GPA OÖ erkämpft Schwerarbeitspension für OP-Schwester

Die Gewerkschaft der Privatangestellten GPA fordert schon lange eine leichtere Erreichbarkeit der Schwerarbeitspension für Pflegekräfte.
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Eine Krankenpflegerin hat mit Unterstützung der GPA Oberösterreich und detaillierten Gutachten vor Gericht erreicht, dass die körperlich und geistig herausfordernde Arbeit, die sie im Operationssaal des Unfallkrankenhaus Linz leistet, als Schwerarbeit anerkannt wird. Die Kollegin kann nun mit 61,5 Jahren den Ruhestand antreten.

Martina Frühwirth ist seit 1989 als diplomierte Gesundheits- und Krankenschwester im Unfallkrankenhaus Linz, seit Mitte der 90er Jahre als Operationsschwester tätig. Dabei muss sie regelmäßig schwere Container mit sterilen Instrumenten und Implantaten (Prothesen, Nägel, Schrauben), Transport- und Containerwägen sowie sterile Wäschepakete, die als Einmalprodukte für Operationen benötigt werden, bewegen. Auch die Lagerungstätigkeit von Patient:innen im Schockraum ist für die 57-Jährige körperlich herausfordernd.

Die Gewerkschaft der Privatangestellten GPA fordert schon lange eine leichtere Erreichbarkeit der Schwerarbeitspension für Pflegekräfte. Im Einzelfall hat eine genaue Beschreibung der Arbeitsabläufe von Frühwirth bei der Anerkennung zahlreicher Dienstmonate als Schwerarbeitsmonate geholfen.

Grundsätzlich ermöglicht die Schwerarbeitspension Arbeitnehmer:innen, die beispielsweise unter schwerer körperlicher und psychischer Belastung tätig waren, eine vorzeitige Pensionierung. Frühestens mit 60 Jahren kann in den Ruhestand treten, wer insgesamt 45 Versicherungsjahre und davon 120 Monate Schwerarbeit – innerhalb der letzten 20 Jahre vor dem Pensionsstichtag, ausgehend vom Regelpensionsalter – vorweisen kann. Bei der Zuerkennung ist der tägliche Kalorienverbrauch ausschlaggebend und dazu hat Frühwirth mit Unterstützung von Nicole Purgar, Rechtsschutz-Sekretärin der GPA Oberösterreich, genau beschrieben und aufgelistet, welche Tätigkeiten sie in ihren Diensten durchgeführt hat.

„Wir haben für eine Kollegin, die als OP-Krankenpflegerin arbeitet, vor Gericht die Schwerarbeitspension erkämpft.“

Nicole Purgar, Rechtsschutz-Sekretärin GPA-Oberösterreich

Die Pensionsversicherung (PVA) hatte im Fall von Frühwirth ursprünglich lediglich 15 nach dem 40. Lebensjahr geleistete Monate, in denen sechs Nachtdienste erreicht wurden, als Schwerarbeitszeiten anerkannt.

Schwerarbeit sind Tätigkeiten, die psychisch oder körperlich besonders belastend sind, dazu zählen Schicht oder Wechseldienst – auch in der Nacht, Tätigkeiten unter Hitze oder Kälte sowie unter chemischen oder physikalischen Einflüssen, schwere körperliche Arbeit sowie Pflege von Menschen mit besonderem Pflegebedarf.

Im Mai 2023 hat die Rechtsschutzabteilung der GPA ÖO Klage für Frühwirth eingebracht. Purgar und ihre Kolleg:innen waren der Meinung, dass „die konkret zu verrichtende Tätigkeit, die insbesondere durch das Heben und Tragen der teilweise mehr als 20 Kilogramm schweren Container mit Instrumenten und Implantaten, das Schieben und Ziehen schwerer Implantate- und Transportwägen als anstrengende körperliche Arbeit im Sinne der Schwerarbeitsverordnung anzuerkennen gewesen wären: Wir haben in der Klage jene körperlich anstrengenden Tätigkeiten, die Kollegin Frühwirth regelmäßig verrichten muss, sehr ausführlich geschildert und mit einer Fotodokumentation untermauert“,  berichtet Purgar.

Kalorienverbrauch entscheidend

Körperliche Schwerarbeit für Frauen wird von der Pensionsversicherung (PVA) beispielsweise dann anerkannt, wenn dabei pro Dienst mindestens 1.400 Kilokalorien verbraucht werden. Also hat Frühwirth ihren Arbeitsalltag sehr genau beschrieben, mit „allen Bewegungen, Hebe-, Halte-, Schiebe-, Zieh-, Dreh- und Umschlichtvorgängen, die sie durchführen muss, beispielsweise wenn sie als Instrumentarin, oder als unsteriler Beidienst im Operationssaal oder beim Aufbereiten dieser Instrumente und Implantate (waschen, zusammenstellen, sterilisieren) tätig ist.“

„Gesundheits- und Krankenpflege ist eine schwere Arbeit, die körperlich und geistig sehr herausfordernd und anstrengend ist.“

