Millionäre wollen Steuern zahlen

Es gibt auch Millionärinnen und Millionäre, die gerne faire Steuern zahlen wollen – im Sinne der Allgemeinheit.
Foto: Daniel Shaked

„Menschlichkeit ist wichtiger als Geld“ sagen 83 MillionärInnen in einem offenen Brief. Sie fordern eine Reichensteuer, um öffentliche Dienstleistungen zu finanzieren.

Was haben der Filmemacher Richard Curtis, Disney Erbin Abigail Disney und Ben and Jerry‘s Gründer Jerry Greenfield gemeinsam? Sie alle sind Millionäre – sie alle wünschen sich eine Reichensteuer: „Sofort. Substantiell. Permanent.“ So ist es in einem online veröffentlichten offenen Brief an „unsere globalen MitbürgerInnen“ zu lesen.

Die Corona-Krise war ein Auslöser

„Wir haben Geld, und zwar einen Haufen davon“, kommen die UnterzeichnerInnen direkt zur Sache. „Dieses Geld wird jetzt verzweifelt benötigt und wird auch in den kommenden Jahren gebraucht werden, während sich unsere Welt von dieser Krise erholt.“ Gemeint ist die Covid-19 Pandemie. „Die durch Covid-19 verursachten und aufgezeigten Probleme können nicht durch Wohltätigkeit gelöst werden, egal wie großzügig sie ist. Regierungen müssen Verantwortung übernehmen um die benötigten Gelder aufzutreiben und fair zu verteilen. Wir müssen die adäquate Finanzierung unserer Gesundheitssysteme, Schulen und Sicherheit durch eine permanente Steuererhöhung für die reichsten Menschen auf dem Planeten sicherstellen, also Leute wie uns.“

Auch in Österreich ist Reichtum sehr unterschiedlich verteilt.

Die Forderung nach einer Millionärssteuer dürfte bei vielen Menschen in Österreich auf offene Ohren treffen. Ihre Popularität ist unbestritten und wird von den Gewerkschaften schon lange ins Feld geführt. Fakt ist, dass in diesem Land ein Prozent der Bevölkerung 40 Prozent des Vermögens besitzen. Im jetzigen Jahr gibt es in Österreich 155.100 Dollar-Millionäre. Einer der reichsten Milliardäre ist Red Bull Gründer und Betriebsratsverhinderer Dietrich Mateschitz mit einem Vermögen von 15 Milliarden Euro. Weltweit besitzen 2.200 Milliardäre mehr Reichtum als die ärmsten 60 Prozent der Weltbevölkerung zusammen.

Die Beschäftigten tragen 80% der Steuern bei

Im Februar 2020 beauftragte die Gewerkschaft GPA-djp das IFES-Institut mit einer Meinungsumfrage zum Thema Reichensteuern. Das Ergebnis: 73 Prozent der Befragten halten eine Besteuerung von Vermögensanteilen von über einer Million Euro für gerechtfertigt. 72 Prozent sehen das für die Besteuerung von Millionenerbschaften genauso. Derweil schultern ArbeitnehmerInnen in Österreich aber 80 Prozent der Steuerlast. Allgemeine Vermögens- und Gewerbesteuern wurden hier übrigens im Jahr 1993 ausgerechnet vom sozialdemokratischen Finanzminister Ferdinand Lacina abgeschafft.

Seitdem sind Jahrzehnte der Korruption und Selbstbereicherung ins Land gezogen. Nicht von ungefähr haben laut der IFES-Studie 90 Prozent der Befragten den Eindruck, dass sich sehr reiche Personen politischen Einfluss erkaufen können. Deshalb forderte die GPA-Vorsitzende Barbara Teiber: „Wir müssen die Frage stellen, ob wir in einer Gesellschaft leben wollen, in der sich etwa Milliardäre Medien kaufen und gefügig machen können, und ob durch großzügige Spenden Politik etwa im Hinblick auf die Ausgestaltung unseres Steuersystems beeinflusst werden kann.“

