Wenn die Arbeitgeber von Flexibilität sprechen, meinen sie: Überstundenzuschläge streichen. Aber das wäre Lohnraub!
Österreichs ArbeitnehmerInnen sind flexibel. Sie arbeiten im Schnitt länger als in anderen europäischen Ländern und machen überdurchschnittlich viele Überstunden. Etwa ein Fünftel dieser Überstunden wird weder in Geld noch in Zeitausgleich abgegolten. Österreichs ArbeitnehmerInnen sind so flexibel, dass sie einen Teil ihrer Arbeitszeit gleich gratis absolvieren.
Aus der Beratungspraxis wissen wir, dass ausloggen und dann weiterarbeiten, unbezahlte Vor- und Nacharbeiten, Arbeit in den Urlaub und ins Wochenende mitnehmen und der Verfall von Zeitguthaben in vielen Unternehmen gelebte Praxis sind.
Selbstverständlich ist all das illegal und zum Glück immer noch die Ausnahme und nicht die Regel. Fakt ist jedoch, dass kaum ein Gesetz in Österreich so oft gebrochen wird wie das Arbeitszeitgesetz.
Dabei lässt das Arbeitszeitrecht in Österreich bereits jetzt Spielräume für die Gestaltung von Arbeitszeit offen. Es ermöglicht den Sozialpartnern auf die Interessen von Branchen und sogar einzelnen Unternehmen einzugehen und maßgeschneiderte Lösungen auf Kollektivvertrags- und auf Betriebsvereinbarungsebene auszuarbeiten. In einzelnen Fällen ist auch eine tägliche Höchstarbeitszeit bis zu 12 Stunden und eine wöchentliche Normalarbeitszeit bis zu 60 Stunden möglich.
Kein Wunder, dass die im Wahlkampf von den Arbeitgebern zelebrierte Forderung nach flexibleren Arbeitszeiten nicht nur bei vielen ArbeitnehmerInnen, ihren BetriebsrätInnen sondern auch den Gewerkschaften die Arlamglocken schrillen ließen. „Wir arbeiten bereits jetzt am Limit und müssen springen, wann immer wir gebraucht werden. Und jetzt sollen wir noch mehr arbeiten. Das kann nur ein schlechter Scherz sein“, sagte mir kürzlich eine aufgebrachte Angestellte einer Textilkette am Telefon. Und sie hat Recht, die Forderung nach mehr Flexibilität ist ein schlechter Scherz. Den Arbeitgebern geht es dabei nicht darum die Arbeitszeit flexibler sondern die Arbeitskraft billiger zu machen.
Auch die Forderung der Arbeitgeberverbände in der Metallbranche nach flexibleren Arbeitszeiten deuten in eine ähnliche Richtung. Dabei sind auch dort flexible Modelle längst Realität und es gelingt den BetriebsrätInnen und ihren Gewerkschaften gut, dass bei diesen die Interessen der Angestellten gewahrt bleiben. Genau das scheint den Arbeitgebern aber ein Dorn im Auge zu sein. Für eine Flexibilisierung, die in Wirklichkeit ein Dumping bei Löhnen und Gehältern durch Verzicht auf Überstundenzuschläge ohne Gegenleistung bedeutet, stehen wir jedoch sicherlich auch bei den Verhandlungen in der Metallindustrie nicht zur Verfügung.
Flexibilisierung beutet nicht Regellosigkeit. Wenn wir eine Flexibilisierung wollen, die auch ArbeitnehmerInnen Nutzen bringt, dann wir brauchen wir klare Regeln und keine Aushebelung von Gesetz und Kollektivvertrag. Es gilt die Arbeitsbelastung zu reduzieren und völlig entgleiste Arbeitszeitmodelle müssen wieder auf Schiene gebracht werden.
Österreichs ArbeitnehmerInnen sind flexibel genug.