Burnout im Gesundheits- und Sozialbereich hat besorgniserregende Ausmaße erreicht. Die Gewerkschaft GPA fordert die Politik dringend zum Handeln auf.
Durch die hohe Arbeitsbelastung im Gesundheits- und Sozialbereich sind immer mehr Beschäftigte von Burnout bedroht. Eine aktuelle Studie der Interessengemeinschaft (IG) Social in der Gewerkschaft GPA zeigt, dass jede:r dritte Befragte in der Branche sich selbst als Burnout-gefährdet sieht. Vor 15 Jahren, als die gleiche Studie schon einmal durchgeführt wurde, war es noch jede:r Fünfte.
Über die Hälfte der Befragten geben außerdem an, durch emotionale Erschöpfung stark belastet zu sein, was einer Verdopplung seit 2008 entspricht. Die treibenden Faktoren dabei sind lange Arbeitszeiten, mangelnde Wertschätzung und Personalmangel, besonders auch in Verbindung von mehreren dieser Faktoren.
Für Selma Schacht, Betriebsratsvorsitzende der ‚Bildung im Mittelpunkt GmbH‘ (BiM) und Vorsitzende der IG Social, ist das Ergebnis der Studie besorgniserregend: „Der Vergleich zeigt, dass sich die Situation extrem verschlechtert hat“, stellt Schacht fest.
Arbeitsbelastung verringern
Burnout bedeutet, dass Stress, mangelnde Anerkennung und zu hohe berufliche Anforderungen zu einem Zustand der klinisch nachweisbaren Erschöpfung führen. Beschäftigte, die intensive Kontakte mit Menschen haben und Sorgearbeit leisten, sind besonders häufig betroffen, vor allem dann, wenn sie Vollzeit arbeiten, da das Burnout-Risiko mit längeren Arbeitszeiten steigt. Um Burnout zu verhindern, muss die Arbeitsbelastung insgesamt verringert werden. „Das ist nur möglich, wenn einerseits kürzer gearbeitet wird und andererseits ausreichend Personal zu Verfügung steht“, erklärt Selma Schacht.
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Eine zentrale Forderung ist daher eine Arbeitszeitverkürzung, die Hand in Hand mit einem deutlichen Personalzuwachs von bis zu zwanzig Prozent geht, denn: „Eine reine Arbeitszeitverkürzung ohne Begleitmaßnahmen führt leider oft erst recht zu höherer Arbeitsintensivierung“, so Schacht. Generell arbeiten Pflege, Behindertenarbeit, Sozialarbeit und Kinderbildung mit einer dünnen Personaldecke. Viele Beschäftigte sind nicht nur erschöpft, sondern auch frustriert, weil sie ihre Aufgaben nicht so ausführen können, wie es notwendig wäre. In ihrem Arbeitsalltag hetzen sie nur noch den Vorgaben hinterher: „Ihre Tätigkeit wird ihren Ansprüchen nicht gerecht. Das führt leider dazu, dass viele aufgeben und den Beruf wechseln müssen.“
Weiters führen Überlastung und Personalmangel auch zu sinkenden Standards. „Kinder werden in Sammelgruppen zusammengefasst, Pflegeeinrichtungen streichen alles, was nicht unbedingt notwendig ist, Klient:innen-Gespräche werden aufs Minimum gekürzt“, erläutert Schacht die Situation. Mit anderen Worten: die Qualität und das Angebot leiden.
Ernst der Lage
Es bräuchte deutlich mehr finanzielle Mittel der öffentlichen Hand. Schacht befürchtet für die Zukunft allerdings das Gegenteil, nämlich Sparpakete. Sie richtet ihren Appell daher an alle Kolleg:innen und die Gewerkschaften: „Wenn nicht umgehend gehandelt wird, setzen wir die Gesundheit der Beschäftigten, aber auch die Qualität der Versorgung einer großen Gefahr aus. Alle sind aufgerufen, den Ernst der Lage zu erkennen und dringend entsprechende Maßnahmen gegen drohende Belastungspakete zu ergreifen!“
Weitere Ausführungen zu den Inhalten und Ergebnisse der Umfrage befinden sich hier: A&W-Blog | Kollektive Katastrophe: Burn-out im (privaten) Gesundheits- und Sozialbereich