Dienstreisen stehen derzeit im Mittelpunkt der Interessengemeinschaft IG External in der GPA. Wie sieht es aus mit Arbeitszeit, Taggeldern und Arbeitsdruck? Die KOMPETENZ hat darüber mit Kurt Landertshammer, einem erfahrenen Außendienstmitarbeiter, gesprochen.
In vielen Branchen gehören Arbeitseinsätze außerhalb des Betriebes zum beruflichen Alltag der Beschäftigten. Hohe Termindichte, Stress, internationale Sicherheitsfragen, Trennung von der Familie, gesundheitliche Probleme – Dienstreisen sind oft komplex und herausfordernd.
Die IG External, die Interessengemeinschaft für Menschen im Außen- und Mobildienst in der Gewerkschaft GPA, hat eine Umfrage über Dienstreisen durchgeführt. Teilnehmen konnten alle IG-Mitglieder, einschließlich IG Flex, IT, Professional und Social. Mehr als 900 Personen, vorwiegend aus der Industrie, füllten den Fragebogen aus. Die Ergebnisse zeigen zunächst eine relativ hohe Zufriedenheit mit den Dienstreisen, sowohl in Bezug auf Vorbereitung, Organisation und Ausstattung, als auch bei der Bezahlung von Überstunden und der Ersatzruhe. Die Mehrheit der Reisen findet innerhalb Österreichs (62 Prozent) oder in Europa statt und dauert meist zwischen einem Tag und maximal einer Woche.
Zu wünschen übrig lässt allerdings die Unterstützung durch den Arbeitgeber: Ein Drittel der Befragten fühlt sich als „Einzelkämpfer“, ein weiteres Drittel sieht sich im Außendienst mit hohem Erfolgsdruck konfrontiert. Knapp die Hälfte gibt an, nicht ausreichend über regionale Besonderheiten oder arbeitsschutzrechtliche Vorschriften informiert zu sein. Heftig kritisiert wird, dass die Aufwandsentschädigung bei Auslandsreisen häufig nicht den realen Kosten entspricht.
All diese Themen und Fakten wurden bei der diesjährigen Herbsttagung ‚Dienstreisen im Wandel – Mobilität zwischen Innovation und Sicherheit‘ in der Arbeiterkammer Linz ebenfalls ausführlich behandelt und mit den Teilnehmer:innen diskutiert. Neben der Podiumsdiskussion wurde auch ein Referat zur Sicherheit bei Dienstreisen gehalten.
Unterschiede je nach Branchen
Kurt Landertshammer, Ausschussmitglied in der IG External, zeigt sich überrascht darüber, dass sich so viele Mitarbeiter:innen von ihrem Arbeitgeber im Stich gelassen fühlen: „An der Umfrage haben vor allem Beschäftigte in der Industrie teilgenommen. In diesen Branchen sind die Kollektivverträge an sich gut gestaltet“, erklärt Landertshammer, „Doch die Ergebnisse zeigen, wo noch Verbesserungen notwendig sind.“
Landertshammer stammt aus Oberösterreich arbeitet als Application Manager in der Papierindustrie. Seit über 25 Jahren ist er im Außendienst tätig und seine Dienstreisen haben ihn um die ganze Welt geführt. Zwischen 60 und 80 Prozent seiner Arbeitszeit verbringt er auf Reisen, die meist ein bis drei Tage dauern.
Die IG External ist eine Interessengemeinschaft, die die Anliegen von sehr unterschiedlichen Branchen vertritt. Klassische Berufe mit hohem Anteil an Außendienst sind u.a. Service- und Vertriebstechniker:innen, Verkäufer:innen sowie Beschäftigte bei Banken und Versicherungen. „Aber nicht alle haben so gute Kollektivverträge bzw. Rahmenbedingungen für Dienstreisen wie wir in der Industrie. Menschen, die z.B. in der Sozialwirtschaft in der mobilen Pflege und Betreuung arbeiten, sind mit weit größeren Herausforderungen konfrontiert.“
Arbeitszeit
In den Kollektivverträgen der Industrie, berichtet Landertshammer, konnten in den letzten Jahren zum Teil mehrere Verbesserungen bei Dienstreisen erreicht werden. Besonders die Betrachtung von sogenannten aktiven und passiven Reisezeiten brachte mehr Klarheit darüber, was genau wie als Arbeitszeit gilt und was nicht. Passive Reisezeit bezeichnet Zeiten der Anwesenheit abseits des Heimatortes ohne aktive Arbeit, z. B. als Beifahrer:in im Auto oder bei Wartezeiten (z.B. am Flughafen). „Aus meiner Sicht wurden dadurch in der Industrie eine bessere Transparenz und damit auch eine Verbesserung der Rahmenbedingungen erzielt. Dadurch wird besser auf die maximale Arbeitszeit und die Einhaltung der Ruhezeiten, wie etwa der Nachtruhe, geachtet.“
„Bei All-in-Verträgen ist viel Selbstdisziplin notwendig, um die eigene Arbeitszeit im Griff zu behalten. Ich rate daher allen Neueinsteigern, ihre Arbeitszeiten gewissenhaft aufzuzeichnen!“
Kurt Landertshammer, Ausschussmitglied in der IG External
Ein weiteres Thema der Umfrage sind die All-in-Verträge, die in den letzten Jahren auf allen Ebenen zugenommen haben und schnell zu entgrenzter Arbeitszeit führen können. „Ich selbst habe nach wie vor den klassischen Arbeitsvertrag“, erklärt Landertshammer. „Bei All-in-Verträgen ist viel Selbstdisziplin notwendig, um die eigene Arbeitszeit im Griff zu behalten. Ich rate daher allen Neueinsteigern, ihre Arbeitszeiten gewissenhaft aufzuzeichnen!“
Transport und Taggelder
Ein wichtiger Erfolg war die Kampagne der GPA-Interessengemeinschaften zur Erhöhung des Kilometergeldes, die mit Anfang 2025 in Kraft tritt. Nach jahrelangem Tauziehen konnte die Anhebung auf 50 Cent pro gefahrenem Kilometer erreicht werden, was eine deutliche Entlastung für die Arbeitnehmer:innen bedeutet. Viele große Unternehmen stellen auch Pool- oder Leihfahrzeuge (laut Umfrage: über 40 Prozent) oder einen Firmenwagen zur Verfügung.
