Betriebsrat: „Ich unterstütze die Unterstützer:innen“

Als Betriebsrat bei Jugend am Werk Steiermark und Salzburg vertritt Günter Holzer 1525 Kollegen und Kolleginnen.
Foto: Nurith Wagner-Strauss

Im Kompetenz-Interview spricht der Zentralbetriebsrat Günter Holzer über seinen Arbeitgeber Jugend am Werk,  Existenzängste der Kolleg:innen und seinen „Kraftpol“, das Motorradfahren.

„Spätestens ab sieben Uhr!“, wie er betont, sitzt Günter Holzer jeden Tag in seinem Betriebsratsbüro bei Jugend am Werk in der Grazer Lauzilgasse. Der Sozialdienstleister unterstützt Menschen bei der Arbeit, aber auch im familiären Umfeld. Und Günter Holzer unterstützt sozusagen die Unterstützer:innen: Er ist Zentralbetriebsrat des in der Steiermark und Salzburg tätigen Unternehmens.

Eingestiegen ist Holzer bei Jugend am Werk vor 23 Jahren, davor hatte er eine Tischlermeisterschule in Hartberg absolviert. Heute bietet sein Arbeitgeber ein umfangreiches Angebot an Hilfsleitungen für Menschen und Familien in schwierigen Lebenssituationen. Jugend am Werk betreibt Werkstätten, eine Mal-Werkstatt, Catering und Bistros ebenso wie Reinigungsangebote in der Steiermark und Salzburg. Neben der Unterstützung von Familien mit Kindern mit besonderen Bedürfnissen, gibt es Angebote auch für Menschen mit Behinderung selbst, sei es in der Arbeitswelt, als auch beim Wohnen und in der Freizeit. „Nicht verwechselt werden soll unser Arbeitgeber mit dem gleichbenannten Unternehmen in Wien,“ sagt Holzer.

Aufgaben als Betriebsrat

Dem umfangreichen Angebot entsprechend sei die Belegschaft relativ groß. Exakt 1525 Kollegen und Kolleginnen vertreten Holzer und sein Team, bestehend aus 15 Betriebsrät:innen. Seit 20 Jahren ist Holzer im Betriebsrat aktiv, vor zweieinhalb Jahren wurde er zum Zentralbetriebsrat gewählt. Außerdem sitzt er im Aufsichtsrat des Unternehmens. Das sieht er selbst weniger als Widerspruch, sondern vielmehr als Chance. „Ein weiteres Instrument sich für die Kolleg:innen einzusetzen“, wie er sagt.

Existenzängste der Beschäftigten

Es ist kein Geheimnis, dass die Entlohnung im Sozialsektor unter ihrem Wert für die Gesellschaft liegt. Nachdem zwei Drittel der Beschäftigten bei Jugend am Werk Frauen sind, sind Care-Tätigkeiten ein immer wiederkehrendes Thema. „Frauen haben in der ganzen Arbeitswelt große Nachteile, gar keine Frage.“ Hier zeige sich, dass für viele Kolleginnen ein Vollzeitjob unmöglich ist, „weil ganz einfach die Ganztagesbetreuung der Kinder fehlt.“ Somit stünden Kolleg:innen oft vor der Frage wie sie ihr Leben, Wohnung und Kinder finanzieren sollen. „Wenn dann auch noch die Waschmaschine eingeht und ein Schulausflug ansteht, dann wirds eng“, weiß Günter Holzer. „Die Kolleginnen haben oft Existenzängste.“ Für ihn sei dies umso mehr ein Ansporn zu versuchen die „Ungerechtigkeits-Schere“ kleiner zu machen.

