Arbeitsrecht: Pflegefreistellung

Foto: Fotolia.de, Rido
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Wenn Kinder oder andere nahe Angehörige krank sind, besteht Anspruch auf Pflegefreistellung. Wir erklären, worauf Sie dabei achten müssen.

Die notwendige Betreuung kranker Angehöriger ist ein wichtiger Dienstverhinderungsgrund. Grundsätzlich besteht pro Arbeitsjahr Anspruch auf Pflegefreistellung und Fortzahlung des Entgelts bis zum Höchstausmaß der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit. Das ist in der Regel eine Woche. Oft liegt der Teufel aber im Detail, und so bleiben immer wieder Fragen offen, mit denen die RechtsberaterInnen in unseren Regionen konfrontiert werden.

Krank zu hause

„Was muss ich beachten, wenn mein Kind morgens hoch fiebert und ich nicht zur Arbeit gehen kann?“, lautet eine dieser häufig gestellten Fragen.

Wenn Ihr Kind krank ist, müssen Sie umgehend den Arbeitgeber informieren, dass Sie nicht zur Arbeit kommen können. Anschließend gehen Sie mit dem Kind zum Arzt und lassen sich vom Arzt die Pflegebedürftigkeit bestätigen. So sind Sie auf der sicheren Seite! Verlangt Ihr Arbeitgeber ein kostenpflichtiges ärztliches Attest, muss er die Kosten dafür selbst tragen.

Spitalsaufenthalt

„Mein Kind liegt im Spital und ich möchte bei ihm sein“, fragt die Mutter eines kranken Dreijährigen nach, „aber mein Chef sagt, dass mir keine Freistellung zusteht, weil ich es nicht pflegen muss.“ Hier irrt der Chef. Bei Kindern unter zehn Jahren besteht der Freistellungsanspruch auch bei einem Spitalsaufenthalt. Eltern dürfen ihre Kinder also ins Spital begleiten.

Pflegefreistellung ausgeschöpft

Noch häufiger stellt sich allerdings die folgende Frage: „Was kann ich tun, wenn der Anspruch auf Pflegefreistellung bereits ausgeschöpft und mein Kind erneut krank ist?“ In diesem Fall drängen Arbeitgeber ihre Beschäftigten oft dazu, Urlaub zu nehmen. Urlaub ist aber nicht die einzige Möglichkeit, um länger daheimbleiben zu können und das kranke Kind zu versorgen.

8 Abs. 3 AngG

Für Angestellte bietet § 8 Abs. 3 Angestelltengesetz (AngG) die Möglichkeit, mit Entgeltfortzahlungsanspruch daheimzubleiben. Das bedeutet, Angestellte behalten ihren Anspruch auf Entgelt, wenn sie

  • durch wichtige, ihre Person betreffende Gründe,
  • ohne ihr Verschulden und
  • während verhältnismäßig kurzer Zeit

an der Leistung ihrer Dienste verhindert sind. Man kann davon ausgehen, dass die Betreuung pflegebedürftiger Kinder oder anderer naher Angehöriger ein solcher wichtiger Grund ist. Teils gesetzlich, teils moralisch vorgegeben kommt der Fürsorge im familiären Bereich große Bedeutung zu. Ein krankes Kind oder eine/ein pflegebedürftige/r PartnerIn können nun einmal nicht sich selbst überlassen werden. Bei kleinen Kindern kommt noch die allgemeine Aufsichtspflicht hinzu. Wesentlich ist, dass sonst niemand Geeigneter in Frage kommt, die Pflege zu übernehmen. Der Arbeitgeber kann nicht verlangen, dass Außenstehende, wie etwa BabysitterInnen oder Pflegepersonal die Pflege übernehmen. Wann Pflegebedürftigkeit vorliegt, bestimmt übrigens der behandelnde Arzt. Die Dauer des Entgeltfortzahlungsanspruchs wird mit „während verhältnismäßig kurzer Zeit“ begrenzt, ist also einzelfallbezogen zu beurteilen. Bis zu einer Woche wird in der Regel „verhältnismäßig kurz“ sein. Für ArbeiterInnen gilt im Grunde dasselbe, es sei denn, ihr Kollektivvertrag träfe eine ungünstigere Regelung. Außerdem besteht für erkrankte Kinder unter zwölf Jahren nach Ausschöpfung der einwöchigen Pflegefreistellung im selben Arbeitsjahr eine weitere Woche Freistellungsanspruch, sofern nicht Anspruch auf Entgeltfortzahlung aus anderen Gründen (also z. B. § 8 Abs. 3 AngG oder Kollektivvertrag) besteht.

