Solidaritäts-Olivenöl: A runde G’schicht

Natascha, Angelos und Tassos von der Messinis Gea sowie Giorgos von der Vertriebsgenossenschaft SoliExpo
Foto: Manfred Krenn

Ein internationales Solidaritätsnetzwerk ermöglicht griechischen Landwirt:innen und Erntehelfer:innen höhere Einkünfte – und Konsument:innen in Mitteleuropa qualitativ hochwertiges Olivenöl. Wie das funktioniert berichtet der umtriebige Soziologe Manfred Krenn.

„Na, des ist a runde G’schicht!“, schwärmt Krenn am Telefon. Manfred Krenn ist einer von fünf Ehrenamtlichen, die in Österreich den Vertrieb des griechischen Olivenöls organisieren. Er ist aber kein Vertreter eines Lebensmittelkonzerns oder Abgesandter der griechischen Landwirtschaftskammer. Der gelernte Arbeitssoziologe ist Teil eines internationalen Solidaritäts-Netzwerks, das den Kolleg:innen in Griechenland Unterstützung bietet, um die Folgen der desaströsen Wirtschaftskrise zu bewältigen. Dafür ist Krenn nicht nur letzten Monat nach Griechenland gereist, sondern er importiert mit seinen Kolleg:innen auch Olivenöl in großen Mengen nach Mitteleuropa. Aber alles der Reihe nach.

Wirtschaftskrise

Im Herbst 2009 rutschte Griechenland in eine Staatskrise. Die Verschuldung wuchs dem Land über den Kopf. Die Europäische Union sagte der griechischen Regierung Finanzhilfe in Milliardenhöhe zu, auch um den Wert der eigenen Währung zu stabilisieren und eine Ausweitung der Krise einzudämmen.

Internationaler Währungsfonds, Europäische Zentralbank und EU-Kommission aber stellten dem Land Forderungen: Drastische Sparmaßnahmen wurden beschlossen – gegen den Willen vieler Arbeiter:innen. Gleich mehrmals riefen Gewerkschaften im Jahr 2010 zum Generalstreik. Um die Zahlungsunfähigkeit Griechenlands abzuwenden war die Regierung gezwungen immer weitere Einschnitte im griechischen Sozialsystem vorzunehmen. Immer mehr Menschen verloren ihre Jobs, Renten und Löhne im öffentlichen Dienst wurden massiv gekürzt. Auch im Gesundheitswesen und Bildungsbereich schlugen sich die Sparmaßnahmen nieder. Knapp ein Viertel aller in Griechenland Lebenden war arbeitslos, 500.000 Familien ohne jegliches Arbeitseinkommen. „Mit dem ersten Memorandum 2012 flogen 2,8 Millionen von Arbeitslosen aus der Krankenversicherung raus,“ erinnert sich Krenn noch heutige an die dramatischen Meldungen aus Griechenland, die im Gedächtnis blieben.

Selbsthilfe

Doch die Menschen in Griechenland fanden Wege sich zu helfen. Lebensmittel- und Medikamentensammlungen wurden organisierte, solidarische Kliniken eröffnet. Dort versorgten Ärzt:innen Unversicherte, nach ihrem bezahlten Dienst, ehrenamtlich.

Schon damals gab es auch Hilfe aus dem Ausland. Medizinische Geräte, Medikamente und sogar ein Krankenwagen wurden gespendet. „Weil in den Städten so viele ihre Jobs verloren haben, sind sie zurück auf’s Land, zu ihren Eltern. Und manche haben dort wieder begonnen die Olivenhaine ihrer Eltern zu bewirtschaften.“ Um das gewonnene Öl zu vertreiben wurden Kooperativen gegründet in denen sich die Landwirtschaften aus der Umgebung zusammen schlossen. Eine davon trägt den Namen Messinis Gea. Heute umfasst sie 27 Bauern und Bäurinnen aus Dáras in der Provinz Messinia am griechischen Peloponnes.

Internationale Solidarität

Seit einigen Jahren wird die bäuerliche Kooperative vom solidarischen Produktions- und Liefernetzwerk MAZÌ unterstützt, dem Manfred Krenn angehört. MAZÍ steht für „gemeinsam“ und stellt der „kolonialen Ausbeutung der Menschen, wie der Natur in der europäischen Peripherie durch die kapitalistischen Zentren mit praktischen Projekten entgegen,“ wie es auf der Website des Vereins heißt. Ein Teil ihrer Aktivitäten ist der Vertrieb griechischen Olivenöls über die Direktvermarktung. „Letztes Jahr konnten wir den gesamten Jahresertrag der Kooperative Messinis Gea nach Deutschland und Österreich vermitteln. Das waren rund 30 Tonnen Olivenöl,“ berichtet Krenn nicht ohne Stolz.

Faire Bedingungen

Das sichert nicht nur die Einkünfte der griechischen Landwirt:innen. Die Direktvermarktung hat zum Vorteil, dass der Zwischenhandel weg fällt, der üblicherweise das Gros der Gewinne abschöpft. So kommt auch mehr bei den Bauern und Bäur:innen an. „Sie bekommen 30 Prozent mehr raus, als wenn es über den normalen Handel ginge“, sagt Manfred Krenn. Aber auch die Erntehelfer sollen von dem solidarischen Vertriebsnetz profitieren. „Auch Erntearbeiter werden fair entlohnt, sie bekommen etwa das Doppelte vom griechischen Mindestlohn.“ Zuletzt hat die Kooperative 150.000 Euro in eine moderne Abfüllanlage investiert, die den Betrieb nochmal auf professionellere Füße stellen soll.

„Auch Erntearbeiter werden fair entlohnt, sie bekommen etwa das Doppelte vom griechischen Mindestlohn.“

Manfred Krenn

„A runde G’schicht“

Manfred Krenn, der erst im April die griechische Kooperative wieder besucht hat sagt: „Es war interessant zu beobachten, wie die Leute weg vom Bauerntum, hin zu einem sozialen Unternehmen gewachsen sind.“ Dazu kommt: Ein Euro aus jedem verkauftem Liter Olivenöl wird an eine soziale Initiative in Griechenland gespendet, darunter eine solidarische Arztpraxis, Seenotrettungs-NGOS oder eine Straßenzeitung.

Natascha, eine der beteiligten Oliven-Bäur:innen berichtet: „Mich hat die solidarische Zusammenarbeit sehr bewegt, die Kooperation zwischen verschiedenen Menschen und Strukturen, die uns auch dazu animiert hat unser Produkt qualitativ aufzuwerten.“ Sie habe zum ersten mal Kontakt zu den Konsument:innen ihres Produkts gehabt und die Möglichkeit mit ihnen „auf Augenhöhe” zu sprechen. In Österreich nennt man so etwas dann „eine runde G’schicht“, wie ihre Vertriebspartner Manfred Krenn im KOMPETENZ-Interview.

Unterstützt werden kann die Kooperative Messinis Gea durch den Kauf des von ihr produzierten Olivenöls. Unter https://mazioli.at/shop/ kann Öl vorbestellt oder direkt am 8. Juni von 10-17 Uhr im Albert-Schweizer-Haus (Schwarzspanierstraße 13, 1090 Wien) abgeholt werden.

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