Elementarpädagogik: Ein Gesetz für alle!

Demonstration in Wien am 24.10.2023.

Der Kampf der Elementar-, Hort- und Freizeitpädagog:innen für bessere Arbeitsbedingungen in den vergangenen Jahren war begleitet von machtvollen Demonstrationen im öffentlichen Raum. Im Oktober 2023 gingen allein in Wien 12.000 Kolleg:innen für bessere Arbeitsbedingungen auf die Straße.

Der gemeinsame Kampf von Gewerkschaften und Betriebsrät:innen/Personalvertreter:innen für Verbesserungen führte zu ersten Erfolgen. Durch den Druck wurde ein 4,5 Milliarden Euro Paket bis 2030 geschnürt.

Erste Erfolge reichen nicht

„Selbstverständlich reicht dies noch immer nicht aus, denn Österreich investiert weiterhin nur 0,7% des BIP in die Elementarbildung und liegt damit unter dem OECD-Durchschnitt. Auch erreichen wir mit diesem Geld nicht die von uns geforderte jährliche Kindergartenmilliarde. Umso wichtiger ist es, darauf zu achten, wie die 4,5 Milliarden Euro österreichweit eingesetzt bzw. verteilt werden“, heißt es in einem Brief, den die Vorsitzenden der Gewerkschaften GPA, younion und vida an die im Parlament vertretenen Parteien mit der Bitte um Stellungnahme geschickt haben.

Darin wird als zentrale Forderung die Einführung einheitlicher gesetzlicher Bestimmungen für alle Bildungseinrichtungen sowie gute Arbeitsbedingungen für alle gefordert. Es sei höchste Zeit, endlich bundesweit einheitliche Qualitätsstandards einzuführen.

Modernisierungsschub durch einheitliche Standards

„Elementarpädagogik legt das Fundament für den späteren Bildungsverlauf, Hort- und Freizeitpädagogik sind Bestandteil davon während der Pflichtschulzeit. Ressourcenknappheit verstärkt mangelnde Deutschkenntnisse und Sonderförderbedarf bei Schulpflichtigen. Strukturelle Bedingungen üben einen bedeutenden Einfluss auf die Qualität pädagogischer Prozesse aus. Sie müssen so gestaltet sein, dass die Entwicklung und Bildung von Kindern bestmöglich unterstützt werden können. Umso unverständlicher, dass der elementarpädagogische Bildungsbereich in Österreich weiterhin Ländersache ist. Seit Jahren weisen wir als Gewerkschaften auf die unterschiedlichen Rahmenbedingungen und Herausforderungen hin – ein einheitliches Bundesrahmengesetz mit Mindeststandards ist daher dringend notwendig. Wir fordern daher von der nächsten Bundesregierung ein einheitliches Bundesrahmengesetz mit einer deutlichen Verbesserung der Arbeitsbedingungen für alle Beschäftigten in ganz Österreich“, heißt es im Forderungsprogramm, das an die Parteien übermittelt wurde.

„Wir fordern von der nächsten Bundesregierung ein einheitliches Bundesrahmengesetz mit einer deutlichen Verbesserung der Arbeitsbedingungen für alle Beschäftigten in ganz Österreich.“

Forderungsprogramm der Vorsitzenden der Gewerkschaften GPA, younion und vida

Konkret bedeutet das unter anderem eine schrittweise Senkung der Kinderanzahl pro geführter Gruppenform, einen Personal-Kind-Schlüssel entsprechend modernen wissenschaftlichen Erkenntnissen, eine einheitliche gesetzliche Regelung der Aus- und Fortbildung des pädagogischen Fachpersonals, sowie eine einheitliche gesetzliche Regelung der Ausbildung und Berufsbezeichnung für das unterstützende Personal.

