Gerechtigkeit ist der Betriebsrätin Christa Farkas seit jeher ein Anliegen. Auf die Barrikaden steigt sie, wenn Führungskräfte MitarbeiterInnen einschüchtern. Seit 2007 ist sie Vorsitzende des Alpine-Angestelltenbetriebsrats.
Wenn sie einem gegenübersitzt, strahlt sie Empathie aus: angenehme Stimme, fröhliche Augen, ein Lächeln im Gesicht. Schlitten fahren kann man mit Christa Farkas dennoch nicht: „Wenn Unrecht passiert, da gibt es bei mir einen Adrenalinschub, da kommt die Kraft.“ Kraft hat Farkas in diesem Jahr auch mehr als genug gebraucht. Erstmals saß sie – und das als einzige Frau – im gewerkschaftlichen Verhandlungsteam für den Kollektivvertrag für die Angestellten der Baubranche (bundesweit 28.300 Beschäftigte) der Arbeitgeberseite gegenüber. „Das war eine Herausforderung – ich habe sehr viel gelernt.“ Fünf Verhandlungsrunden brauchte es, um durchzusetzen, „was uns minimalst zusteht“. 0,9 Prozent war die Arbeitgeberseite bereit gewesen, auf die Gehälter draufzuschlagen – 1,45 Prozent sind es schließlich geworden. Zuvor waren an die 500 Angestellten vor der Wirtschaftskammer aufmarschiert.
Kampfgeist
Hier zu mobilisieren sei auch kein leichtes Unterfangen gewesen, erzählt Farkas. „Arbeiter sind gewohnt zu kämpfen. Aber viele Angestellte meinen, es gehe ihnen ohnedies gut, ohne die künftige Entwicklung zu bedenken. In der Baubranche sind nicht so viele Angestellte Gewerkschaftsmitglieder. Hier möchte ich Bewusstseinsarbeit leisten, klarmachen: Ohne eine starke Gewerkschaft gibt es auch keine Kollektivvertragsverhandlungen. Je mehr Mitglieder eine Gewerkschaft hat, desto mehr kann sie auch gemeinsam mit den Betriebsräten für die Mitarbeiter erreichen. Es geht eben nur gemeinsam. Ich als Einzelne erreiche gar nichts.“
Tradition in Favoriten
Farkas, aufgewachsen in Wien-Favoriten, wo sie bis heute lebt, stammt aus einer Arbeiterfamilie. Auf ihre Eltern, beide zunächst in den Wie- nerberger Ziegelwerken tätig, ist sie bis heute stolz. „Mein Vater war 25 Jahre lang Ziegelbrenner, bis die Werke geschlossen haben. Ich habe es als Kind genossen, neben ihm am Hochofen zu stehen.“ Der Vater wechselte dann zu den Elektrizitätswerken, arbeitete sich hoch zum Obermagazineur. Und engagierte sich als Personalvertreter für Arbeitnehmerrechte.
Interessiert hat sich Farkas von Jugend an für Psychologie. Nach fünf Jahren AHS entschied sie sich dennoch für eine Lehre. Nach einer Berufsberatung wurde es schließlich eine Ausbildung zur Industriekauffrau. Im Rückblick eine falsche Berufsentscheidung.Trotzdemhat Farkas ihren Weg gemeistert, sieht nicht wehmütig zurück.
Karriere als Betriebsrätin
Von 1979 bis 1994 war sie für die Wiener Verkehrsbetriebe tätig, dann wechselte sie in den privaten Sektor. Zwei Jahre arbeitete sie als Chefsekretärin in einem Architekturbüro – ohne Betriebsrat und mit relativ stark ausgeprägten Hierarchien. 1996 wechselte sie zur Universale Bau Aktiengesellschaft. Diese wurde 2003 von der Alpine Bau GmbH übernommen, seit 2006 ist der spanische Konzern FCC die Mutterfirma des Unternehmens. Wenn sie in der Abteilung sah, dass mit MitarbeiterInnen nicht korrekt umgegangen wurde, riskierte sie schon einmal eine dicke Lippe. Das fiel auf. 2000 fragte man sie, ob sie für den Betriebsrat kandidieren wolle. Sie wollte. Und ist seitdem Arbeitnehmervertreterin. Zuerst Schriftführerin, später stellvertretende Vorsitzende, seit 2007 Vorsitzende des Angestelltenbetriebsrats der Alpine Bau Region Ost, wo sie über 500 Beschäftigte vertritt. Außerdem ist sie Mitglied des Alpine-Zentralbetriebsrats (vertritt ca. 5.500 ArbeitnehmerInnen) sowie des Konzernbetriebsrats (vertritt 15.500 ArbeitnehmerInnen). Die Alpine Bau GmbH ist heute ein international tätiger Konzern mit zahlreichen Töchtern. Hier sei es auch gar nicht leicht, den Überblick zu bewahren, ständig kämen neue Töchter hinzu, erzählt Farkas, die seit 2009 auch dienstfrei gestellt ist, „damit ich mich ganz den diversen Probleme und Anliegen der Mitarbeiter widmen kann“.
Männerbranche
Nur an die 20 Prozent der 520 MitarbeiterInnen, die Farkas als Betriebsratsvorsitzende vertritt, sind Frauen. „Doch es gibt erfreulicherweise immer mehr junge Technikerinnen am Bau“, meint sie. Hier als Frau einem Betriebsrat vorzustehen, ist dennoch eine Herausforderung. Auch sie habe die Erfahrung gemacht, dass von Mann zu Mann anders gesprochen und verhandelt werde als von Mann zu Frau.
Ihrem Wunsch, Psychologin zu werden, ist die Mutter eines 24-jährigen Sohnes, der Medizin studiert, inzwischen auch einen Riesenschritt nähergekommen: 2001 absolvierte sie die Berufsreifeprüfung, bis 2006 das psychotherapeutische Propädeutikum. Derzeit durchläuft sie die Ausbildung zur Psychotherapeutin.
Betriebsratsarbeit
Ihre psychologischen Kenntnisse kommen ihr auch in ihrer Arbeit als Betriebsrätin zugute. „Ich kann gut zuhören. Und ich kann Hilfestellung geben, wenn jemand unter Burnout leidet, an Depressionen, ein Suchtproblem hat. Ich weiß dann, an welche Einrichtung ich ihn verweisen kann. Vernetzung ist hier wichtig.“ Vernetzung, Zusammenarbeit sei überhaupt ein Schlüssel, um für die ArbeitnehmerInnen Positives zu erreichen. Und ein Miteinander ohne Hierarchien.
Starre Hierarchien und Machtausübung von Vorgesetzten auf die schwächer gestellten Mitarbeite- rInnen sind Farkas grundsätzlich ein Dorn im Auge. „Eine wahre Führungspersönlichkeit ist ein Mensch, der seine Mitarbeiter positiv motivieren, auch Kritik annehmen kann und dabei stetig selbstreflexiv unterwegs ist.“ Als Betriebsratsvorsitzende arbeitet sie persönlich mit ihren KollegInnen lieber auf Augenhöhe zusammen, fordert auch Kritik ein. Nur so komme man weiter, sagt sie.
Die Betriebsratsarbeit fordert Farkas derzeit vor allem zeitlich massiv. Da bleibt keine Gelegenheit mehr, um sich auf den Rücken eines Pferdes zu schwingen. Ihr Hobby Reiten geht ihr ab, erzählt sie. Dem Verfassen von Lyrik ist sie treu geblieben. Und auch der Kampf für Gerechtigkeit wird sie ihr Leben lang begleiten, ist sie überzeugt.