Schwerkranke Kinder

Eine noch viel dramatischere Situation ergibt sich, wenn man ein schwer erkranktes Kind zu pflegen hat, dessen Betreuung und Versorgung die Grenzen von Pflegefreistellung und § 8 Abs. 3 AngG sprengt. Hier ermöglicht das Urlaubsgesetz, wenn das Kind jünger als zwölf Jahre alt ist, ohne vorherige Vereinbarung mit dem Arbeitgeber – also einseitig – Urlaub anzutreten.

Ein weiteres Szenario in diesem Fall ist, schriftlich eine Herabsetzung oder eine Änderung der Lage der Normalarbeitszeit oder auch eine Freistellung gegen Entfall des Arbeitsentgelts zum Zweck der Begleitung des Kindes zu verlangen. Sie müssen dabei Beginn und Dauer bekanntgeben. Die Dauer der Maßnahme darf zunächst fünf Monate nicht übersteigen. Eine einmalige Verlängerung auf insgesamt maximal neun Monate ist möglich. Seit 1. Juli 2017 gilt außerdem, dass diese Maßnahme auch ein zweites Mal für maximal neun Monate verlangt werden kann, wenn das Kind eine weitere medizinisch notwendige Therapie benötigt. Wenn Sie eine solche Freistellung benötigen, sollten Sie möglichst rasch Kontakt mit unserer Regionalgeschäftsstelle aufnehmen und sich über Vorgehensweise und Fristen beraten lassen.

Checkliste – Was Sie beachten müssen, wenn Ihr Kind krank ist:

  • Informieren Sie bitte umgehend den Arbeitgeber, dass Sie nicht zur Arbeit kommen können, weil Ihr Kind krank ist.
  • Gehen Sie mit dem Kind zum Arzt.
  • Lassen Sie sich vom Arzt die Pflegebedürftigkeit bestätigen.

Pflegefreistellung- Was regelt das Urlaubsgesetz

Das Urlaubsgesetz (UrlG) regelt in § 16 Abs. 1 (Pflegefreistellung), welche Möglichkeiten ArbeitnehmerInnen haben, wenn ein im gemeinsamen Haushalt lebender naher Angehöriger krank ist und Pflege benötigt.

16 Abs. 2 UrlG schließlich gewährt für kranke, im gemeinsamen Haushalt lebende Kinder unter 12 Jahren einen zusätzlichen Pflegefreistellungsanspruch.

Ist das leibliche Kind (Wahl-/Pflegekind) krank, entfällt für den Pflegefreistellungsanspruch die Voraussetzung des gemeinsamen Haushalts. Das bedeutet, dass auch bei getrennt lebenden Eltern beide die Pflege übernehmen können.

Interessant ist, dass laut Urlaubsgesetz auch dann ein Betreuungsfreistellungsanspruch zusteht, wenn das Kind zwar gesund ist, aber die ständige (bzw. zumindest regelmäßige) Betreuungsperson plötzlich ausfällt. Wird also beispielsweise ein Kleinkind von der Großmutter betreut und erkrankt die Großmutter schwer oder muss ins Spital, liegt ebenfalls ein wichtiger Dienstverhinderungsgrund vor und ein Elternteil kann beim Kind zu Hause bleiben.

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