Burn-out. Auf einmal wird der Alltag zum Albtraum, der Beruf zur Qual und jede Aufgabe zu einer enormen Belastung. Ein Erfahrungsbericht.
Du und Burn-out? Nein, du bist doch intelligent. Hast du das nicht kommen sehen?“ war die Reaktion einer Journalisten-Kollegin. Nein, ich sah es nicht kommen. Die Burn-out-Spirale begann sich zu drehen, als ich in der Arbeit sehr motiviert war. Dann habe ich meine eigenen Bedürfnisse, mein Privatleben und meine Hobbys vernachlässigt.
Fehlende Anerkennung
Oft habe ich mir in den letzten Monaten die Frage gestellt, wie alles begann. Am Arbeitsplatz fehlte es an Anerkennung. Der Chef ein Rechthaber, der kein Feedback wollte und Mitarbeiterführung nur vom Hörensagen kannte. Die letzte Gehaltserhöhung lag Jahre zurück, die Aufstiegsmöglichkeiten bei Null, dafür wuchs der Stress mit jedem Tag ein bisschen mehr. Proportional dazu verringerte sich die Zeit für Recherche und Redigieren, und das Schreiben wurde von Quantität und nicht von Qualität beherrscht.
Interviewkoordination, Abgabetermine, Zeitdruck, Großraumbüro und Hektik. Stress gehört wohl zum Journalismus. Aber Stress ist nicht gleich Burn-out. Diese Phase kommt erst, wenn die Unternehmenskultur und die Vorgesetzten „mitspielen“. Burn-out ist eine Krankheit, die auf Managementfehler, auf schlechte Mitarbeiterführung und überforderte Chefs schließen lässt. Dies ist auch der zentrale Unterschied zu einer „klassischen“ Depression.
Ungleichgewicht
Ein wesentlicher Faktor, um in ein Burn-out zu rutschen, ist auch das Fehlen eines Ausgleichs. Ich wollte beweisen, dass ich all die beruflichen Stressfaktoren verändern kann. Wenn ich mehr arbeite, noch mehr recherchiere, Wochenenddienste mache, dann muss doch einfach die Anerkennung kommen, die mir zusteht. Und natürlich auch das Geld. Doch das war leider nicht der Fall.
Als Entschädigung will man seiner Familie noch mehr Zeit und Aufmerksamkeit widmen. Dabei vergaß ich noch weiter auf mich selbst. Und irgendwann sagte der Körper dann dem Geist, dass es nun einfach nicht mehr geht.
Ich vergaß Termine und Namen – für einen Journalisten eine echte Tragödie – war schlecht gelaunt, müde, abgespannt und verzweifelt. Einige Monate konnte ich noch arbeiten, aber dann war das Ende erreicht. Es folgten zahlreiche Arztbesuche, Therapeutentermine, Anti-Depressiva und ein Kampf und Krampf über Monate, um endlich wieder arbeiten zu können.
Komplett aussteigen
Eine wesentliche Besserung trat erst ein, als ich nicht mehr an die Arbeit dachte. Mich komplett aus allem herausgenommen hatte, keine E-Mails mehr las und keine Telefonate mehr führte. Vier Monate ohne Arbeit, drei Wochen Kur, in der es nur um mich und meinen Körper ging, große Unterstützung von Seiten der Familie und Freunde. All dies hat mir geholfen aus der Burn-out-Spirale herauszukommen. Ich habe mich neu entdeckt, weiß jetzt um meine Grenzen und Wünsche und habe neue Ziele und Pläne. Es geht mir wieder gut.