Warum „Wohltätigkeit“ nicht effektiv ist

Aber viele Superreiche sind doch auch edle SpenderInnen für lauter gute Zwecke? Warum sind die „MillionärInnen für Menschlichkeit“, wie sich die Unterzeichnenden des offenen Briefes selbst nennen, der Meinung, dass Wohltätigkeit nichts bringt? Auf abstrakter Ebene kann man sich zur Beantwortung dieser Fragen zum Beispiel eine Datenanalyse von datawrapper.de anschauen. Da kann man lesen, dass die von den reichsten 20 AmerikanerInnen getätigten wohltätigen Spenden viel weniger als ein Prozent des Gesamtvermögens dieser SpenderInnen ausmachen.

Wer es konkreter mag, kann sich den Amazon-Boss Jeff Bezos anschauen. Der hat gerade einen „Bezos Earth Fund“ gegründet um die Welt vor dem Klimawandel zu retten. Ein kleines Ego scheint er nicht zu haben. Jedenfalls hat er diesem Weltrettungsfonds 10 Milliarden Dollar seines Vermögens gespendet. Klingt viel, ist für die allermeisten von uns auch eine astronomische und unerreichbare Summe. Allerdings verdient Bezos laut einem Artikel des Kontrast-Blogs vom 14 Juli 8 Milliarden Dollar täglich. Somit spendete der Amazon-CEO, dessen Konzern auch Klimaleugnerorganisationen finanziert, etwas mehr als ein Tageseinkommen oder 0.1 Prozent seines Vermögens. Das ist dann doch ein recht geringer Einsatz zur Weltrettung, so ernst scheint es nicht zu sein.

Ein Dorn im Auge von Amazon-Chef Bezos

Übrigens Amazon und Jeff Bezos: Wie wenig dem Mann wirklich an einer Verbesserung der Lebenslage lohnabhängiger Menschen gelegen ist, zeigte sich in den vergangenen drei Jahren in der US-amerikanischen Stadt Seattle. Der Amazon-Konzern hat dort eine dominierende wirtschaftliche Stellung, zahlt aber keine Steuern. Zumindest bislang. Denn Anfang Juli 2020 wurde eine Steuer auf die Gewinne von Großkonzernen eingeführt. In den USA ist diese Steuer als „Amazon-Steuer“ bekannt geworden.

Dem ging ein jahrelanger Kampf voraus, der von einem Bündnis bestehend aus linken PolitikerInnen wie der „Socialist Alternative“ Stadträtin Kshama Sawant über Nachbarschaftsinitiativen und Gewerkschaftsstrukturen bis hin zu Organisationen wie den „Democratic Socialists of America“ geführt wurde. Bezos gab Milliardenbeträge aus um dieser Kampagne den Wind aus den Segeln zu nehmen. Unter anderem finanzierte er eigene KandidatInnen bei den jüngsten Kommunalwahlen – vergeblich. Die Steuer existiert und kann in den nächsten 20 Jahren auch nicht zurückgenommen werden. Damit sollen nun der soziale Wohnbau und ein Programm für die Schaffung umweltfreundlicher Jobs finanziert werden. Das ist ein schönes Beispiel dafür, wie sich die Forderung der „MillionärInnen für Menschlichkeit“ nach einer Reichensteuer erstreiten lassen könnte.

Links zum Weiterlesen:

Die GPA-djp hat eine eigene Homepage für eine Millionärssteuer: https://fuer-gerechte-steuern.at/

Hintergründiges zur Amazon-Steuer gibt es im amerikanischen Jacobin-Magazin zu lesen: https://jacobinmag.com/2020/07/tax-amazon-movement-kshama-sawant/

Über die Grenzen der Wohltätigkeit von Superreichen schreibt der Datawrapper Blog: https://blog.datawrapper.de/weekly-rich-people-tax-charities-donations/

Und hier gibt es dazu einen Artikel auf deutsch von moment.at: https://www.moment.at/story/wie-viel-die-reichsten-menschen-der-welt-spenden

Der offene Brief der Millionäre für Menschlichkeit ist hier online: https://www.millionairesforhumanity.com/

Scroll to top