Obwohl nach dem Ende der Verhandlungsgemeinschaft der Metallindustrie durch die Arbeitgeber sechs getrennte KV-Abschlüsse verhandelt werden mussten, konnten die Gewerkschaften alle gleichermaßen erfolgreich abschließen.
Nachdem der größte Fachverband der gesamten Metallindustrie – der Fachverband Maschinenbau und Metallwarenindustrie (FMMI) – die Verhandlungsgemeinschaft verlassen hat, wurde die heurige Metallrunde in sechs getrennten Verhandlungsrunden über die Bühne gebracht. Unterm Strich bleibt ein einheitlicher Kollektivvertrag und völlig gleiche Abschlüsse in allen Bereichen sowie die Frage nach dem Sinn der neuen Struktur.
Bereits im Frühjahr hatte der FMMI das Verlassen der freiwilligen Verhandlungsgemeinschaft auf Arbeitgeberseite bekannt gegeben. Damit wurde trotz Protesten der Gewerkschaften ein getrennter Verhandlungsablauf mit allen Fachverbänden notwendig. Erklärt wurde dieses Vorgehen mit der Notwendigkeit, besser auf spezifische Bedingungen des jeweiligen Bereiches eingehen zu können. Die Verhandlungen mit dem FMMI gestalteten sich dann auch streckenweise sehr schwierig. Die Forderungen der Arbeitgeber – gesonderte Wege bei Lohn- und Gehaltsfindung sowie bei der Arbeitszeitgestaltung zu gehen – wurden von den Gewerkschaften abgelehnt. Nicht weil man sich grundsätzliche gegen die Diskussion über neue Wege versperrt, sondern weil man überhaupt keinen Grund sah, Entwicklungen, die alle Bereiche gleich betreffen, nur mit einem Fachverband zu behandeln.
Gewerkschaften zeigen Stärke
Am 19. Oktober einigten sich die Gewerkschaften PRO-GE und GPA-djp mit dem FMMI nach vier Verhandlungsrunden auf eine Erhöhung der Mindestlöhne und -gehälter zwischen 3,4 und 3,3 Prozent sowie der IST-Löhne und -gehälter um 3,3 bis 3,0 Prozent. Von den zahlreichen rahmenrechtlichen Forderungen der Arbeitgeber wurde keiner einzigen zugestimmt.
Vorangegangen waren der Einigung eine österreichweite BetriebsrätInnenkonferenz mit mehr als 1.000 TeilnehmerInnen und mehr als 300 Betriebsversammlungen. „Dass die Arbeitgeber des FMMI von ihren ursprünglichen Vorhaben, etwa Lohn- und Gehaltsdifferenzierungen innerhalb des Fachverbandes zwischen einzelnen Betrieben vorzunehmen, abrückten, hat sehr viel damit zu tun, dass wir gezeigt haben, dass wir auch unter den Bedingungen getrennter Verhandlungen voll mobilisierungsfähig sind und die Arbeitgeber spürten, dass die Belegschaften in den Betrieben wenig von derartigen Vorgehen halten“, so der Verhandlungsführer der GPA-djp, Karl Proyer.
Einheitlicher KV bleibt
Nach dem Abschluss mit dem FMMI folgten die Fachverbände der Gießereiindustrie, der Fahrzeugindustrie, der Gas- und Wärmeunternehmen, der Nichteisenmetallindustrie und des Bergbau-Stahl in je zwei Verhandlungsrunden mit dem exakt gleichen Abschluss. Damit haben die Gewerkschaften PRO-GE und GPA-djp nach sieben Wochen, mehr als 100 Stunden und insgesamt 14 Verhandlungen mit den sechs Fachverbänden der Metallindustrie am 30. Oktober ihr Ziel eines einheitlichen Kollektivvertrages und eines einheitlichen Lohn- und Gehaltsabschlusses für alle 180.000 Beschäftigten erreicht.
