Sozialversicherung: Regierung hat Spardiktat zu Lasten der Menschen durchgesetzt

Grafik: GPA-djp Öffentlichkeitsarbeit
Grafik: GPA-djp Öffentlichkeitsarbeit

Wie bei der Verlängerung der Höchstarbeitszeiten klaffen auch bei der Sozialversicherung Ankündigungen und Umsetzungen weit auseinander. Während die Regierung der Bevölkerung höhere Leistungen durch mehr Effizienz verspricht, sind Einsparungen vor allem zur Entlastung der Wirtschaft geplant.

Nun hat die Regierung aber bereits vor ihrer Reform massiv nachteilig in die Arbeit der Sozialversicherung eingegriffen.

Die Regierung hat am 5.7.2018 mit einer verfassungsrechtlich sehr bedenklichen Gesetzesänderung die Arbeit der Sozialversicherung massiv erschwert und diese unter Kuratel gestellt. Wie bei den Arbeitszeitverlängerungen wurde auch hier versucht, eine Diskussion zu unterbinden, in dem das Ganze in das Erwachsenenschutz-Anpassungsgesetz eingebaut wurde.

Sämtliche Sozialversicherungsträger müssen alle neuen Bauvorhaben stoppen und dürfen bis 2019 kein Führungspersonal, keine Ärzte und kein Verwaltungspersonal mehr aufnehmen. Es dürfen nur noch Instandhaltungsarbeiten durchgeführt werden. Dieser Eingriff in die Selbstverwaltung bedeutet den Stopp für geplante Renovierungen und Neubauprojekte von Gesundheitseinrichtungen der Sozialversicherung, Gesundheitseinrichtungen, die jährlich von Millionen Menschen aufgesucht werden!

Die Arbeit der Beschäftigten wird willkürlich blockiert. Die Regierung gefährdet damit die Weiterentwicklung und Sicherheit der medizinischen Versorgung.

Durch die Ausgabenbremse gefährdete Bauprojekte
Durch die Ausgabenbremse gefährdete Bauprojekte, Quelle: Hauptverband der Sozialversicherungsträger

Das ist kein Sparen im System, sondern Kürzen mit System

Die Sozialversicherung ist der Kern des Sozialstaates und versichert 8,8 Millionen Menschen. Durch Blockade von Bauvorhaben, Vertragsabschlüssen und Nachbesetzungen wird die Versorgung gefährdet und verschlechtert.

Die Sozialversicherung darf ohne Genehmigung des Ministeriums keine Vertragsverhandlungen etwa mit der Ärztekammer mehr aufnehmen. Die medizinische Versorgung wird aber genau durch solche Gesamtverträge zwischen den Krankenversicherungen und der Ärztekammer sichergestellt.

Oberstes Ziel dieses Anlassgesetzes sind nur noch Ausgabenbegrenzungen und nicht mehr Qualität und Stand der Wissenschaft. Besser kann man die Lügen von „Sparen im System statt bei den Menschen“ nicht widerlegen. Kostensenkung geht vor Versorgungsqualität. Gefährdet sind damit auch die Ziele und die Umsetzung der Gesundheitsreform, der Ausbau der Primärversorgungszentren und viele konkrete Projekte, die nun gestoppt werden müssen: z.B. in Wien der Ausbau der Wundversorgung und der Schmerzzentren, der Kinderabteilung im Gesundheitszentrum Süd, der hämatologischen/onkologischen Abteilung im Hanusch-Krankenhaus oder der Ausbau des Zahngesundheitszentrums in Linz.

Laufende Bauvorhaben zu stoppen, versursacht Mehraufwand und Kosten. Dieses Anlassgesetz gefährdet die Versorgung der Menschen und dient lediglich der Umfärbung der Träger.

Die Menschen in Österreich brauchen die medizinische Versorgung und die Beschäftigten der Sozialversicherung müssen ihre Arbeit an den Versicherten leisten können. Die Entmündigung der Entscheidungsträger durch Ausgabengrenzen und Finanzierungsstopps wird schwerwiegende Folgen haben. Mit diesem Gesetz wird verfassungsrechtlich unzulässig in den laufenden Betrieb interveniert und das wird ein rechtliches Nachspiel haben.

Verfassungsexperte Theo Öhlinger erklärt am 6.7. zu diesem Eingriff in die verfassungsrechtlich garantierte Selbstverwaltung im Gespräch mit der APA: „Ich kann mir das schwer vorstellen, dass das vor dem VfGH halten würde“. Aus verfassungsrechtlicher Sicht für „zumindest fragwürdig“ hält das auch Verfassungsrechtler Heinz Mayer, da in die Organisationshoheit der Sozialversicherungen eingegriffen wird. Postenbesetzungen gehören wohl zu den inneren Anliegen, die sie als Selbstverwaltungskörper selbst erledigen können.

Die Ausgaben-Obergrenze für Vertragsverhandlungen hat zur Folge, dass die Sozialversicherung keine Leistungsverbesserungen verhandeln kann, Menschen privat zahlen müssen und die Gesundheit darunter leidet. Das ist besonders problematisch, weil die Sozialversicherung gerade dabei ist, verstärkt in die Allgemeinmedizin und den Bereich Kinderärzte zu investieren, um dem aufkeimenden Ärztemangel in ländlichen Gebieten gegenzusteuern.

Die GPA-djp wird gemeinsam mit anderen die Kampagne „Mein Herz für ein soziales Österreich“ weiterführen und die Beschäftigten unterstützen. Unser Sozialsystem ist zu schade für Husch-Pfusch-Gesetze, die das System bewusst an die Wand fahren und handlungsunfähig machen sollen. Die Regierung hat am 5.7.2018 vorsätzlich den Bogen überspannt. Wir werden darauf angemessen, deutlich und überlegt reagieren.

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