Jede Menge neue Green Jobs in Weiz

Foto: privat

Johannes Kopp vertritt die rund 600 Angestellten bei Siemens Energy in Weiz. Als Betriebsrat setzt er sich nicht nur für die unmittelbaren Interessen der Mitarbeiter:innen ein, sondern sorgt auch dafür, dass die Arbeitsplätze noch attraktiver werden, etwa durch die Planung eines Betriebskindergartens, mehr Parkplätze oder zahlreiche Betriebsvereinbarungen.

Siemens Energy mit weltweit 93.000 Mitarbeiter:innen, davon 2.500 in Österreich, ist Weltmarktführer bei Großtransformatoren. Im Werk in Weiz werden zum Beispiel Transformatoren für Windkraftanlagen hergestellt, erzählt Kopp. Eine hohe Nachfrage nach den hier gefertigten Produkten bedeutet auch: Fachkräftebedarf. Und das, obwohl es vor fünf Jahren noch ganz anders aussah: 2019, damals war der Elin-Nachfolgebetrieb noch Teil des Siemens-Konzerns (inzwischen ist die Siemens Energy nach einem „Carve Out“, also einer Ausgliederung, ein eigenes Unternehmen), habe man mit einem Sozialplan Leute nach Hause schicken müssen, wie sich Kopp, der seit 2010 dem Betriebsrat angehört und heute Vorsitzender des Angestelltenbetriebsrats ist, erinnert. „2019 ist das Thema mit der Energiewende noch nicht so richtig angekommen.“

Hohe Nachfrage nach Fachkräften

Das ist inzwischen anders. Und so steht die Siemens Energy heute nicht nur für die Gewinnung erneuerbarer Energien, sondern auch für die Transformation der Arbeitswelt. Aus einem 1892 mitten im heutigen Stadtgebiet eröffneten Werk wurde ein zukunftsfitter Standort, der allerdings aus allen Nähten platzt. Die hier hergestellten Leistungs- und Verteiltransformatoren werden nicht in Serie, sondern auf Bestellung gefertigt, „jeder Trafo ist ein Unikat“. Die Auftragsbücher für diese Unikate sind bis 2031 voll, gefragt sind allen voran Transformatoren für Windräder. In diesem Segment sind heute 300 Mitarbeiter:innen beschäftigt. Auf Grund der hohen Nachfrage wird derzeit zwischen Weiz und Gleisdorf ein weiteres Werk errichtet, das bis 2030 in Vollbetrieb gehen soll und wo dann insgesamt 450 Personen im Bereich Windkraft tätig sein sollen. Doch wo findet man heute diese dann benötigten 150 weiteren Fachkräfte?

„Ein Transformator ist ein sehr komplexes Teil“, erklärt Kopp. Hier brauche es Fachwissen. In Gesprächen mit der Geschäftsführung habe der Betriebsrat daher immer wieder versucht zu erklären, wie wichtig es sei, selbst Personal auszubilden. Heute kann Kopp durchaus stolz sagen: „Steter Tropfen höhlt den Stein. Wir bilden nun mindestens 30 Lehrlinge für die Produktion pro Jahr aus, heuer sind es sogar 34.“ Über eine eigene Lehrwerkstätte verfügt der Betrieb dabei heute nicht mehr. Qualifikationen wie Drehen, Schweißen, Fräsen erwerben die angehenden Mechatroniker:innen und Elektrotechniker:innen im BFI. Im Betrieb arbeiten die Lehrlinge dann direkt am Produkt, angeleitet von Lehrlingsbetreuer:innen in allen Abteilungen. So sorgt das Unternehmen selbst für die morgen benötigten Mitarbeiter:innen.

„Wir bilden nun mindestens 30 Lehrlinge für die Produktion pro Jahr aus, heuer sind es sogar 34.“

Johannes Kopp

Auch Kopp hat einst bei der damaligen Elin als Lehrling angefangen: Er wurde in Weiz zum Maschinenschlosser ausgebildet. Berufsbegleitend absolvierte er dann nach seinem Lehrabschluss abends die HTL, „das war eine ziemlich intensive Zeit“.  Für die Betriebsratsarbeit begann er sich zu interessieren, als er merkte, dass viele Kolleg:innen hier mehr Unterstützung brauchen könnten, als der damalige Betriebsrat anbot. So trat er 2010 erstmals bei der Wahl zum Betriebsrat an und absolvierte 2014 auch die Betriebsrät:innenakademie. Inzwischen ist er Vorsitzender des Angestelltenbetriebsrats am Standort Weiz. Die beiden weiteren Österreich-Standorte von Siemens Energy befinden sich in Wien und in Linz.

Betriebskindergarten geplant

Kopp hat in seiner täglichen Arbeit stets sowohl die großen als auch die kleinen Dinge des Alltags vor Augen. Stichwort Rahmenbedingungen: neben seinem Einsatz für die Lehrlingsausbildung sorgte er in Verhandlungen mit der Geschäftsführung auch dafür, dass es im Zug des Baus der neuen Produktionsstätte etwas außerhalb von Weiz die Möglichkeit für die Eröffnung eines Betriebskindergartens geben wird.