„Es waren zum großen Teil sehr partnerschaftliche Verhandlungsrunden und die Gewerkschaften bekennen sich auch zu einer Partnerschaft, die den Beschäftigten etwas bringt“, erklärten der Vorsitzende der PRO-GE Rainer Wimmer und der stv. Bundesgeschäftsführer der GPA-djp Karl Proyer nach Abschluss der Verhandlungen. Trotzdem kritisieren PRO-GE und GPA-djp weiterhin vehement die Beschlüsse einiger Arbeitgebergruppen zu getrennten Verhandlungen in der Metallindustrie.
„Diese Aufspaltung bleibt ein mutwilliger Bruch mit einer 40-jährigen erfolgreichen Verhandlungsgemeinschaft. Die Sinnhaftigkeit der aufgezwungen Verhandlungsstruktur wird nach sieben Wochen KV-Marathon jeder betroffene Metall-Beschäftigte klar mit ‚Nein‘ beantworten. Ebenso schütteln wohl einige Arbeitgeber die Köpfe über so viel strukturelle Ineffizienz“, geben Wimmer und Proyer zu bedenken.
Rückkehr zu effizienter Struktur
PRO-GE und GPA-djp haben es trotz verändertem und komplizierterem Verhandlungsablauf geschafft, einen deutlichen Reallohn- und gehaltszuwachs zu erreichen. Geltungstermin für den neuen einheitlichen Kollektivvertragsabschluss Metallindustrie ist der 1. November. Die von den Wirtschaftsforschern prognostizierte Jahresinflationsrate für das 2012 liegt derzeit bei 2,4 Prozent. „Das sehr gute Niveau der Lohn- und Gehaltserhöhungen wird in einigen Wochen noch deutlicher werden. Die Stärkung der Kaufkraft für die 180.000 Beschäftigten und die Signalwirkung für andere Branchen werden auch der österreichischen Wirtschaft helfen. Vor allem bei den derzeit durchwachsenen Konjunkturprognosen“, analysiert Proyer.
„Die Industrie und die gesamte Wirtschaft stehen jedoch angesichts der Schuldenkrise in Europa vor riesigen Herausforderungen. Der Einbruch der Wirtschaft in einigen südeuropäischen Ländern wird nicht ohne Folgen für das übrige Europa bleiben. Ob es in einer solch heiklen und angespannten Situation intelligent und verantwortungsvoll ist, eine bewährte Verhandlungsstruktur aufs Spiel zu setzen, darauf soll sich jeder selbst einen Reim machen. Die Gewerkschaften werden jedenfalls alles daran setzen, wieder den bewährten sozialpartnerschaftlichen Weg einer effizienten Verhandlungsführung einzuschlagen“, so Proyer.
Alle Abschlüsse der Metallindustrie
Maschinenbau und Metallwaren (120.000 Beschäftigte): KV-Löhne und Gehälter 3,4 bis 3,3 %, IST-Löhne und Gehälter 3,3 bis 3,0 %
Fahrzeugindustrie (30.000 Beschäftigte): KV-Löhne und Gehälter 3,4 bis 3,3 %, IST-Löhne und Gehälter 3,3 bis 3,0 %
Bergbau-Stahl (17.000 Beschäftigte): KV-Löhne und Gehälter 3,4 bis 3,3 %, IST-Löhne und Gehälter 3,3 bis 3,0 %
Nichteisenmetallindustrie (6.500 Beschäftigte): KV-Löhne und Gehälter 3,4 bis 3,3 %, IST-Löhne und Gehälter 3,3 bis 3,0 %
Gießereiindustrie (7.000 Beschäftigte): KV-Löhne und Gehälter 3,4 bis 3,3 %, IST-Löhne und Gehälter 3,3 bis 3,0 %
Gas- und Wärmeunternehmungen (6.000 Beschäftigte): KV-Löhne und Gehälter 3,4 bis 3,0 %, IST-Löhne und Gehälter 3,3 bis 3,0 %