US Zölle bringen Österreichs Wirtschaft unter Druck

Ein riesiges europäisches Handelsschiff bei der Einfahrt in den Hafen von New York. Geht es nach dem Vorhaben des amerikanischen Präsidenten könnte der Handel zwischen Europa und den USA bald wesentlich eingeschränkt sein.
Foto: Mike Dot – stock.adobe.com

Am 2. April hat Donald Trump weitreichende Zölle für nahezu die gesamte Welt verkündet und seither die bestehende Welthandels-Ordnung auf den Kopf gestellt. Auch die österreichische Wirtschaft ist massiv betroffen.

Zusätzlich zu den bereits zu Beginn dieses Jahres eingerichteten Zölle auf Stahl, Aluminium und Autos sollen diese sogenannten „reziproken“ Zölle für fast alle Produkte und über 60 Länder und Staatenblöcke wie die EU gelten. Das erklärte Ziel ist, Länder, mit denen die USA ein hohes Handelsdefizit aufweisen, für diese als unfair empfundene Handels-Praktik zu bestrafen.

Konsument:innen zahlen

Doch wie wirken Zölle überhaupt und was hat das Handelsdefizit damit zu tun? Ganz einfach gesprochen sind Zölle eine Steuer auf alle Waren und Dienstleistungen, die von einem Land importiert werden. Bezahlt werden diese also von den Konsument:innen bzw. Importeuren im Land, welches die Zölle eingeführt hat, an die eigene Regierung.

Zölle als Bestrafung

Eine direkte Bestrafung für die Staaten, aus denen die Produkte und Dienstleistungen stammen, ist damit noch nicht gegeben. Vielmehr werden alle Dinge, die den Zöllen unterliegen, für die einheimischen Abnehmer:innen teurer. Entweder direkt durch höhere Preise für Konsument:innen, so wie sich das jetzt bereits für viele Produkte im Onlinehandel etwa aus China abzeichnet, oder weil Produzenten höhere Einkaufspreise für Rohstoffe und Vorprodukte zahlen und sich damit die Herstellung verteuert.

Ein Nebeneffekt, der oftmals eintritt, ist, dass selbst heimische Produzenten von ähnlichen Waren die Preise erhöhen, da die Konkurrenz-Produkte teurer werden und so mehr Gewinn erzielt werden kann. Für die exportierenden Staaten stellt sich erst dann ein Effekt ein, wenn aufgrund der höheren Preise weniger der Produkte nachgefragt und in die USA exportiert werden können.

Handelsdefizit

Hier kommt nun auch das Handelsdefizit ins Spiel. Das Handelsdefizit zeigt, wie die exportierten und importierten Waren und Dienstleistungen im Verhältnis zueinanderstehen. Die USA haben als das reichste Land der Welt mit Spezialisierung auf Technologiedienstleistungen und den Finanzsektor mit den meisten Ländern eine negative Handelsbilanz, also importieren Waren und Güter in höherem Wert als sie exportieren. Durch die Globalisierung sind viele Industriebereiche in Länder verlagert worden, wo es entweder mehr Rohstoffe gibt oder günstigere Arbeitskräfte gab.

Die Theorie hinter freiem Welthandel

Die Theorie, die dahintersteckt, ist, dass sich Staaten auf die Produktion von jenen Gütern und Dienstleistungen konzentrieren sollen, in denen sie im Vergleich am besten und produktivsten sind. Wenn sich jedes Land auf die eigenen Stärken fokussiert und miteinander unter wenig Restriktionen gehandelt wird, sollen alle insgesamt besser aussteigen. Dieser Globalisierungs-Push war natürlich für viele betroffenen Sektoren und die Beschäftigten darin ein wirtschaftlicher Ruin, der sich auf ganze Regionen desaströs ausgewirkt hat, worauf auch Donald Trump immer wieder anspielt.

Erhoffte Wirkung mehr als fraglich

Nichtsdestotrotz hat sich die Liberalisierung im Welthandel in den letzten Jahrzehnten durchgesetzt, weswegen in vielen Staaten die Kapazitäten und Infrastruktur zur Ansiedelung von Industrieunternehmen nicht mehr vorhanden ist, und enorme Investitionen und lange Zeit benötigen würde. Das ist auch eine der größten Fehler von Trumps Zoll-Politik. Denn ohne den Aufbau eigener Wirtschaftssektoren für die Produkte auf die Zölle eingehoben werden, wird sich abgesehen von Inflation oder weniger Angebot an Produkten an den Handelsdefiziten nichts ändern.

Was ist für Österreich zu befürchten?

Es gibt viele Gründe, diese vielfach unter falschen Vorzeichen gesetzte Handelspolitik abzulehnen und dennoch sind ihre Auswirkungen auf die Weltwirtschaft und damit auch das wirtschaftlich bereits angeschlagene Österreich ernst zu nehmen. Für die EU wurde der ankündigte Import-Zoll von 20 Prozent auf alle Waren vorerst bis Mitte Juli aufgeschoben, um auf dem Verhandlungstisch eine Einigung zu erzielen.

Exportorientierte Sektoren betroffen

Doch auch die schon aktiven Zölle auf Stahl- und Aluminiumprodukte treffen unsere exportorientierten Wirtschaftssektoren. Das WIFO hat einen BIP-Rückgang von 0,23 Prozent bis 0,33 Prozent-Punkten durch die gesammelten Zölle prognostiziert, was die bereits angespannte Wirtschaftslage verlängern wird.

Selbst wenn durch eine Einigung die Einführung von Zöllen für die EU verhindert werden kann, werden die Auswirkungen anderer Entwicklungen im Zollstreit, wie etwa die Zölle von mittlerweile 145 Prozent auf Importen in die USA von Produkten aus China, auch für uns spürbar sein. Viele Produkte werden dann auf die europäischen Märkte umgeleitet und damit stärkere Konkurrenz für heimische Produzenten bedeuten. Sollte keine Einigung erzielt werden, ist mit Gegenzöllen zu rechnen, deren Auswirkungen sich ebenfalls in höheren Kosten äußern werden.

Begriffe aus der Wirtschaft kurz erklärt

Handelsbilanz
Die Handelsbilanz ist die Differenz zwischen den Exporten und Importen eines Landes. Wenn die Exporte die Importe übersteigen, spricht man von einem Handelsüberschuss. Wenn die Importe die Exporte übersteigen, spricht man von einem Handelsdefizit.

Handelsdefizit
Ein Handelsdefizit tritt auf, wenn ein Land mehr Waren und Dienstleistungen importiert als es exportiert. Das bedeutet, dass das Land mehr Geld für Importe ausgibt, als es durch Exporte einnimmt.

Zölle
Zölle sind Steuern oder Abgaben, die auf importierte Waren erhoben werden. Sie dienen dazu, die heimische Wirtschaft zu schützen, indem sie importierte Waren teurer machen und somit weniger attraktiv für Käufer im Inland.

Reziproke Zölle
Reziproke Zölle sind Zölle, die von den USA als Reaktion auf das Handelsbilanzdefizit gegen über anderen Ländern erhoben werden, um die Handelsbedingungen auszugleichen.

BIP (Bruttoinlandsprodukt)
Das Bruttoinlandsprodukt ist der Gesamtwert aller Waren und Dienstleistungen, die innerhalb eines Landes in einem bestimmten Zeitraum produziert werden. Es ist ein Maß für die wirtschaftliche Leistung eines Landes.

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