Während dieser Phase gelten besondere Regeln, etwa zur Auflösung des Dienstverhältnisses. Immer wieder gibt es aber Kündigungen, die gegen das Gesetz verstoßen.
Evelyn W. hat am 1.6.2024 einen neuen Job übernommen, doch bereits vierzehn Tage später ist sie ernüchtert. Ihren Dienstvertrag in Händen, kommt sie zur Rechtsberatung in ihrer GPA-Landesgeschäftsstelle. „Mein neuer Job gefällt mir nicht“, gesteht sie dem Berater. „Es ist nicht die Art der Tätigkeit, die mir Probleme bereitet, sondern das Arbeitsumfeld. Das Klima in der Abteilung ist schlecht. Den Kolleg:innen fehlt die Zeit, mich einzuschulen. Wenn ich Fragen stelle, sind sie ungehalten und kurz angebunden. Der Chef ist kaum anwesend, den Arbeitsabläufen fehlt jegliche Struktur.“ Nachdem sie sich den Frust von der Seele geredet hat, wird sie konkreter. „Welche Kündigungsfrist muss ich einhalten?“, fragt sie. „Wie lange muss ich noch in diesem Tollhaus arbeiten?“
Der GPA-Berater hat nach Durchsicht des Dienstvertrags eine gute Nachricht für sie. „Zwischen Ihnen und dem Unternehmen ist ein Probemonat vereinbart“, sagt er, „und das bedeutet, dass Sie innerhalb dieses Monats ohne Angabe von Gründen und ohne Einhaltung von Fristen Ihr Arbeitsverhältnis per sofort beenden können.“ Frau W. ist erleichtert, aber vorsichtig: „Kann es mir passieren, dass ich in diesem Fall wegen Vertragsbruchs belangt oder mit Schadenersatzforderungen konfrontiert werde?“ „Nein“, versichert ihr der Berater. „Erst nach Ablauf des Probemonats sind Kündigungsfristen und -termine einzuhalten. Das gilt nicht nur für den Arbeitgeber, sondern auch für Sie.“ Frau W. ist außerordentlich dankbar für diese Auskunft. Sie wird dem „Tollhaus“ gleich morgen Früh den Rücken kehren.
Kündigung in der „Probezeit“
Anders stellt sich die Situation für Daniel F. dar: In seinem Arbeitsvertrag wurde eine dreimonatige Probezeit vereinbart. Nun, nach knapp zwei Monaten, hat sich sein Arbeitgeber von ihm getrennt. „Ich war mitten in der Einschulung“, erklärt er, „und konnte daher noch nicht alle in mich gesetzten Erwartungen erfüllen. Ich habe meinen Chef darauf hingewiesen, dass die Probezeit drei Monate dauert, aber er hat behauptet, ich würde nicht entsprechen und er könne mich während der Probezeit jederzeit ohne Einhaltung von Kündigungsfristen hinauswerfen.“ „Da irrt Ihr Chef“, sagt der GPA-Rechtsberater. „Eine Probezeit, in der beide Seiten das Arbeitsverhältnis jederzeit ohne Einhaltung von Fristen beenden können, darf höchstens einen Monat dauern. Daher spricht man auch von einem Probemonat.“ „Aber meine Probezeit beträgt drei Monate“, beharrt Herr F. auf seinem Vertrag. „Was bedeutet, dass sich in Ihrem Fall eine zweimonatige Befristung an den zulässigen Probemonat anschließt. Diese Befristung endet mit Zeitablauf.“ „Und was heißt das?“, fragt Daniel F. skeptisch. „Dass Ihr Chef Ihr Arbeitsverhältnis fristwidrig aufgelöst hat“, bleibt der Berater die Antwort nicht schuldig. „Diese Auflösung ist zwar gültig, er muss Ihnen aber bis zum Ende der Befristung das Entgelt weiterbezahlen.“ Sie kommen überein, dass der GPA-Rechtsberater ein Interventionsschreiben an den Arbeitgeber verfasst. „Sollte er nicht bezahlen“, verspricht er, „werden wir den Betrag für Sie einklagen.“
Schutz bei Schwangerschaft?
