Die Pressefreiheit, das bedrohte Gut unserer Demokratie

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Zuerst Corona-Pandemie, dann der Angriffskrieg Putins auf die Ukraine: eine Katastrophe jagt die nächste. Und mittendrin die Medien, die mit einer Vielzahl an Problemen kämpfen.

Der alarmierende Befund wurde vor wenigen Wochen öffentlich. Österreich stürzte im Ranking der Pressefreiheit dramatisch ab. Platz 31, nach Rang 17 im Jahr davor. Das muss endlich ein Weckruf sein. Das betrifft die Politik an erster Stelle, hatten wir es doch noch nie, dass sogar ein Bundeskanzler von der Staatsanwaltschaft als Beschuldigter geführt wurde, und es zu Hausdurchsuchungen im Kanzleramt gekommen wäre.

Nicht auf die Lange Bank schieben

Der Versuch, dieses Ranking von „Reporter ohne Grenzen“ abzuwerten, etwa dadurch, dass Medienministerin Susanne Raab (VP) sich erst einmal das Bewertungssystem „genau ansehen“ will, ist ein Armutszeugnis. Raabs Aktivität, zu Medienkonferenzen einzuladen, klingt grundsätzlich gut, zeigt bei genauem Hinsehen jedoch wieder nur auf, das Problem auf die lange Bank schieben zu wollen. Da wird zwar mit wichtigen Vertretern der Medienbranche über die ausufernde Inseratenvergabe durch öffentliche Stellen sowie eine neue Medienförderung debattiert. Der Haken daran: Man erfährt nur, mit wem man an der Konferenz teilnimmt, zu der man eingeladen ist. Info über die Teilnehmer der anderen Termine: Fehlanzeige. Zudem gibt es keine Protokolle. Transparenz sieht wahrlich anders aus.

Weiterhin keine ausreichende Transparenz bei Inseraten

Das trifft auch auf die Inseratenvergabe zu. Wie werden diese vergeben, gibt es Kriterien und wenn ja, welche? Klar ist, öffentliche Stellen haben einen Informationsauftrag und müssen diesem nachkommen. Es bedarf allerdings Klarheit, weshalb ein Inserat geschaltet wird, warum dies in bestimmten Medien passiert, welche Zielgruppe angesprochen werden soll, etc. Dafür muss umgehend eine permanente Datenbank aufgebaut werden, in der alle geschalteten Inserate bzw. bezahlten Kooperationen mit Medien eingesehen werden können. Damit würden Grundsätze einer zeitgerechten Transparenz erfüllt.

Sinnvoll auf Bundesebene wäre zudem, müssten Inserate einzelner Ministerien durch die Regierung beschlossen werden. Wohl ein frommer Wunsch. Denn, lehnt etwa die VP eine Einschaltung eines Ressorts des grünen Koalitionspartners ab, ist die Retourkutsche programmiert.

Trennung zwischen Redaktionellem und Inseraten

Aber auch die Medienhäuser sind gefordert. Sie müssen öffentlich transparent machen, dass es eine klare Trennung zwischen redaktionellen Inhalten und Inseraten gibt. Für ein Inserat gibt es eben nur eine Gegenleistung: den Platz für das Inserat selbst.
Der Begriff „auf die lange Bank schieben“ steht sinnbildlich für zwei Bereiche:

  1. Das Amtsgeheimnis:
    Die Heimlichtuerei hat in Österreich System. Die Koalition hat zwar vereinbart, das Amtsgeheimnis endlich abzuschaffen – wir sind peinliches Schlusslicht in der EU. Das Informationsfreiheitsgesetz soll daher ein Grundrecht auf Information für alle BürgerInnen bringen und Behörden und staatliche Stellen zur Auskunft verpflichten. Doch außer einem Entwurf – der noch dazu mit vielen schwammigen Formulierungen versehen ist – gibt es bisher nichts. Denn, so die inakzeptable Argumentation: Länder und Gemeinden argumentieren mit dem Datenschutz und überbordendem Verwaltungsaufwand. Daher sei man dagegen. Und was sagt der Bund: Na, da könne man dann eben nichts machen. Und so bleibt es bei der so gerne geübten und bequemen Praxis der Intransparenz. Ein Trauerspiel.
  2. Die neue Medienförderung:
    296 Seiten umfasst die Studie des leider bereits verstorbenen Kommunikationswissenschafters Hannes Haas, die dieser 2012 für das Kanzleramt erstellt hat. Darin rät er, endlich Qualitätskriterien für die Vergabe der Mittel einzuführen, Aus- und Weiterbildung sowie die inhaltliche Vielfalt besser zu fördern. Darüber hinaus zeigte Haas ein Missverhältnis zwischen Parteien- und Medienförderung auf, und schlägt daher eine kräftige Erhöhung Zweiterer vor.
    Haas‘ Vorstellungen decken sich in mehreren Punkten mit jenen der JournalistInnengewerkschaft in der GPA. Wir fordern sowohl die Einführung klarer Qualitätskriterien als auch eine massive Erhöhung der Förderungen. Diese „Abgeltung für die Erfüllung gesellschafts- und demokratiepolitischer Aufgaben durch den Journalismus“ muss auf 150 Millionen Euro angehoben werden und ist jährlich im Ausmaß der zwischen Gewerkschaft und VÖZ vereinbarten Tarife im RedakteurInnen-KV anzupassen.
    Da Qualität im Gegensatz zur Ansicht einiger PolitikerInnen sehr wohl messbar ist, hat die JournalistInnengewerkschaft bei der Medienkonferenz mit Ministerin Raab verpflichtende Kriterien für die Vergabe an Unternehmen – unabhängig von einer etwaigen Vertriebsförderung – gefordert:
  • Anwendung von Journalistengesetz und journalistischen Kollektivverträgen
  • Um die Qualität auch sicherstellen zu können (bei oftmals extrem personell ausgedünnten Redaktionen wird das immer schwieriger), muss die Anzahl der angestellten RedakteurInnen im Verhältnis zum journalistischen Produkt stehen (redaktioneller Umfang, Anzahl eigenrecherchierter Artikel, etc.)
  • Redaktionsstatut, Betriebsrat
  • Redaktionelle Inhalte des jeweiligen Produktes (egal auf welcher Plattform) müssen überwiegen
  • Hausinterne und -externe, qualitätsgesicherte Aus- und Weiterbildung, deren Kriterien in Kollektivverträgen klar geregelt sind
  • Faire, verpflichtende Mindesthonorarsätze für freie JournalistInnen
  • Mitgliedschaft beim Presserat und damit Anerkennung des Ehrenkodex sowie Selbstverpflichtung, Entscheidungen des Presserates zum eigenen Medium zu veröffentlichen
  • Wirkungsvolle Gleichstellungspläne für Frauen

Wichtig ist uns darüber hinaus die finanzielle Absicherung der Arbeit des Presserates – also der journalistischen Selbstkontrolle -, die Förderung von Einrichtungen, die journalistische Aus- und Weiterbildung anbieten sowie Journalismusforschung und Innovationen, die einer dem jeweiligen Entwicklungsstand entsprechenden Verbesserung von Qualitätsjournalismus dienen.

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