Green Jobs – grüne Zukunft?

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Ökojobs. Ist die Umweltwirtschaft der boomende Arbeitsmarkt der Zukunft oder verstecken sich hinter dem Öko-Etikett schmutzige, schlecht bezahlte Beschäftigungen?

„Japan setzt auf Ökojobs“ lautete eine Schlagzeile vor einem Jahr. Neue Umwelttechnologien für energiesparende Gebäude oder intelligente Stromnetze sowie der sanfte Tourismus wurden als Bereiche genannt, in denen Japan bis 2020 bis zu 4,8 Millionen neue Arbeitsplätze schaffen könne. Jetzt, ein Jahr danach, hat der Inselstaat, die bisher drittstärkste Wirtschaftskraft der Welt, mit akuten Umwelt- und Wirtschaftsproblemen zu kämpfen. Das Erdbeben und der Tsunami, die die Zerstörung der Atomkraftwerke verursacht haben, brachten den Themen Umweltschutz und Ökojobs eine neue Aktualität und es wurde klar, dass Japan hier noch einen Schritt weiter wird gehen müssen und ein radikales Umdenken notwendig ist.

Auch in Europa werden Ökojobs als Schritt in Richtung nachhaltige Wirtschaft postuliert. Österreichs Umweltminister Niki Berlakovich sagte zuletzt, dass es in der heimischen „Umweltwirtschaft“ exakt 199.824 „green jobs“ gebe. Bis 2020 sollten weitere 100.000 „grüne“ Stellen geschaffen werden.

Arbeitsplätze der Zukunft

Wenn Politiker Ökojobs als „Arbeitsplätze der Zukunft“ loben, widerspricht Thomas Ritt, Umweltökonom der Arbeiterkammer (AK), heftig. Der Begriff „green jobs“ werde mit der Anmutung einer neuen, besseren Arbeitswelt verknüpft – nicht immer zu Recht. „Einen Ökojob zu haben bedeutet, den Dreck wegzuräumen, den wir machen.“ Viele Umweltjobs gleichzusetzen mit einer guten Umwelt sei ein Trugschluss. Zudem würden Jobs dazugerechnet, die mit Abfallentsorgung oder Ökologie nichts zu tun haben – und nur die Beschäftigung der Statistiker erhöhe. Zum Beispiel wenn ein Supermarkt zehn Prozent Bio-Produkte verkauft, werde hochgerechnet, dass damit auch zehn Prozent der Angestellten einen Ökojob haben.

Das EU-Statistikamt Eurostat und die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) definieren Ökojobs als Arbeitsplätze, die unmittelbar der Umweltverbesserung zugerechnet werden können. Dazu zählen auch Jobs in der Bio-Landwirtschaft und in jenem Energiesektor, der Strom ohne Kohlendioxid (CO2) erzeugt. „Würde man heute das Kraftwerk Hainburg bauen, hätte man „green jobs“ geschaffen“, gibt Thomas Ritt zu bedenken.

„Der gut bezahlte Umwelttechniker, der sozialversichert seiner erfüllenden Tätigkeit nachgeht, ist unter den Umweltarbeitsplätzen eher die Ausnahme“, bedauert Ritt. Eine AK-Studie habe im europäischen Vergleich die unterdurchschnittliche Bezahlung und die gesundheitlichen Belastungen bestätigt. Bei privaten Müllentsorgungsunternehmen seien die Arbeitsbedingungen oft noch schlechter. Zudem seien diese „green jobs“ dequalifizierend, „wer einmal drei Jahre lang in der Mülltrennung gearbeitet hat, bekommt woanders keinen Job mehr“. In Dänemark etwa habe man das händische Mülltrennen bereits vor Jahren verboten.

Arbeitsbedingungen

Eine nachhaltigere Lebensweise in den Industrienationen sei notwendig, betont auch David Mum, Leiter der GPA-djp-Grundlagenabteilung. Beschäftigungspotenzial gebe es sehr wohl, etwa beim Ausbau der erneuerbaren Energien. Freilich müssten sich die Gewerkschaften einbringen, um für gute Arbeitsbedingungen zu sorgen.

Die Ökologisierung beschränkt sich nicht auf das Segment der „green jobs“. „Umweltrelevantes Wissen wird eine branchenübergreifende Kompetenz, die für viele Berufe wichtig sein wird“, sagt Mum. Wichtiger als das Verschwinden oder neu Entstehen von Berufen sind Änderungen der Anforderungsprofile in bestehenden Berufen.

Die Nutzung von Potenzialen der Ressourcen- bzw. Energieeffizienz und der Umstieg auf erneuerbare Energien können neue Arbeitsplätze schaffen, erklärt Mum. „Als Gewerkschaft setzen wir uns für einen Übergang in eine Klima schonende Arbeitsgesellschaft mit menschenwürdigen Arbeitsbedingungen ein.“

Besser leben, besser arbeiten

„Welche Farbe die Jobs haben, ist egal“, bringt es Fritz Hinterberger vom Wiener Institut SERI, das die nachhaltige Entwicklung der europäischen Gesellschaften erforscht, auf den Punkt. „Es geht darum, dass die Umweltdinge erledigt werden, die erledigt werden müssen.“ Den Nachsorgebereich sollte es gar nicht geben. Hier habe Österreich seit Beginn der Umweltgesetzgebung in den letzten 30 Jahren viel erreicht verglichen mit anderen Ländern. „Was brauchen wir zum guten Leben?“ ist für Hinterberger die Hauptfrage. „Früher musste viel Arbeit bereitgestellt werden, um sich das Leben leisten zu können.“ Das ist für viele sicherlich noch heute ein Thema.

„Die Wirtschaft schwächelt nicht umsonst“, so Hinterberger. Die Industriegesellschaften versuchten, immer mehr Wohlstand durch weniger Arbeit zu produzieren. Das Wachstum könne aber nicht ständig mehr werden – obwohl sich die Wirtschaftsforschung zu 90 Prozent darum kümmere, wie man es ankurbeln könne. „Die Leute sind nicht mehr so scharf drauf, dass die Wirtschaft wächst.“ Besser sei es, weniger zu arbeiten und weniger Stress und dafür mehr Zeit für die eigenen Kinder, Freizeit oder lebenslanges Lernen zu haben. Das würden sich die Menschen auch laut Umfragen wünschen. Fritz Hinterberger will daher mehr „flexicurity im guten Sinn“. Dass auf die Finanzkrise die Ölkrise im Vorjahr und die Atomkrise dieses Jahr folgten, ist für den Nachhaltigkeitsforscher nur eine logische Folge. „Man kann nicht so weiterwirtschaften wie bisher und glauben, es passiert nichts.“

Kriterien definieren

Das Etikett „green jobs“ muss also genauer definiert und darf nicht für Etikettenschwindel missbraucht werden. Der Umstieg auf eine nachhaltige Produktionsweise kann sehr wohl  gesellschaftlich wertvolle Arbeitsplätze schaffen. So können etwa im Bereich erneuerbarer Energien Arbeitsplätze in strukturschwachen Regionen entstehen.

Die Rolle der Gewerkschaften sieht David Mum wie in anderen Bereichen auch: Die Arbeitsbedingungen und die Bezahlung müssen stimmen. „Wenn ein Bio-Supermarkt eine Betriebsratswahl verhindert, so ist das aus unserer Sicht kein guter Job, ob ‚green’ oder nicht“, sagt Mum. „Es liegt an uns, dass green jobs den Kriterien guter Arbeit gerecht werden.“

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