Im ersten Spielfilm von Arman Riahi bekommen auf bissig komisch-ironische Weise oberflächliche Politik und Journalismus ihr Fett ab.
In erster Linie sind „Die Migrantigen“ zwei grantige Wiener. Denn der berufliche Erfolg – einerseits als Inhaber einer Werbeagentur, andererseits als Schauspieler – lässt auf sich warten. Die Protagonisten, Marko und Benny, haben sogenannten türkischen bzw. serbischen „Migrationshintergrund“. Aber wer, möchte man während des Films dazwischen fragen, hat den nicht in Wien?
Und weil „Die Migrantigen“ endlich Geld verdienen wollen, sind die beiden Wiener käuflich – auf Kosten von Migranten. Denn eine sensationslüsterne, ehrgeizige TV-Journalistin, die bei einem Dreh im ethnisch durchmischten Vorstadtviertel „Rudolfsgrund“ zufällig auf die beiden trifft, hält die geborenen Wiener aufgrund ihres Aussehens für Ausländer; sie stellt ihnen – was das verantwortungsbewusste Journalistinnen-Herz besonders schmerzt – suggestive Fragen, um Material für ihre Dokuserie zu bekommen.
„Die Migrantigen“ durchschauen ihre Absicht, spielen in der Hoffnung auf den beruflichen Durchbruch mit und geben sich als kleinkriminelle Ausländer aus.
Durch Vorurteile genährte Wirklichkeit trifft auf Fiktion. So verselbstständigen sich die als konstruierte Neuigkeiten bekannten „Fake News“, sie beginnen ein Eigenleben und werden laut Quote immer mehr von den ZuseherInnen nachgefragt. „Die suchen Sozialfälle“, formulieren es „Die Migrantigen“ und wittern ihre Chance. Schließlich möchte man im Fernsehen „den Leuten geben, was sie sehen wollen“, wie es an einer Stelle des Films nicht ohne Ironie heißt. Oder: Es gibt Fantasien, „auf die sich das Fernsehen gerne draufsetzt“. Schließlich durchschaut die Journalistin, dass sie keine „echten“ Migranten vor der Kamera hat, macht aber an der Taktik mit, um am Ende dafür sogar einen Fernsehpreis einzuheimsen.
Der Regisseur der „Migrantigen“, Arman Riahi, flüchtete als Einjähriger 1983 aus dem Iran mit seiner Familie nach Österreich. Dies ist sein erster Spielfilm, nach mehreren Kurzfilmen und TV-Serien; er gewann dieses Jahr bereits mehrere Preise: u. a. beim Filmfestival in Nashville (USA) und beim Filmfestival in Saarbrücken. Zu Recht.
„Die Migrantigen“ werden gespielt von Faris Rahoma, Steirägypter aus Hernals, und von dem Wiener mit serbischen Wurzeln Aleksandar Petrović. Sie haben gemeinsam mit Regisseur Riahi auch das Drehbuch geschrieben. Die 90 Minuten sind streckenweise an beißender Komik nicht zu übertreffen. Nicht nur, dass der Film dem (Fernseh-)Journalismus den Spiegel vorhält. Er persifliert ausländerfeindliche Politik österreichischer Parteien – „irgend so ein HC“ wird (angeblich) am Bankomaten überfallen – genauso, wie er sich durch die Blume lustig macht über Wiener Hipster, die 4.000 Euro für ein Fahrrad ausgeben und die, selbst wenn sich am Monatsende nicht mehr alle Zahlungen ausgehen, das Abo für das Radmagazin unbedingt verlängern wollen.
Die Moral der Geschichte: „Man muss ein Vorurteil immer zweimal umdrehen.“ Eines der wichtigsten Zitate aus dem Film. Wer ihn noch nicht gesehen hat, sollte das unbedingt nachholen. Große Empfehlung!