Zeit mit Kindern verbringen darf kein Nachteil im Berufsleben sein. Die neu aufgekommene Debatte in der österreichischen Innenpolitik ist daher begrüßenswert. Allerdings ist fraglich, ob sie ernstgemeint ist.
Die arbeitsrechtlich durch Kündigungs- und Entlassungsschutz abgesicherte Karenz dauert maximal bis zum Tag vor dem 2. Geburtstag des Kindes. Für dienstzeitabhängige Ansprüche im Beschäftigungsverhältnis wird gesetzlich nur ein geringer Teil angerechnet. Nämlich höchstens zehn Monate der ersten Karenz im Arbeitsverhältnis für die Bemessung der Kündigungsfrist, für die Dauer der Entgeltfortzahlung im Krankenstand und für das Urlaubsausmaß.
In vielen Kollektivverträgen konnte durch den Einsatz von Gewerkschaften und engagierten BetriebsrätInnen eine Anrechnung über die gesetzliche Regelung hinaus erreicht werden. Im neuen Gehaltssystem des Handelskollektivvertrages erhöht zum Beispiel die volle Anrechnung von Karenzzeiten das Lebenseinkommen für eine Frau mit zwei Kindern um drei Prozent. In der Metallindustrie werden die Karenzzeiten voll für alle dienstzeitabhängigen Ansprüche angerechnet, so auch für das Jubiläumsgeld. Auch im Kollektivvertrag der Sozialwirtschaft Österreich werden die Elternkarenzzeiten voll angerechnet.
Diese Anrechnung der Karenzzeiten ist ein wesentlicher Punkt in den Forderungen der Gewerkschaften in vielen Kollektivvertragsverhandlungen. Es ist eine Maßnahme, um die Einkommensschere zwischen Männern und Frauen zu schließen. Wenn diese Forderung schon umgesetzt ist, dann auf Drängen der ArbeitnehmerInnen.
Daher ist es spannend, dass nun im Parlament ÖVP-Klubobmann Wöginger fordert, dass die Sozialpartner hier tätig werden und die Frauen- und Familienministerin Bogner-Strauß gar droht, dass wenn es nicht geregelt wird, ein Gesetzesentwurf eingebracht wird.
Dieser Ablenkungsversuch von der arbeitnehmerfeindlichen Politik der Bundesregierung (12-Stunden-Tag) geht aber nicht auf. Falls die Bundesregierung es ernst meint und eine Gesetzesinitiative setzt, um die Karenzzeiten endlich voll anzurechnen, ist das im Sinne der Gewerkschaften. Es ist eine jahrelange Forderung der Gewerkschaften und jede bisherige kollektivvertragliche Verbesserung wurde von ArbeitnehmerInnenseite erstritten.
Will die Regierung aber nur ablenken, soll sie sich weitere Zurufe an KV-VerhandlerInnen ersparen und besser die arbeitnehmerInnenfeindliche Politik einstellen.