Martina Frühwirth, Betriebsrätin und OP-Schwester im Unfallkrankenhaus Linz

„In einem Gutachten eines Sachverständigen hat die GPA-OÖ berechnen lassen, wie lange Kollegin Frühwirth pro Arbeitstag ihre Tätigkeiten verrichten muss, um die erforderlichen Arbeitskalorien zu verbrauchen“, erklärt Purgar. Anhand dieses Richtwertes hat die Gewerkschaft gemeinsam mit der betroffenen Arbeitnehmerin deren Arbeitszeitaufzeichnungen bis ins Jahr 2009 zurück durchforstet und das Ergebnis dem Gericht mitgeteilt. „Wir mussten Monat für Monat nachweisen, dass Frau Frühwirth diesen körperlichen Aufwand auch tatsächlich im erforderlichen zeitlichen Umfang geleistet hat.“

Gericht hat 119 Monate Schwerarbeit zuerkannt

Im April letzten Jahres wurden Frühwirth 119 Monate Schwerarbeit zuerkannt, das letzte fehlende Monat hat sie mittlerweile auch geleistet.

Für Purgar ist das Gerichtsverfahren „richtungsweisend, weil die Möglichkeit zur Schwerarbeitspension mit der Anhebung des Pensionsalters nun auch für Frauen ab dem 40. Lebensjahr relevant wird.“ Dennoch könne man nichts verallgemeinern, denn „in der Praxis muss jede einzelne betroffene Person die PVA davon überzeugen, dass tatsächlich Schwerarbeit geleistet wurde und das ist nicht immer einfach: Im Musterfall gelang dies durch eine akribische Fotodokumentation entlang der Dienstpläne.“

Nicht jede OP-Pflegerin könne davon ausgehen, Schwerarbeit zu leisten, es komme im Einzelfall darauf an, ob schwere Gegenstände oder Personen bewegt oder getragen werden müssen, wie lange pro Tag diese schweren körperlichen Tätigkeiten ausgeführt werden und wie viele Kalorien dadurch verbraucht würden: „Teilzeitbeschäftigte werden sich schwer tun, die für Schwerarbeit erforderliche tägliche Kalorienzahl zu verbrauchen“, hält Purgar „15 lange Dienste pro Monat“ für das Mindestmaß um jene Stunden zusammen zu bekommen, die für den hohen Kalorienverbrauch im Sinne von Schwerarbeit benötigt werden.

Schwerarbeiter:innen können ab 60 in Pension gehen

Laut Purgar mache es „in vielen Fällen Sinn, genauer hinzusehen, ob Zeiten von Schwerarbeit vorliegen und eine Beschäftigte, die einen körperlich sehr anstrengenden Job hat, bereits mit 60 Jahren in Pension gehen könne: Je genauer die Arbeitsprozesse beschrieben und nachgewiesen werden können, bei denen schwere Arbeit verrichtet wird – im konkreten Fall etwa auch durch das ständige Tragen einer Bleischürze im OP oder das Tragen und Heben von schweren Sterilcontainern, in denen die Instrumente und Implantate gelagert sind – desto aussagekräftiger und eindeutiger kann ein Gutachten ausfallen.“

Die GPA OÖ unterstütze „jede Frau, die in irgendeiner Form Schwerarbeit leistet, wenn es beispielsweise darum geht, den Kalorienverbrauch oder aber auch Schicht- und Wechseldienst in einem bestimmten Umfang nachzuweisen: In jedem Verfahren braucht es dazu ein Gutachten, da wird ganz genau auf die individuelle Tätigkeit geschaut.“ Man könne die Erfolgsaussichten nicht verallgemeinern, „wenn aber eine Chance auf Erfolg besteht, bringen wir gegen ablehnende Bescheide eine Klage ein. Voraussetzung ist natürlich eine Mitgliedschaft bei uns“.

„Durch die genaue Beschreibung meiner Tätigkeiten ist es uns gelungen mit einem Gutachten nachzuweisen, dass ich als OP-Pflegerin mehr als 1.400 Kalorien bei einem acht Stunden Dienst verbrauche und damit Schwerarbeit leiste.“

Martina Frühwirth, Betriebsrätin und OP-Schwester im Unfallkrankenhaus Linz

Frühwirth, die seit fast 13 Jahren Betriebsrätin ist, ist stolz „als erste OP Schwester im Unfallkrankenhaus Schwerarbeitszeiten zuerkannt bekommen zu haben: Viele haben daran gezweifelt, dass es möglich ist, und ich freue mich, dass ich nun bewiesen habe, dass Krankenschwestern im Operationsbereich in die Schwertarbeiterregelung fallen können.“ Dies sei wichtig für alle Pflegepersonen, die ohne die Schwerarbeitspension nur in die Korridorpension mit mehr Abschlägen gehen könnten. Frühwirth selbst kann nun nach 45 Versicherungsjahren mit 61,5 Jahren anstatt mit 64,5 Jahren in Pension gehen. Hoffnung auf eine generelle Verbesserung gibt auch der Passus im neuen Regierungsprogramm, Pflegeberufe in die Schwerarbeitsregelung aufzunehmen und Pflegekräften damit den Zugang zu einer Schwerarbeitspension zu vereinfachen.

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