Dass in Österreich im Juni an alle Beschäftigten das Urlaubsgeld überwiesen wird, ist keine Selbstverständlichkeit sondern ein Erfolg der Gewerkschaften. In Deutschland kann sich nur jede/r Zweite über Urlaubsgeld freuen.
Ob jemand Urlaubsgeld bekommt, hängt in Deutschland von einer Reihe von Faktoren ab: vom Standort des Unternehmens, der Größe des Unternehmens und nicht zuletzt davon ob ein Tarifvertrag (=Kollektivvertrag) gilt. Das geht aus einer Online-Befragung des Portals lohnspiegel.de hervor, das vom WSI-Tarifarchiv betreut wird. Gilt im Unternehmen ein Tarifvertrag erhalten die Beschäftigten zu 79 Prozent Urlaubsgeld. In Unternehmen, die an keinen Tarifvertrag gebunden sind, sind es dagegen nur 36 Prozent.
Eine wichtige Rolle spielt auch die Größe des Unternehmens. Bei Unternehmen mit weniger als 100 Beschäftigten bekommen nur 37 Prozent Urlaubsgeld, bei Unternehmen über 500 Beschäftigten sind es dagegen 61 Prozent, die jetzt ein Urlaubsgeld überwiesen bekommen.
Männer erhalten häufiger Urlaubsgeld als Frauen. Thorsten Schulten, der Leiter des WSI-Tarifarchivs erklärt das damit, dass in Branchen mit einem hohen Männeranteil auch häufiger Urlaubsgeld ausgezahlt wird als in den traditionellen „Frauenbranchen“.
Ein Urlaubsgeld-Gefälle gibt es auch zwischen Ost und West. In den westdeutschen Bundesländern erhalten Beschäftigte zu 49 Prozent Urlaubsgeld, in den ostdeutschen dagegen nur zu 35 Prozent. Der Grund dafür ist, dass im Osten Deutschlands wesentlich weniger Unternehmen tarifgebunden sind als im Westen.
Wie hoch das Urlaubsgeld ausfällt variiert je nach Branche sehr stark. Die Spanne reicht in der mittleren Vergütungsgruppe von 155 bis 2.355 Euro. Am niedrigsten sind die Zahlungen laut Tarifarchiv in der Landwirtschaft, im Steinkohlenbergbau und im Hotel- und Gastgewerbe. Die höchsten Zahlungen gibt es in der Holz- und Kunststoffverarbeitung, der Metallindustrie, der Papier verarbeitenden Industrie sowie in der Druckindustrie und im Versicherungsgewerbe.
Wie auch in Österreich gibt es auch in Deutschland keinen gesetzlichen Anspruch auf Urlaubsgeld. Arbeitgeber können die Sonderzahlung freiwillig leisten oder als Teil von Tarifverträgen leisten. Anders als in Österreich, wo 98 Prozent der Beschäftigten unter einen Kollektivvertrag fallen, sind es in Deutschland nur noch rund 46 Prozent, für die ein Tarifvertrag gilt – Tendenz weiter sinkend.
Für die Erhebung hatte das WSI-Institut zwischen Januar 2018 und April 2019 mehr als 123.000 Beschäftigte online befragt. Zwar sei die Befragung nicht repräsentativ, liefere wegen der hohen Fallzahl aber eine verlässliche Orientierung.