Gelöst werden soll mit dem neuen Werk auch das Verkehrsproblem. Seit einem halben Jahr biete die Siemens Energy zwar für ihre Mitarbeiter:innen das Leasing von E-Bikes, das werde gut angenommen. Das Auto sei dennoch für viele das Verkehrsmittel der Wahl, da der öffentliche Verkehr in der Region keine attraktiven Intervalle und Anbindungen biete. Da spieße es sich dann allerdings mit den Parkplätzen. Das heutige Werksgelände liege eben mitten in der Stadt, immer wieder müssten daher Beschäftigte in teure Kurzparkzonen ausweichen. Am neuen zusätzlichen Standort werden daher auch ausreichend Parkplätze errichtet – und mit einer Solaranlage überdacht. Ein Drittel des benötigten Stroms für die Produktion soll dann aus der so gewonnenen Sonnenenergie kommen – auch das ein Schritt in Richtung Green Economy.

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Mehr als 30 Betriebsvereinbarungen

Und die kleinen Dinge? Mehr als 30 Betriebsvereinbarungen hat der Angestelltenbetriebsrat in enger Kooperation mit dem Arbeiter- und dem Zentralbetriebsrat der Siemens Energy über die Jahre mit der Geschäftsführung ausverhandelt und abgeschlossen, wobei Kopp die dabei immer gute Zusammenarbeit mit den Geschäftsleitern betont. Die Themen der Betriebsvereinbarungen reichen vom Fahrtkostenzuschuss bis zur Bildschirmbrille. „Unser Schlagwort ist, ein attraktiver Arbeitgeber zu sein.“ Dazu solle auch der derzeit in Planung befindliche Betriebskindergarten beitragen, denn in der Region seien Kindergartenplätze einerseits teils Mangelware und hätten andererseits meist zu kurze und damit unattraktive Öffnungszeiten.

Stichwort Attraktivität: Gerne sähe Kopp, dass Mitarbeiter:innen von Siemens Energy die im Kollektivvertrag vorgesehene Freizeitoption – dabei kann ein Mehr an Gehalt in ein Mehr an Freizeit umgewandelt werden – in Anspruch nehmen könnten. Das sei aber auf Grund der hohen Auslastung der Produktion nicht möglich. „Das finde ich extrem schade.“ Um die hohen Auftragszahlen abzuarbeiten, werde von vielen auch an Feiertagen, Fenstertagen und Wochenenden gearbeitet. „Das funktioniert und es wird auch jede gearbeitete Minute und jeder Zuschlag gezahlt. Ich bin mir nur nicht sicher, ob das für die Gesundheit jedes Einzelnen so gut ist.“ Auch unter diesem Aspekt sei es wichtig, dass der Betrieb stark auf die Ausbildung von Fachkräften setzt.

„Wir haben eine Mitarbeiterprämie und wir haben sehr gute Benefits, vom Essenszuschuss bis zu einer guten Home Office-Vereinbarung.“

Johannes Kopp

Und dann gibt es da noch einen anderen Wermutstropfen: Rund 20 Prozent der Beschäftigten in Weiz seien Leiharbeiter:innen. Mit einer Betriebsvereinbarung seien diese zwar ungefähr den angestellten Kolleg:innen gleichgestellt, „am Ende ist das Leihverhältnis aber ein Leihverhältnis“. Es gebe Branchen, wo der Arbeitgeber hier auf Grund von Schwankungen in der Nachfrage eines Produkts Flexibilität brauche. Das sei bei Transformatoren derzeit – und siehe Auftragsbücher auch in absehbarer Zeit – nicht der Fall. Am Ende gehe es hier um betriebswirtschaftliche Kennzahlen. „Ja, dieser Leiharbeiter:innen-Anteil liegt mir doch ein bisschen im Magen.“ Demgegenüber gebe es allerdings vieles an Goodies für die Belegschaft: „Wir haben eine Mitarbeiterprämie und wir haben sehr gute Benefits, vom Essenszuschuss bis zu einer guten Home Office-Vereinbarung.“

Kopp ist auch Mitglied im Europäischen Betriebsrat des Unternehmens und weiß daher, dass die Rahmenbedingungen in anderen Ländern – etwa im Osten Europas – noch ganz andere sind. „Wir haben da in Österreich, was die Arbeitsbedingungen betrifft, doch ganz andere und sehr hohe Standards.“ Was er besonders an seiner Tätigkeit schätzt: „Täglich daran zu arbeiten, dass Arbeitsplätze besser und auch attraktiver gemacht werden.“ Dazu trägt auch sein Bemühen um Konfliktmanagement bei. Seinen Ausgleich zu all diesen Aufgaben findet der zweifache Vater im Ausdauersport: in seiner Freizeit ist er Läufer und fährt Rennrad. Auch dazu braucht es den langen Atem, den er als Betriebsrat seit mittlerweile 14 Jahren unter Beweis stellt.

Zur Person:

Johannes Kopp, geb. 1976 in Birkfeld/Steiermark, Lehre zum Maschinenschlosser in der damaligen Elin (später VA Tech, heute Siemens Energy), danach berufsbegleitend HTL-Matura. Seit 2010 gehört er dem Betriebsrat an (damals noch Siemens AG), 2014 Betriebsrät:innenakademie, aktuell freigestellter Angestelltenbetriebsrat am Standort Weiz. Kopp lebt mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Weiz.

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