Auch Caroline S. hat mit ihrem Arbeitgeber einen Probemonat vereinbart. „Die ersten drei Wochen sind gut gelaufen“, erzählt sie in der GPA-Rechtsberatung, in die sie mit sorgenzerfurchter Stirn gekommen ist, „meine Aufgaben gefallen mir, und meine Chefin ist, glaube ich, sehr zufrieden mit mir. Nun befinde ich mich aber in einem Dilemma. Ich habe gestern erfahren, dass ich schwanger bin.“ Sie lächelt flüchtig. „Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, ich freue mich auf das Kind, aber ich habe Angst, meinen Job zu verlieren, wenn ich meine Schwangerschaft bekanntgebe. Im Probemonat kann mein Arbeitsverhältnis jederzeit aufgelöst werden. Da gilt, glaube ich, für Schwangere auch noch kein Kündigungsschutz.“ „Das ist richtig“, bestätigt die GPARechtsberaterin, „aber Sie sind nicht verpflichtet, Ihre Chefin im Probemonat von Ihrer Schwangerschaft in Kenntnis zu setzen. Warten Sie damit, bis der Probemonat abgelaufen ist. Dann befinden Sie sich in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis und genießen Kündigungsschutz.“
Diskriminierung aufgrund des Geschlechts
Ein guter Tipp, den auch Elena C. gebrauchen hätte können. Sie sitzt, ein zerknülltes Taschentuch in Händen, in der GPA-Rechtsberatung und schnieft. „Im neuen Job war alles in Ordnung“, klagt sie, „ich bin mit Kolleg:innen und Chef gut ausgekommen, die Arbeit hat mir Spaß gemacht. Aber nun ist mir meine Schwangerschaft dazwischengekommen. Ich habe meinem Chef davon erzählt. Er war nicht sonderlich erfreut. Er hat gesagt, er müsse das mit der Geschäftsführung besprechen. Zwei Stunden später wurde mein Arbeitsverhältnis im Probemonat aufgelöst. Ich bin am
Boden zerstört. Ich hätte nicht gedacht, dass mein Chef so fies ist. Sonst hätte ich ihm bestimmt noch nichts von meiner Schwangerschaft erzählt.“ „Leider“, bestätigt die GPA-Rechtsberaterin, „gibt es im Probemonat noch keinen Kündigungsschutz für schwangere Arbeitnehmerinnen, aber Sie haben trotzdem Möglichkeiten, sich zur Wehr zu setzen.“ „Tatsächlich?“ Elena C. hebt fragend den Kopf. „So, wie Sie den Fall schildern, war die Schwangerschaft der Grund, weswegen Ihr Arbeitsverhältnis beendet wurde“, erläutert die Rechtsberaterin. „Das ist ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgesetz, eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts.“ „Und welche Möglichkeiten habe ich?“ Elena C. erfährt, dass sie die Auflösung ihres Arbeitsverhältnisses binnen 14 Tagen beim zuständigen Arbeits- und Sozialgericht anfechten kann. Möchte sie das nicht, steht es ihr frei, stattdessen Schadenersatz und eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung geltend zu machen. Sie wird sich diese Möglichkeiten durch den Kopf gehen lassen.
Probezeit
Ein neues Arbeitsverhältnis beginnt häufig mit einer Probezeit, die entweder im Kollektivvertrag geregelt oder zwischen Arbeitgeber: in und Arbeitnehmer:in vereinbart ist. Diese Probezeit dient dem wechselseitigen Kennenlernen und Einschätzen. Die Probezeit darf maximal einen Monat betragen. Ausnahme sind hier die Lehrlinge. In der Lehrzeit beträgt die Probezeit sogar drei Monate. In der Probezeit kann das Arbeitsverhältnis jederzeit von Arbeitgeber: in oder Arbeitnehmer:in einseitig, ohne Angabe von Gründen, gelöst werden. Hier sind keine Fristen zu beachten. Das hat den Vorteil, dass das Arbeitsverhältnis ohne größere Umstände beendet werden kann, wenn man in der Probezeit merkt, dass ein Job nicht den Erwartungen entspricht.
Andrea Komar ist Leiterin der Bundesrechtsabteilung der Gewerkschaft GPA