu: Depressionen und Burnout sind die Folge, und Selbstmorde musste man bereits beklagen.

Bereits 500 arbeitslos

Rund 6.000 Menschen arbeiten österreichweit als TrainerInnen – das Gros von ihnen ist in Maßnahmen des AMS eingesetzt. 500 von ihnen haben dieses Jahr bereits durch die Senkung der Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik ihren Arbeitsplatz verloren. Und der Budgetpfad des AMS verheißt nichts Gutes: heuer wurden 1,14 Mrd. Euro in diesem Bereich veranschlagt, 2017 sollen es nur mehr 879 Mio. sein – und das, obwohl das Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) davon ausgeht, dass die Arbeitslosigkeit bis 2018 noch weiter ansteigen wird. Derzeit sind fast eine halbe Million Menschen in Österreich arbeitssuchend.

Zu ihnen gesellen sich nun nach und nach auch AusbilderInnen, die in der Erwachsenenbildung tätig sind. Ihre Zukunft sieht alles andere als rosig aus, denn wer im einen Unternehmen gekündigt wurde, hat kaum Chance, in einem anderen wieder unterzukommen. Alle Kursanbieter bauen Arbeitsplätze ab. Heuer gebe es um etwa 30 Prozent weniger Kursteilnehmer, so Christian Puszar, Betriebsratsvorsitzender vom Berufsförderungsinstitut (bfi) Wien, weil das AMS inzwischen eben weniger auf Weiterqualifizierung und stärker auf eine rasche Rückkehr auf den Arbeitsmarkt setzt. „Und keiner weiß, wie es weiter geht“, sagt auch Puszar. Klar sei nur: „In Zeiten von weniger Geld rückt Nachhaltigkeit offenbar in den Hintergrund.“

Anmeldung zur Kündigung

Zu den 500 bereits gekündigten TrainerInnen kommen jene, über denen jeden Monat das Damoklesschwert der Kündigung hängt: das AMS gibt inzwischen so kurzfristig bekannt, welche Maßnahmen an die Kursanbieter vergeben werden, dass letztere nicht mehr planen können. Daher melden sie einen Teil ihrer Mitarbeiter jedes Monat neu zur Kündigung an. „Wir haben MitarbeiterInnen, die haben bereits zum dritten oder vierten Mal ihre Kündigung bekommen – und dann wurde sie wieder zurückgenommen“, berichtet Härtl. Doch eines Tages kann es dann wirklich Ernst werden – und genau diese Unsicherheit führt zu enormem psychischen Druck, erklärt Reichel.

Andere sehen sich mit Änderungskündigungen konfrontiert. In einer Branche, in welcher der Teilzeitanteil mit an die 60 Prozent schon bisher hoch war, steigt dieser weiter an. Denn die Arbeitgeber reagieren auf die Streichungen bei den AMS-Kursen einerseits mit Kündigungen, andererseits mit Stundenreduzierungen. Das führt zu einer besonders dramatischen Situation insofern als „die Leute, die es sich leisten können, zustimmen. Aber die, welche auf einen Vollzeitjob angewiesen sind, können hier nicht zustimmen – und werden gekündigt“, sagt Lahouri El Fontroussi, der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende von ibis acam.

Generation 50+ stark betroffen

Was in anderen Branchen in solchen Fällen abfedernd wirkt, sind Arbeitsstiftungen. Doch solche sind für die TrainerInnen nicht in Sicht: denn hier wäre es ja wiederum das AMS, das dazu Geld in die Hand nehmen müsste, wie Reichel erklärt. Besonders absurd mutet auch an, dass nun einerseits Arbeitgeber finanziell unterstützt werden, welche ArbeitnehmerInnen der Generation 50 plus einstellen, andererseits vor allem auch TrainerInnen, die älter als 50 Jahre sind, nun gekündigt würden. Das hat im Erwachsenenbildungsbereich weniger damit zu tun, dass sie mehr verdienen (der Kollektivvertrag für private Bildungseinrichtungen BABE, der dazu führte, dass heute wesentlich mehr Beschäftigte angestellt sind als früher, sieht nur Vordienstzeiten von bis zu fünf Jahren vor), als „dass sie sich eben nicht alles gefallen lassen“, so Reichel. Zudem gelten ältere ArbeitnehmerInnen als stärker Burnout-gefährdet.

Ihren Protest gegen diese Kehrtwende in der Arbeitsmarktpolitik haben Betriebsräte der Branche gemeinsam mit der GPA-djp in eine parlamentarische Bürgerinitiative gegossen, die von 11.000 Menschen unterzeichnet und im Mai an Nationalratspräsidentin Doris Bures übergeben wurde. Statt Kürzungen im Bereich aktive Arbeitsmarktpolitik brauche es Sicherheit für die Träger der AMS-Kurse, sowohl was das Budget als auch die beauftragten Stunden betrifft, so Reichel. Neu- und Folgekurse sollen mindestens drei Monate im Vorhinein ausgeschrieben werden. Für die TrainerInnen wiederum muss es auch weiterhin die Möglichkeit geben, Vollzeit zu arbeiten. Wichtig ist auch das Thema Pausen sowie abgegoltene Vor- und Nachbereitungszeit, um die psychische Belastung für die Beschäftigten zu verringern. Aktuell hält einzig das Land Steiermark die bundesweite AMS-Richtlinie ein, wonach 20 Prozent der bezahlten Arbeitszeit für Vor- und Nachbereitung zur Verfügung stehen, ein, sagt Reichel. In anderen Bundesländern sei oft die Unterrichtszeit auch die bezahlte Arbeitszeit. Hier hat die GPA-djp kürzlich Klage eingebracht.

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