Die Bundesregierung plant einen Totalumbau des sozialen Schutzsystems.
Unter dem Titel „Alles muss sich verändern“ habe ich in meinem vorigen Kommentar die damals vagen Pläne der vorkoalitionären Parteien beleuchtet. Wird das mittlerweile bekannte Regierungsprogramm den Erwartungen vieler ihrer WählerInnen gerecht? Die Schlagworte Globalisierung und Digitalisierung stehen für viele Menschen für Fortschritt und Zukunft. Mitunter erwarten sie sich davon sogar eine Verbesserung ihrer persönlichen Lebensqualität. Dieselben Worte führen zeitgleich bei vielen Menschen zu Verunsicherung – in Bezug auf ihren Arbeitsplatz, ihr gewohntes Umfeld. Und auch Teile dieser Gruppe wünschen sich Veränderung. Dass das kein Widerspruch sein muss, möchte ich im Folgenden diskutieren. „Früher war alles besser“ hat wohl jede/r, wenn auch nur humorvoll, schon mal behauptet.
Darin zeigen sich Sorge und Wertschätzung zugleich. Österreich hat sich über Jahrzehnte hinweg Standards erarbeitet, um die es weltweit beneidet wird. Ein Gesundheits- und Sozialversicherungssystem, das keine privaten Schulden aufgrund von grundlegenden Behandlungen verursacht. Ein hoher Anteil von geförderten Wohnungen und dadurch auch eine Mietpreisbremse am privaten Wohnungsmarkt. Und nicht zuletzt eine Arbeitswelt, die es Arbeitnehmerinnen erlaubt „Mensch zu sein“ – durch Urlaub und Ruhezeiten, bezahlte Karenzen, Absicherung bei Unfall und im Krankheitsfall und vieles mehr.
Das Fundament für unsere hohen Standards wurde in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts errichtet. Man hat darauf aufgebaut, aber auch umgebaut – immer mit Rücksicht auf die wertvolle Substanz. Die Pläne der neuen Bundesregierung gehen über einen Umbau weit hinaus – besonders in der Arbeitswelt. Mit einem 12-Stunden-Tag und einer Schwächung des ArbeitnehmerInnenschutzes reißt man mühselig aufgezogene Schutzmauern für ArbeitnehmerInnen nieder. Der Angriff auf die Selbstverwaltung der Sozialversicherung öffnet Tür und Tor für Entscheidungen, die die Interessen der Versicherten außen vor lassen. Eine Kürzung der Mittel der Arbeiterkammer bedeutet einerseits weniger Leistungen für die ArbeitnehmerInnen, und andererseits den Versuch, die Gewerkschaften zugunsten der Arbeitgeber zu schwächen. Der Ruf nach Veränderung war keiner nach Abbau, sondern nach Schutz unserer hohen Standards! Denn es ist möglich: Globalisierung und Digitalisierung können zum Vorteil aller genutzt werden – sofern die Regierung das will.
Die GPA-djp wird die Baupläne der neuen Bundesregierung genau beobachten. Und wenn anstelle eines bedachten Sanierungsplans eine Abrissbirne herbeigeschafft wird, werden wir uns dagegen zu wehren wissen – mit allen gewerkschaftlichen Mitteln.