Eine Pflegerin aus Kärnten hat uns verraten, was ihre Neujahrsvorsätze mit der Gewerkschaft zu tun haben.
Liebe Gewerkschaft,
ich bin jetzt 33 und fast jedes Jahr hab ich mir einen Neujahrs-Vorsatz gemacht: mehr sporteln (manchmal geschafft); mit dem Rauchen aufhören (noch immer nicht geschafft); weniger Süßes essen (will ich im Moment gar nicht schaffen). Heuer ist es anders. Ich arbeite seit 7 Jahren in der Pflege und das vergangene Jahr war so anstrengend, dass ich kaum einen Kopf dafür hatte, drüber nachzudenken, was ich 2022 schaffen will. Ich bin grade einfach nur froh, wenn ich meine Dienste jede Woche überlebe.
Bei mir waren die letzten 12 Monate in der Arbeit extrem anstrengend. Ständig fallen Kolleginnen aus, weil sie im Krankenstand oder in Quarantäne sind. Ständig muss ich einspringen. Ich konnte im letzten Jahr eigentlich gar nichts planen. Und wenn ich was geplant hab, musste ich die Pläne fast immer spontan ändern. Weil irgendwas in der Arbeit war. Ich hab eigentlich kaum noch Kraft und meine Motivation ist schon ganz weg. In der Früh aufstehen und arbeiten gehen kostet mich sehr viel Energie.
Das wirklich Frustrierende an der ganzen Situation: Ich hab nicht das Gefühl, dass die Politiker begreifen, wie es mir und vielen in unserem Bereich geht. Zumindest tun sie nichts, damit unsere Situation besser wird! Und das hat mich die letzten Wochen zum Verzweifeln gebracht. Dieses Gefühl, dass niemand hinschaut und sieht, wie es uns wirklich geht. Und dass es dadurch auch keine Hilfe gibt.
Vor ein paar Wochen bin ich dann nach meinem Dienst draußen am Raucherhof mit unserem Betriebsrat ins Gespräch gekommen. Wir haben lang geredet. Über die schwierige Situation. Über den Frust. Über die Wut. Und dann hat er etwas gesagt, was mich zum Nachdenken gebracht hat: „Schau Lisa, du hast eh Recht. Die Politiker scheren sich grad wenig um uns. Und jeder von uns, der allein probiert, da was zu erreichen, wird das auch nicht schaffen. Aber deswegen muss man sich halt zusammentun. Einen Druck können wir nur gemeinsam machen!“.
Ich hab noch den ganzen Heimweg drüber nachgedacht, was er gesagt hat. Und hab vielleicht erst da realisiert, was eine Gewerkschaft ist. Dass eine Gewerkschaft dann stark ist, wenn sie Mitglieder hat, die hinter ihr stehen und dabei sind. Dass eine Gewerkschaft dann eher genug Druck ausüben kann, damit es besser wird. Und weil es so wie es jetzt grad ist, nicht weitergehen kann, hab ich mich entschieden.
Ich hab mich entschieden, diese Nachricht an euch zu schreiben. Und ich hab mich entschieden, einen Neujahrsvorsatz für 2022 zu machen: Heuer werd‘ ich Gewerkschaftsmitglied! Weil gemeinsam erreichen wir eher was. Damit ich wieder pflegen kann, statt nur Dienste zu überleben.
Theodora Lubjankic, Klagenfurt
Du überlegst auch Gewerkschaftsmitglied zu werden? Hier findest du alles, was du darüber wissen musst: https://www.gpa.at/mitglied-werden