Auslagerungen, Stellenabbau und Kollektivvertrags-Flucht: BetriebsrätInnen fordern mehr Mitbestimmung beim Strukturwandel der Branche.
Laut OeNB haben fünf Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise bereits 2.581 Beschäftigte im österreichischen Bankenbereich ihren Arbeitsplatz verloren, die meisten davon im vergangenen Jahr. Diese Entwicklung wird sich in den nächsten Jahren weiter fortsetzen: Laut Prognose des Bankenverbandschefs Willibald Cernko sollen in den kommenden fünf Jahren 30 bis 50 Prozent der Bankfilialen in Österreich geschlossen werden. Durch bereits laufende oder geplante Auslagerungsprojekte werden weitere Arbeitsplätze verloren gehen. Eine Erhebung von Arbeiterkammer und GPA-djp, bei der BetriebsrätInnen großer Banken zu 25 Auslagerungs- und Ausgliederungsprojekten befragt wurden, bestätigt, dass durch Auslagerungen rund ein Drittel der betroffenen Arbeitsplätze vernichtet werden.
„Dies führt zu großer Verunsicherung unter den Beschäftigten. Hoch qualifizierte Arbeitsplätze gehen verloren. Gerade in einer sehr sensiblen Branche, wo Vertrauen der Wettbewerbsfaktor Nummer eins ist, scheint es fraglich, was die KundInnen, die Aufsicht und die Datenschützer davon halten und ob sich die geplanten Einsparungen tatsächlich einstellen „, erklärt GPA-djp Vorsitzender Wolfgang Katzian.
Verschiedenste Tätigkeiten werden an Tochterunternehmen oder an externe Dienstleister im In- und Ausland ausgelagert. Betroffen sind davon auch immer mehr Beschäftigte mit guter Ausbildung, langjähriger Erfahrung und speziellem Fachwissen. „Vor zehn, fünfzehn Jahren waren es tertiäre Dienstleistungen wie Immobilienverwaltung, Werksküchen, Fuhrpark, oder Facility Management. Aber jetzt geht es scheinbar auch die Kernbereiche hinein“, so Heinz Leitsmüller, Leiter der Abteilung Betriebswirtschaft der AK Wien. Zu den bekannten Sparten wie dem Zahlungsverkehr werden nun auch alle die IT betreffenden Aufgaben – also sowohl Hardware als auch Kernbankensysteme und Datenbanken – Kredit- und Wertpapierabwicklung, Kontoführung oder Risikobewertung genannt.
Sparen durch KV-Flucht im Inland
Bei Auslagerungen im Inland kommt es häufig zur KV-Flucht, das heißt, dass statt der Kollektivverträge für den Bankenbereich der günstigere Gewerbe- oder IT-Kollektivvertrag (KV) zur Anwendung kommt. „In zwei Drittel aller Ausgliederungsfälle gibt es die Absicht, den Kollektivvertrag zu wechseln“, erklärt Wolfgang Pischinger, Zentralbetriebsrat der Oberbank und Vorsitzender der GPA-djp Wirtschaftsbereichsgemeinschaft Finance.
Neben der niedrigeren Bezahlung führt die KV-Flucht auch zu Verschlechterungen bei Arbeitszeit, Zulagen für Überstunden oder Wochenendarbeit oder Pensionskassenregelungen. „Es geht darum, sich aus innerbetrieblichen Besserstellungen davonzustehlen“, bringt Ingrid Streibl-Zarfl, Vorsitzende des Zentralbetriebsrates der BAWAG-PSK auf den Punkt. Das bestätigen auch die Betriebsratsvorsitzenden der Bank Austria, Aldolf Lehner, der Raiffeisenlandesbank Niederösterreich Wien, Hans Amon, und der Erste Bank, Bernhard Kainz.
Gefahr für Datenschutz, Image und Servicequalität im Ausland
Bei Auslagerungen ins Ausland gehen die Arbeitsplätze dem heimischen Arbeitsmarkt gänzlich verloren. Aber es ist nicht nur um der Stellenabbau, der Druck auf die Beschäftigten steigen lässt. Besonders bei Auslagerungen ins Ausland sind auch Datenschutz, Image und Servicequalität in Gefahr, wenn es beispielsweise beim Online-Banking immer wieder zu Problemen kommt, die in den Verantwortungsbereich einer ausgegliederten IT-Abteilung fallen. „Wenn ich daran denke, dass solche Pannen bei der Kontoführung oder Kreditabwicklung passieren, wird mir ganz mulmig“, erklärt Pischinger: „Es kann ja nicht sein, dass auf der einen Seite die Regulierungen durch die Aufsichtsbehörden für Banken verschärft werden und auf der anderen Seite Auslagerungen an Unternehmen, die keine Banklizenz haben, dazu führen, dass genau diese Bestimmungen nicht greifen.“
Auch der wirtschaftliche Nutzen von Auslagerungen ist umstritten. Es gibt wenige Analysen, die anhand messbarer und nachvollziehbarer Daten die tatsächlichen Einsparungen belegen. Bei den meisten Erhebungen handelt es sich lediglich um qualitative Einschätzungen von ManagerInnen, die im Nachhinein ihre eigenen Entscheidungen rechtfertigen und entsprechend voreingenommen sind. Die Praxis zeigt, dass die gewünschten Ziele der Ausgliederungsmaßnahmen nicht eintreten. Vielmehr erweist sich Outsourcing häufig als „Effizienz-Bumerang“, da sie mit erheblichen Kosten, Unsicherheitsfaktoren und neuen Abhängigkeiten einhergehen.
„Es geht uns nicht darum, den Strukturwandel im Bankenbereich aufzuhalten. Wir wissen, dass Änderungen kommen und notwendig sind. Uns geht es darum, den Strukturwandel in der Branche mitzugestalten und mit den entsprechenden arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen die Auswirkungen auf die Beschäftigten abzufedern. Wenn notwendig auch mit einer Branchenstiftung, in der arbeitslose Bankmitarbeiter für andere Berufe umgeschult werden können“, fasst Katzian zusammen.
Die Forderungen der GPA-djp
• Arbeitsplätze und Know-how erhalten z.B. durch den Abschluss eines Kollektivvertrages für „banknahe Dienstleistungen“
• Strukturwandel gestalten
• Transparenz für Kunden stärken
• Einflussmöglichkeit der Aufsicht und der Datenschutzbehörde ausbauen
• Evaluierung des Bankwesengesetzes
• Informationsrechte des Betriebsrates verstärken
• Schaffung eines Rechtsinstruments vergleichbar der Aufsichtsbeschwerde
Mehr zu den Forderungen auf www.gpa-djp.at/finance