Drucker: Den Bogen überspannt

Betriebsrätekonferenz Grafisches Gewerbe (c) Schedl

Die GPA-djp wehrt sich gegen Kündigung des Kollektiv­vertrages und eine Verschlechterung der arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen für 10.500 Betroffene.

Der Kollektivvertrag für die Druckbranche wurde vom Verband der Druck- und Medientechnik per 31. März 2012 gekündigt. Ab April droht somit ein vertragsloser Zustand. Die Arbeitgeber verfolgen mit dieser Kündigung ein einziges Ziel: Die Verschlechterung der arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen für die etwa 10.500 Beschäftigten der Branche. Diese Kündigung ist nun schon die zweite innerhalb von zwei Jahren. Im Jahr 2009 ist es der GPA-djp mit der Androhung von Streikmaßnahmen gelungen, die Arbeitgeber von diesem Vorhaben abzubringen. Ende 2011 steht die Branche vor einer ähnlichen Situation.
Die Bedingungen der Arbeitgeber für eine weitere Gültigkeit des Kollektivvertrages laufen darauf hinaus, dass ein jährlicher Teuerungsausgleich unmöglich wird, solange der Kollektivvertrag Gültigkeit hat.

Knebelvertrag„Einen solchen Knebelungsvertrag kann sich keine Gewerkschaft der Welt gefallen lassen. Die Kolleginnen und Kollegen lassen sich ein derartiges Vorgehen sicher nicht gefallen“, erklärt der stv. Vorsitzende der GPA-djp Michael Ritzinger.

„Es ist nicht so, dass wir Probleme in der Druckerbranche ignorieren und keine Bereitschaft gezeigt haben, Veränderungen zu akzeptieren. Dauerhafte Lohnerhöhungen, die die jährliche  Inflation nicht abgelten, sind jedoch völlig unzumutbar“, so Ritzinger. Völlig unverständlich ist für Ritzinger, dass die Arbeitgeber sehenden Auges in eine Auseinandersetzung mit der Gewerkschaft laufen, die sicher mehr kosten wird als eine Verhandlungslösung.

Gewerkschaft ist vorbereitet

Bereits im November fanden in den Druckereibetrieben  Betriebsversammlungen statt, um die Beschäftigten über die Situation aufzuklären und Handlungsoptionen zu diskutieren. Die GPA-djp organisierte in der Zwischenzeit Streikseminare, um für mögliche kommende Auseinandersetzungen gut vorbereitet zu sein.

Streikbeschluss

Am 5. Dezember 2011 fand in Wien eine österreichweite BetriebsrätInnenkonferenz statt, auf der ein einstimmiger Streikbeschluss gefasst wurde. Neben der Rücknahme der Kündigung forderten die Betriebsräte eine Lohnerhöhung deutlich über der Inflationsrate. Ein erster Verhandlungstermin findet am 11. Jänner 2012 statt. „Wenn die Arbeitgeber mit Argumenten und Vernunftgründen nicht zu überzeugen sind, dann werden wir eben wieder einmal für unseren Grafischen Kollektivvertrag kämpfen, und ich bin davon überzeugt, dass wir mit der Kraft der Solidarität unser Ziel erreichen werden. Anscheinend meinen einige Arbeitgeber, ohne Kollektivvertrag hätte die Branche eine bessere Zukunft. Fehlen jedoch klare Wettbewerbsregeln, so wird ein Konkurrenzkampf entstehen, der auch vielen Unternehmen ernsthafte Probleme bereiten wird“, ist Ritzinger überzeugt.

INTERVIEW mit Karl Proyer zum Konflikt im Grafischen Gewerbe

Zur Problematik des Verhaltens des Verbandes Druck- und Medientechnik nimmt für die KOMPETENZ der stv. Bundesgeschäftsführer der GPA-djp, Karl Proyer, Stellung.

KOMPETENZ: Der  Verband Druck- und Medientechnik kündigte innerhalb von sechs Jahren zum dritten Mal den Kollektivvertrag, ein, gelinde gesagt, doch ungewöhnliches Verhalten für einen Arbeitgeberverband.

Karl Proyer: Es ist wirklich schwierig, einem Verhandlungspartner gegenüberzusitzen, der regelmäßig zu diesem Mittel greift, um seine Interessen durchzusetzen. Das ist nicht nur für die Beschäftigten unzumutbar sondern auch für die gesamte Branche, die sich nicht mehr auf Kontinuität und Berechenbarkeit einstellen kann. Das sehen in der Zwischenzeit auch viele Arbeitgeber der Branche so. Namhafte Betriebe sind bereits aus dem Arbeitgeberverband ausgetreten, da ihnen eine solche Politik nicht behagt. Man muss langsam die mit der Kollektivvertragsfähigkeit dieses Verbandes verbundenen Zielsetzungen in Zweifel ziehen.

KOMPETENZ: Gibt es Alter­nativen?

Karl Proyer: Man sollte überlegen, ob eine Verhandlungsstruktur innerhalb der gesetzlichen Vertretung der Wirtschaftskammer für die Zukunft nicht die bessere Lösung darstellt. Im Verband Druck- und Medientechnik haben offenbar Arbeitgeber das Sagen, die nicht mehr die tatsächlichen Gegebenheiten der Branche repräsentieren.

KOMPETENZ: Aber die Argumente, dass die Branche eine sehr schwierige Zeit durchläuft, sind doch nicht einfach vom Tisch zu wischen?

Karl Proyer: Die GPA-djp war in der Vergangenheit immer wieder bereit, notwendige Zugeständnisse zu machen und den Kollektivvertrag anzupassen. Durch dauerhafte Lohnabschlüsse unter der Inflationsrate lässt sich aber kein einziges Unternehmen und schon gar keine Branche retten. Mit diesem neuerlichen Erpressungsversuch haben die Arbeitgeber aber den Bogen überspannt. Ich bin überzeugt, dass alle Kolleginnen und Kollegen aus den Druckereien für den Erhalt des Kollektivvertrages und eine akzeptable Lohnerhöhung kämpfen werden. Die GPA-djp steht jedenfalls als gesamte Organisation hinter diesem Kampf.

Scroll to top