Das sagen die Parteien

Die SPÖ stellt in ihrer Stellungnahme fest, dass die aktuelle Kompetenzlage Veränderungen erschwere, die nicht nur die Qualität der Bildung sichern, sondern auch die Arbeit in den pädagogischen Einrichtungen wieder attraktiv machen würden. Die SPÖ unterstützt daher die Forderung nach einer gesetzlichen Grundlage, die die Elementarpädagogik gleichwertig, wie die Pflichtschulen, in die Bundeskompetenz übergehen lässt. Wie bei den Pflichtschulen sollte die Gesetzgebung über die Grundsätze der Elementarbildung vom Bund wahrgenommen werden, während die Erlassung von Ausführungen und die Vollziehung weiterhin bei den Ländern verbleiben soll. Mit einem solchen bundeseinheitlichen Grundsatzgesetz für elementarpädagogische Einrichtungen könnten dringend benötigte Mindeststandards, wie maximale Gruppengrößen, der Fachkraft-Kind-Schlüssel oder das Einhalten der VIF-Kriterien definiert werden. Auch ein verbindlicher Schlüssel und Rahmen für Inklusion müsste darin enthalten sein.

Auch die Grünen befürworten die Forderung nach einem bundesweiten Rahmengesetz für die Elementarpädagogik. Jedes Kind sei gleich viel wert. Daher braucht es auch österreichweite Mindeststandards (Gruppengröße, Öffnungszeiten, Personal-Kind-Schlüssel, Vor- und Nachbereitungszeiten etc.), die in einem Bundesrahmengesetz festgehalten werden, ähnlich wie im Schulbereich. Die Grünen weisen darauf hin, dass wichtige Maßnahmen in dieser Regierungsperiode bereits gesetzt wurden. Bis 2030 investiert der Bund zusätzliche 4,5 Mrd. Euro für Ausbau und Qualitätsverbesserung von Kindergartenplätzen. Mit der Ausbildungsoffensive wurden viele neue Lehrgänge und zusätzliche Ausbildungsplätze geschaffen, um dem Mangel an Fachpersonal entgegenzuwirken.

Die ÖVP weist darauf hin, dass in jenen Bereichen, in denen der Bund eine Zuständigkeit hat, er zusätzliche Mittel wie etwa im Rahmen der Art. 15a B-VG Vereinbarung über die Elementarpädagogik investiert und Ausbildungsmöglichkeiten für Elementarpädagog:innen ausgebaut hat. Dadurch werden einheitliche gesetzliche Regelungen für die Ausbildung sichergestellt. In Sachen Bundesrahmengesetz legt sich die ÖVP nicht fest. Sie hält aber fest, dass eine Änderung der kompetenzrechtlichen Zuständigkeiten, wie im konkreten Fall gefordert, eine verfassungsrechtliche Änderung benötigt. Denn die Festlegung bundeseinheitlicher Qualitätsstandards (Gruppengröße, Personal-Kind-Schlüssel, Raumgröße und -ausstattung, Vor- und Nachbereitungszeit etc.) in einem Bundesgesetz ist nur durch Änderung der verfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung möglich. Zu den konkreten Forderungen für den Inhalt dieses Gesetzes führt sie aus, dass bereits seit längerem ein intensiver, konstruktiver Austausch zwischen den Bundesländern und dem Bund sowie weiteren Stakeholdern aus dem Bereich der Elementarpädagogik im Rahmen des Beirats für Elementarpädagogik besteht, bei dem diese wichtigen Themen diskutiert werden.

Die FPÖ setzt sich für eine qualitativ hochwertige elementarpädagogische Betreuung ein, die hauptsächlich in der Verantwortung der Bundesländer und Kommunen liegt. Eine Zentralisierung betrachtet sie nicht als Lösung, sondern eher als Problem. Der Bund sollte den gesetzlichen Rahmen vorgeben und die Finanzierung sicherstellen, sei es über den Finanzausgleich oder über eine 15a-Vereinbarung. Die Umsetzung soll jedoch mit größtmöglicher Autonomie erfolgen. Am Ende sollte es aber egal sein, wer der Träger ist – auch eine elementarpädagogische Betreuung, die ähnlich wie häuslicher Unterricht gestaltet ist, muss möglich und förderfähig sein.

Wir bleiben dran

„Wir werden nach der Nationalratswahl am 29. September die Parteien an ihre Versprechungen erinnern und genau beobachten, welchen Stellenwert die Elementarpädagogik in einem künftigen Regierungsübereinkommen haben wird. Mit weiteren Aktionen ist zu rechnen“, so die Betriebsratsvorsitzende der Wiener Kinderfreunde, Karin Samer.

P.S.: Leider ist bis dato keine Stellungnahme der NEOS bei uns eingegangen.

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