Viele Frauen arbeiten in Österreich Teilzeit. Meist tun sie dies, weil sie sich um Kinder kümmern müssen. Die L & L Sozialforschung hat sich nun im Auftrag der Abteilung Frauenpolitik der Arbeiterkammer Niederösterreich die diesbezügliche Situation in Niederösterreich angesehen.
Die Ergebnisse unterstreichen den Handlungsbedarf. Es mangelt vor allem an Kinderbetreuungseinrichtungen und solchen mit ausreichend langen Öffnungszeiten.
Österreichweit liegt die Teilzeitquote von Frauen derzeit bei fast 50 Prozent. Meist sind es Mütter, die ihre Arbeitszeit herunterschrauben. Sieht man sich die Entwicklung über die vergangenen Jahrzehnte an, verstärkt sich dieser Trend sogar noch. Im Rahmen einer Studie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und der Universität Wien, deren Ergebnisse dieses Frühjahr veröffentlicht wurden, haben sich Caroline Berghammer und Bernhard Riederer angesehen, welche Auswirkung Mutterschaft auf die Erwerbsarbeit von Frauen hat.
Dabei zeigte sich einerseits, dass während in der Generation der zwischen 1940 und 1949 Geborenen das Hausfrauenmodell noch relativ stark verbreitet war und rund die Hälfte der Frauen mit Kindern betraf, dieses Lebenskonzept in der Generation der zwischen 1970 und 1979 Geborenen kaum noch eine Rolle spielt. Bei der jüngeren Generation waren 80 bis 90 Prozent der Frauen mit einem Kind im Volksschulalter wieder erwerbstätig – allerdings arbeiteten sie nach dem Wiedereinstieg weniger Stunden als die Generationen davor.
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass viele Mütter sehr lange in Teilzeit verbleiben, oft bis ihre Kinder Teenager oder älter sind.“
Caroline Berghammer
Waren erwerbstätige Mütter der älteren Generation zu rund 70 Prozent Vollzeit tätig, sind es bei den jüngeren Müttern nur rund 30 Prozent. Und: die Teilzeitarbeit bleibe über einen längeren Zeitraum. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass viele Mütter sehr lange in Teilzeit verbleiben, oft bis ihre Kinder Teenager oder älter sind“, so Berghammer.
Teilzeit wegen der Kinder
Dieses Bild zeichnet auch eine aktuelle Studie von L & R Sozialforschung, die sich die Beschäftigung von Frauen in Niederösterreich ansah. In diesem Bundesland arbeiten rund 50 Prozent der Frauen und zehn Prozent der Männer Teilzeit – 1.753 von ihnen wurden für diese Studie befragt. Das Ergebnis: 75 Prozent der Frauen, die nicht Vollzeit arbeiten, tun dies wegen Kinderbetreuungspflichten. Bei Männern ist die Motivation meist eine andere: hier steht mit 43 Prozent, so mehr Zeit für persönliche Interessen und Hobbys zu haben, an erster Stelle. Bei Frauen ist wiederum auffällig, dass in manchen Branchen – dabei vor allem im Gesundheits- und Sozialwesen – angegeben wird, dass Zeitdruck und Stress der Grund für Teilzeitarbeit sind. In anderen Branchen wie etwa dem Handel würden wiederum Frauen oft gerne mehr arbeiten, sie bekommen aber nur Teilzeitjobs angeboten.
„75 Prozent der Frauen, die nicht Vollzeit arbeiten, tun dies wegen Kinderbetreuungspflichten. Bei Männern ist die Motivation meist eine andere: hier steht mit 43 Prozent, so mehr Zeit für persönliche Interessen und Hobbys zu haben, an erster Stelle.“
Studie von L & R Sozialforschung
Was die Studienautorinnen Nadja Bergmann, Lisa Danzer und Claudia Sorger, in ihrer Studie zur Situation in Niederösterreich zudem festgestellt haben: Frauen bleiben oft über viele Jahre teilzeitbeschäftigt. Mehr als 30 Prozent der Frauen befinden sich bereits zehn Jahre oder länger in einer Teilzeitbeschäftigung. Weitere 30 Prozent arbeiten zwischen fünf und neun Jahren nicht Vollzeit. Das wirkt sich nicht nur auf das aktuelle Einkommen, sondern auch auf die künftige Pension, Weiterbildungsoptionen und die Aufstiegschancen aus.
Unterschied zwischen Stadt und Land
Wir haben bei den Studienautorinnen nachgefragt, ob es hier Unterschiede zwischen Städten und ländlichen Gemeinden gibt. Ja, sagt Claudia Sorger. „In Niederösterreich, wie auch in ganz Österreich, zeigt sich bei Frauen eine Abnahme der Teilzeitquote mit zunehmendem Urbanisierungsgrad, während auf Männer genau das Gegenteil zutrifft. In Niederösterreich betrug die Teilzeitquote in Gebieten mit niedrigem Urbanisierungsgrad unter Frauen 2018 52,7 Prozent, in Gebieten mit hohem Urbanisierungsgrad 45 Prozent.“
Worin liegt hier die Ursache? Es besteht hier ein direkter Zusammenhang zur Verfügbarkeit von Kinderbetreuung, so Sorger. „Dabei geht es nicht alleine um die Existenz des Angebotes, sondern auch um Kriterien wie Öffnungszeiten, Schließtage und Kosten.“ Es braucht also nicht nur genügend Kinderbetreuungseinrichtungen, sondern auch entsprechend lange Öffnungszeiten. In Niederösterreich gibt es vor allem viel zu wenige Betreuungsangebote für Unter-2,5Jährige.
Belastende Arbeitsbedingungen erschweren Vollzeit
Wichtig seien aber auch die Arbeitsbedingungen. Brächten die Arbeitsbedingungen besondere Belastungsfaktoren mit sich, können sich viele Beschäftigte keine Vollzeitarbeit vorstellen. „Um eine Vollzeitarbeit zu ermöglichen, wäre also besonders in diesen Branchen eine Verkürzung der Arbeitszeit im Sinn von kurzer Vollzeit für alle oder viele zielführend“, sagt die Forscherin. Besonders betroffen seien hier Gesundheits- und Sozialberufe.
„Um eine Vollzeitarbeit zu ermöglichen, wäre also besonders in diesen Branchen eine Verkürzung der Arbeitszeit im Sinn von kurzer Vollzeit für alle oder viele zielführend“
Im Handel wiederum würden oft vorrangig Teilzeitstellen angeboten, hier braucht es also grundsätzlich mehr Vollzeitstellen. Der Handel nutzt, wie auch die in der Studie in Niederösterreich geschilderte Situation zeigt, das Teilzeitmodell auch, um günstig Spitzen abzufedern oder Krankenstände und Urlaube auszugleichen. Viele Teilzeitkräfte leisten regelmäßig Mehrstunden, teils werden diese aber nur in Freizeit abgegolten.
Dass mehr Frauen rascher wieder Vollzeit arbeiten, wäre auch im Hinblick auf die Absicherung im Alter wichtig. Bergmann erläutert dazu: „Vor dem Hintergrund, dass knapp über 30 Prozent der Befragten bereits mehr als zehn Jahre einer Teilzeitbeschäftigung nachgehen und ein ähnlich hoher Anteil zwischen fünf und zehn Jahren, wird deutlich, dass das mit Erwerbsarbeit erzielte Einkommen über eine relativ lange Zeitspanne geringer ist.“ Das wiederum wirkt sich auf die Pensionshöhe aus.
Zur Studie „Teilzeitbeschäftigung in Niederösterreich: Teilzeit – ist das wirklich mein Wunsch?“