Kommentar: Was eine Demokratie ausmacht

GPA-djp-Vorsitzender Wolfgang Katzian. Foto: Nurith Wagner-Strauss)
GPA-djp-Vorsitzender Wolfgang Katzian. Foto: Nurith Wagner-Strauss)

Die politische Welt scheint ins Wanken geraten zu sein. Populisten ziehen mit nationalistischen Tönen in Wahlkämpfe und meinen, allein für Sicherheit und Stabilität sorgen zu können. Viele Menschen schenken diesem Versprechen berechtigt kein Vertrauen.

Das Recht auf Versammlungsfreiheit wurde den BürgerInnen in Österreich erstmals 1867 im Katalog der Grundrechte zugestanden. Jedoch nicht aus einem Gnadenakt heraus, sondern als Reaktion auf das Aufbegehren der Menschen, die die Zukunft ihres Landes mitbestimmen wollten. Auch wollten und konnten die ArbeiterInnen das weit verbreitete Elend nicht langer ertragen. Sie wussten, dass ihre Situation nicht naturgegeben war, sondern Folge der ungleichen Ressourcen- und somit Machtverhältnisse, die es zu verändern galt. Durch Proteste und gewerkschaftliche Maßnahmen wurde das Fundament unserer heutigen Demokratie erkämpft und erbaut. Menschen sind heute mehr als in der Fabrik einzusetzende Ressourcen, die nicht leben, um zu arbeiten, sondern arbeiten, um zu leben. Sie verdienen einen würdevollen Umgang, und wenn sie diesen gefährdet sehen, dürfen sie das auch öffentlich einmahnen. Dieses im vorletzten Jahrhundert errungene Recht hat seine Notwendigkeit bis heute nicht verloren.

Vieles konnte auch durch öffentliche Versammlungen, wie Demonstrationen oder Kundgebungen, erreicht werden. Der Acht-Stunden-Tag, Kollektivverträge, Entgeltfortzahlung bei Krankheit sind nur wenige Beispiele für auch öffentlich erfolgreich eingeforderte Rechte. Vieles konnte aber auch mit der Kraft der Masse abgewehrt werden. So hätte Osterreich heute wohl ein Atomkraftwerk in Zwentendorf, dessen verheerender Gefahren wir uns spätestens nach Tschernobyl und Fukushima bewusst sind. Für die Pension musste heute jeder selbst vorsorgen und die Altersarmut wäre deutlich höher, hätten nicht 2003 die Menschen bei strömendem Regen am Ballhausplatz massive Verschlechterungen unseres Pensionssystems abgewendet. Und in Polen lebende Frauen dürften Schwangerschaften nach einer Vergewaltigung nicht mehr abbrechen, hätte es nicht im vergangenen Jahr anhaltende Proteste in Polen

und weltweite Solidaritäts-Demonstrationen gegeben. Demonstrationen sind Ausdruck einer gelebten Demokratie, wie auch das allgemeine Wahlrecht, die Pressefreiheit und die Existenz von freien Gewerkschaften. Weitere Einschränkungen des Demonstrationsrechts, die den Behörden ja jetzt schon möglich sind, sind als Angriff auf jede/n Einzelne/n zu werten. Besonders auf jene, die sich nicht mit ihrer Brieftasche oder ihrem Nachnamen helfen und wehren können. Das Demonstrationsrecht ist für ArbeitnehmerInnnen und Gewerkschaften ein wichtiges Instrument zur Durchsetzung von Interessen. Wann und wo wir für diese Anliegen der Arbeitnehmerinnen demonstrieren, entscheiden wir selbst – wir werden da sein, wo es die größte Wirkung gibt. Wer glaubt, wir werden zur Durchsetzung eines Kollektivvertrags auf die Donauinsel demonstrieren gehen, ist auf dem Holzweg.

 

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