
© Johannes Greß
Seit 14 Jahren arbeitet Daniela Gombocz bei den Kinderfreunden Steiermark. Angesichts von Kürzungen und Einsparungen sagt die Betriebsratsvorsitzende: „Ein solches Jahr hatten wir noch nie“.
Daniela Gombocz kommt mit Rollkoffer und Rucksack zum Termin. Zwischen dem dreitätigen Bundesforum der GPA in Wien und der Rückreise nach Graz hat sie Zeit für ein Treffen. Man könnte auch sagen: Gombocz ist eine vielbeschäftigte Frau. Aber zwischen ihren zahlreichen Terminen bleibt auch mal Zeit für einen Kaffee am Wiener Hauptbahnhof.
„Betriebsrat – was ist das?“ antwortete Gombocz damals auf die Frage, ob sie mit auf die Liste des Wahlvorschlags kommen wolle. Als gebürtige Tschechin waren Betriebsräte für sie eine komplett neue Welt. Als Gombocz vor 14 Jahren zu den Kinderfreunden kam, fasste die Organisation um die 60 Mitarbeiter:innen, und das Prinzip betrieblicher Interessensvertretung war ihr noch unbekannt. Mehr aus Pflichtbewusstsein, denn aus Überzeugung, ließ sie sich als Ersatzmitglied auf „die Liste“ setzen. Es dauerte nicht lange, bis sie mit ihrer Rolle warm wurde.
„Soziale Dienstleistungen sind kein Kostenfaktor, sondern eine Investition in Stabilität, Teilhabe und Zukunft.“
Daniela Gombocz
Als einen der ersten frühen Erfolge des Betriebsrats bezeichnet Gombocz, dass sie es schafften, die Kolleg:innen von einer „Betriebsratsumlage“ zu überzeugen. Gombocz tourte durch die Steiermark, von Standort zu Standort, um für die Einführung zu werben. Heute ist die Umlage fester Bestandteil der steierischen Kinderfreunde. Vom Lohnanteil, den sämtliche Beschäftigte abgeben, werden beispielsweise Zuschüsse für Weiterbildungen, den Schulstart der Kinder, für Gesundheit und Sport und vieles mehr für unsere Mitarbeiter:innen geleistet.
Bunte Tätigkeit
Aus den damals zahlenmäßig überschaubaren Kinderfreunden Steiermark ist seither eine Organisation mit rund 300 Mitarbeiter:innen geworden. Im ganzen Bundesland bieten die Kinderfreunde zahlreiche Dienstleistungen für Familien, Kinder und Jugendliche an, u.a. im Rahmen der Nachmittagsbetreuungen, Kinderschutzzentren, Unterkünfte für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, Feriencamps und -betreuung, Kinder- und Jugendhilfe, Besuchsbegleitung und einiges mehr.
Gombocz ist seit acht Jahren Betriebsratsvorsitzende, 24 Wochenstunden ist sie freigestellt, ein paar Stunden pro Wochen arbeitet sie als Springerin in der Nachmittagsbetreuung. Ihre Betriebsratsarbeit beschreibt sie als „bunt“, vielseitig und herausfordernd: Ansprechperson bei Fragen, Problemen und Anliegen der Mitarbeiter:innen, informiere die Belegschaft im Newsletter über Neuerungen, Mitarbeiter:innen zu Gesprächen mit den Vorgesetzten begleiten, Verwaltung des Betriebsratsfond, Betriebsvereinbarungen verhandeln – die Liste ist lang.
Hilfreich sei eine gute Gesprächsbasis mit der Geschäftsführung, die habe sich im Vergleich zu ihrer Anfangszeit enorm verbessert. „Im Endeffekt haben wir alle das gleiche Ziel“, sagt Gombocz: Gute Arbeitsbedingungen für alle Beteiligten. Mittelbar profitieren davon auch die Kinder und Jugendlichen.
„Wer bei Kindern spart, spart im falschen Bereich“
Die Kinderfreunde sind das eine, die Rahmenbedingungen das andere. Die Kürzungen auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene stellen eine große Herausforderung dar. „Ein solches Jahr hatten wir noch nie“, sagt Gombocz. Besonders die Kürzungen im Sozialbereich und die zahlreichen Belastungen für Familien bekommen sie zu spüren. So gingen beispielsweise die Anmeldungen zu den Feriencamps deutlich zurück. „Das ist belastend für alle, für die Geschäftsführung, für uns als Betriebsrat, die Mitarbeiter:innen – und vor allem die Kinder“. Die Kinderfreunde seien hier jedoch kein Einzelfall, anderen Organisationen ergehe es ähnlich. „Wer bei Kindern spart, spart im falschen Bereich“, ärgert sich Gombocz.
Als Reaktion auf die Kürzungspolitik haben sich die Dachverbände mit der GPA zum „Bündnis Soziale Steiermark“ (BSS) zusammengeschlossen. Sie fordern eine „langfristige, faire und zukunftsorientierte Sozialpolitik“. Ihr Ziel ist es, die Bedeutung sozialer Arbeit sichtbar zu machen. „Soziale Dienstleistungen sind kein Kostenfaktor, sondern eine Investition in Stabilität, Teilhabe und Zukunft. Ohne soziale Sicherheit gibt es keine wirtschaftliche Stabilität – und keine Zukunft für die Steiermark“, so die Initiative in einer Aussendung.
Eine weitere Baustelle ist laut Gombocz der föderale Flickenteppich hierzulande. Dass Ausbildungszeiten oder Betreuungsschlüssel in der Steiermark andere sind als in benachbarten Bundesländern, kann sie nicht nachvollziehen. „Hier braucht es einheitliche Gesetze“, fordert Gombocz.
Betriebsratsarbeit als Teamarbeit
Umso wichtiger sei ein ordentlicher KV-Abschluss. Doch der dürfte schwieriger werden denn je. Die Kleine Zeitung schrieb unlängst angesichts der Einsparungen von Bund, Ländern und Gemeinden vom „Hilferuf der sozialen Wirtschaft“. Arbeitgeber:innen wie Arbeitnehmer:innen sind bei den Verhandlungen in der Sozialwirtschaft auf das Wohlwollen der öffentlichen Hand angewiesen, denn die entscheidet übers Budget – und damit indirekt über den Gehaltsabschluss. Gombocz wünscht sich einen guten Abschluss – „das ist eine Frage der Wertschätzung!“. Langfristig brauche es – angesichts psychischer Belastung und Personalmangel – aber die 35 Stundenwoche sowie insgesamt mehr gesellschaftliche Wertschätzung und Anerkennung für ihren Beruf.
Bevor Gombocz Richtung Graz aufbricht, wirft sie einen prüfenden Blick auf ihre Notizen und sagt: „Das Wichtigste ist: Betriebsratsarbeit ist Teamarbeit“. Bei der Vertretung der Interessen der Mitarbeitenden dürfe es keine Alleingänge geben, Entscheidungen müssen gemeinsam getroffen werden. „So, jetzt habe ich alles gesagt.“ Auf nach Graz!
Zur Person
Daniela Gombocz wurde in Pilsen (Tschechien) geboren und lebt in Graz. Die Mutter von zwei erwachsenen Kindern arbeitet seit 2011 bei den Kinderfreunden Steiermark, seit 2017 ist sie Betriebsratsvorsitzende. Sie ist außerdem FSG-AK Kammerrätin.
Die Österreichischen Kinderfreunde gingen aus dem 1908 gegründeten „Arbeiterverein Kinderfreunde“ hervor. Die Kinderfreunde verstehen sich als Interessensvertretung von Kindern und Familien.