Die Gewerkschaft GPA hat außerdem die „Fair Travel“-App entwickelt, die im Außendienst zum Einsatz kommen kann. In einigen Branchen wird sie bereits verwendet und sie soll auch in weiteren Industrie-Kollektivverträgen etabliert werden. „Kolleg:innen, die die App bereits nutzen, sind begeistert, sie ist ein tolles Tool, vor allem zur angesprochenen Selbstkontrolle!“, sagt Landertshammer, „Auch in meiner Branche wird sie bald eingesetzt werden können.“
Fair Travel App
Mit der kostenlosen App FAIR TRAVEL, entwickelt von der Gewerkschaft GPA, können alle Etappen einer Dienstreise erfasst und sowohl Arbeitszeit als auch Ausgaben dokumentiert werden. Im Anschluss erstellt die App eine Auswertung: Sie berechnet auf Basis des jeweils gültigen Kollektivvertrags die Ansprüche aus der Dienstreise, sei es in Form von Geld oder Zeit. Zusätzlich bietet die App Infos für Auslandsreisen, wie z.B. aktuelle Reisewarnungen.
In der Umfrage wurde hingegen kritisiert, dass viele Firmen bei Langstreckenflügen keine Business Class mehr buchen. Das verlängert die Reisen, da man am Zielort nicht ausgeruht ankommt. „Leider wird hier oft an der falschen Stelle gespart“, meint Landertshammer. In manchen Betrieben herrscht offenbar immer noch die Vorstellung, dass Dienstreisen eine Art Extra-Urlaub seien. „Durch die zunehmende Arbeitsverdichtung im Außendienst ist die Taktung auf Reisen sehr eng. Von Urlaub kann hier wirklich keine Rede sein.“
Viel Kritik kam auch an den stagnierenden Taggeldern (Diäten) für Auslandsreisen. Diese wurden seit Jahren nicht mehr an die realen Kosten angepasst. Besonders in hochpreisigen Ländern wie der Schweiz oder Skandinavien decken diese nicht einmal die einfachsten Verpflegungskosten. Im Inland werden die Diäten hingegen regelmäßig evaluiert und mit den KV-Verhandlungen angepasst.
Ziele
„In der IG sehen wir uns als Plattform, auf der sich alle austauschen können“, erklärt Landertshammer. „Außerdem möchten wir Informationen und Unterstützung anbieten. Was die Dienstreisen betrifft, gab es vor einigen Jahren schon einen sehr konkreten Vorschlag für einen eigenen Kollektivvertrag im Außendienst, diese Idee wollen wir nun wieder aufgreifen um auch eine gute Verhandlungsgrundlage für Reisethemen bei den KV´s bereitstellen zu können.“ Da in der IG External derzeit vor allem Beschäftigte aus der Industrie und den Versicherungen vertreten sind, soll außerdem der Sozialbereich verstärkt ins Boot geholt werden, denn dort ist der Bedarf an Verbesserungen am dringendsten.
Der Außendienst, so fordert Landertshammer, muss insgesamt wieder attraktiver werden. „Leider höre ich immer wieder von Kolleg:innen, die sich fragen, ob sie diesen Job bis zur Pension durchhalten können. Und der Nachwuchs macht sich rar.“ Neue Mitarbeiter:innen für den Außendienst zu gewinnen ist nicht einfach: „Es wird hohe Flexibilität erwartet, aber junge Mitarbeiter:innen möchten ihre Zeit und Freizeit besser planen können.“
Die ständige Erreichbarkeit durch die Digitalisierung, der Stress in Verkehr und Transport sowie der steigende Arbeitsdruck belasten zusätzlich. Mit der Erhöhung des Kilometergeldes wurde ein erster Meilenstein erreicht. „Nun sollte es darum gehen, faire und klare rechtliche Rahmenbedingungen durchzusetzen, insbesondere in jenen Kollektivverträgen, die den Außendienst bisher unzureichend unterstützen. Aber auch dort, wo die Grundlagen im Kollektivvertrag gut sind, sind Nachbesserungen notwendig.“
„Im Frühjahr 2025 stehen auch Ausschuss-Neuwahlen bei den Interessengemeinschaften an, hier würden wir uns schon jetzt über Interessenten aus allen Branchen freuen“, so das langjährige IG-External Ausschussmitglied Landertshammer.
IG External
Die Interessengemeinschaften in der Gewerkschaft GPA fußen auf der Idee von branchenübergreifenden Anliegen und beruflichen Identitäten. Die IG External vertritt die Anliegen jener Menschen, die oft oder überwiegend außerhalb des Betriebes arbeiten, also Personen mit viel Außendienst, in mobilen Diensten, Montage, Entsendung, Dienstreisen in allen Branchen und Berufen, sowohl regional als auch international.