„Für viele Kolleginnen ist ein Vollzeitjob unmöglich ist, weil ganz einfach die Ganztagesbetreuung der Kinder fehlt.“

Günter Holzer

Grundsätzlich seien die Arbeitsbedingungen bei Jugend am Werk „sehr positiv“, findet Holzer. Viele Kolleg:innen würden sich mit der Arbeit und dem Unternehmen identifizieren. Dementsprechend gering sei die Fluktuation im Betrieb. Viele Kolleg:innen blieben dem Unternehmen lange erhalten. Aber natürlich gäbe es auch hier Dinge „wo man kritisch drauf schauen muss“. Dafür sei er als Betriebsrat für alle Beschäftigten da, „nicht nur per Mail oder am Bildschirm, sondern viel im persönlichen Gespräch.“ So schaffe er es im Betrieb „am Puls der Zeit zu sein.“

Hast du schon einmal überlegt selbst einen Betriebsrat zu gründen?

Wenn es bei dir im Betrieb mindestens 5 Beschäftigte gibt, kann eine Betriebsratswahl stattfinden. Dein Chef/deine Chefin, darf die Wahl nicht behindern. Als Betriebsrätin/Betriebsrat hast du einen besonderen Kündigungsschutz und du kannst einen Teil deiner Arbeitszeit für die Betriebsratstätigkeit verwenden. Wir unterstützen und begleiten dich und deine KollegInnen bei der Durchführung der Betriebsratswahl.
Du möchtest mit uns darüber reden? Dann wende dich an unsere Beratung in deinem Bundesland. Alle Kontakte findest du hier: https://www.gpa.at/kontakt

Viele Anfragen der Kolleg:innen drehen sich um arbeitsrechtliche Fragen, etwa die Anrechnung von Vordienstzeiten, die Wiedereingliederungs-Karenz, Überstunden, Alters- oder Bildungskarenz, aber auch weniger Naheliegendes: „Es gibt fast nichts, was wir nicht gefragt werden,“ lacht Holzer.

Bereits das zweite Mal in Folge hat Günter Holzer für die Beschäftigten einen Teuerungsbonus aushandeln können.
Fotos: Nurith Wagner-Strauss

Zukünftiger KV-Verhandler

Sein Betriebsrat kann auch kleine Erfolge feiern: „Beim Teuerungsbonus haben wir mit der Geschäftsführung eine gute Lösung gefunden. Damit heben wir uns von den Mitbewerbern in der Branche ab.“ Um die Inflation abzufedern wurde den Beschäftigten bei Jugend am Werk bereits ein zweites Jahr in Folge ein Bonus überwiesen. Das freut Günter Holzer sichtlich. Auch die gute Gesprächskultur innerhalb des Betriebs, innerhalb seines Betriebsrats und mit der Geschäftsführung mache ihn „stolz & glücklich“, wie er sagt.

„Beim Teuerungsbonus haben wir mit der Geschäftsführung eine gute Lösung gefunden. Damit heben wir uns von den Mitbewerbern in der Branche ab.“

Günter Holzer

Ab Herbst ist Holzer erstmals im Bundesgremium bei den KV-Verhandlungen mit dabei. Dies sei das oberste Gremium für den Kollektivvertrag der Sozialwirtschaft Österreich (SWÖ), wo mit der Arbeitgeber-Vertretung verhandelt wird – „dort wo die Entscheidungen fallen,“ erklärt Holzer. „Ich bin der felsenfesten Überzeugung, dass Arbeiterkammer, Gewerkschaft und Betriebsrat unverzichtbar dafür sind faire Arbeitswelt zu erstreiten.“

Menschen helfen, auch ehrenamtlich

Auch außerhalb der Arbeit ist der 49-Jährige umtriebig. So ist er nicht nur Kommandant bei der lokalen Freiwilligen Feuerwehr in der Oststeiermark, sondern auch ehrenamtlich im Kriseninterventionsteam der Steiermark tätig. „Meine Motivation ist immer Menschen zu helfen.“

Was aber macht der engagierte Steirer, wenn er mal was für sich selber machen will? Ausspannen? Dann treffe er sich mit seinen Leuten vom MC „Red Bikers“ und schwingt sich auf sein Motorrad. „Das ist mein Kraftpol.“

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