Der Onlinehandel ist heute fixer Bestandteil des Einkaufsverhaltens einer Mehrheit der ÖsterreicherInnen. Mit dem Aufstieg von Amazon, Zalando und Co. tauchen aber auch neue Probleme und Sorgen auf. Der Kompetenz-Faktencheck verschafft dir einen Überblick.
Was wird in Österreich online gekauft?
Mit Abstand am meisten genießen die ÖsterreicherInnen den Onlinekauf von Kleidung und Sportartikeln. Ganze 67 Prozent der Bevölkerung nutzen hier die offensichtlichen Vorteile: direkte Lieferung nach Hause, schnell daheim anprobieren, wenn etwas nicht gefällt oder nicht passt, wird der Artikel wieder zurückgeschickt. Dank EU-weiten Widerrufsrecht alles kein Problem.
Bei anderen Produkten wird das Onlineangebot weniger intensiv wahrgenommen. Nur 40 Prozent der ÖsterreicherInnen kaufen Haushaltsgüter wie etwa Möbel oder Spielzeug online. Hierbei herrscht noch reges Interesse, das Regal oder die Spielzeugeisenbahn in natura zu betrachten und zu testen. Auch bei Produkten des täglichen Einkaufs, wie etwa bei Lebensmitteln bleibt der Onlinehandel ein Nischenphänomen bzw. Ergänzung zum stationären Einkauf. Nur in etwa jedeR Fünfte gibt an, Güter des täglichen Bedarfs online zu kaufen.
Wer kauft online und wer bevorzugt das Geschäft?
Der Onlinehandel ist besonders bei jungen Menschen sehr populär. 80 Prozent der 16-24-Jährigen kauft im Internet ein. Mit steigendem Alter wird der Prozentsatz immer weniger. Jüngere Menschen, die Computer und Internet bereits in den Kinderschuhen kennenlernten (sogenannte Digital Natives) haben hier einen natürlichen Vorteil. Dennoch bestellt auch bereits fast jedeR Vierte der 65- bis 74-jährigen Produkte im Internet. Der Onlinehandel ist Bestandteil des österreichischen Kaufverhaltens geworden: Im Durchschnitt nutzten 60 Prozent der Bevölkerung das Internet für den Einkauf.
Wie viel macht der Onlinehandel am Gesamthandel aus?
Der Onlinehandel hat in letzten 13 Jahren deutlich zugenommen. So gaben die ÖsterreicherInnen 2006 noch 1,5 Milliarden Euro beim Onlineshopping aus. Ein vergrößertes Angebot und eine flächendeckende Infrastruktur führten dazu, dass sich dieser Wert bis heute fast verfünffacht hat auf über sieben Milliarden Euro. Im Gegensatz hierzu lag der Umsatz des Einzelhandels bei in etwa 60 Milliarden. Das Verhältnis zeigt, dass der Onlinehandel zwar nicht mehr wegzudenken ist, aber der stationäre Handel von wesentlicher Bedeutung bleibt und fast 10-mal so viel Umsatz generiert.
Wird der Onlinehandel den üblichen stationären Handel verdrängen?
Der Onlinehandel ist in den letzten 15 Jahren rasant gewachsen. Haben 2003 nur 11 Prozent der ÖsterreicherInnen online eingekauft, waren es 2007 bereits 36 Prozent; heute sind es in etwa 60 Prozent der Bevölkerung. Diese Zunahme war besonders anfangs stark, seit 2015 kann man aber eine gewisse Abkühlung feststellen. 2015 haben bereits 57 Prozent der Bevölkerung das Internet für den Einkauf genutzt, woran sich erkennen lässt, dass sich die Nutzung des Onlinehandels bei etwas über der 60 Prozent-Marke langsam einpendelt. Der stationäre Handel bietet einfach Vorteile gegenüber dem Onlinehandel, weshalb gewisse Einkäufe weiterhin lieber im Geschäft erledigt werden. Sei es die fachliche Beratung bei Elektrogeräten oder die gewonnene Spontanität über die Abendessensentscheidung beim Einkauf im Einzelhandel. In gewissen Branchen werden höhere Onlinequoten kaum erreichbar sein.
Und wie sieht die Zukunft aus?
Die Prognosen für die Zukunft legen nahe, dass es nicht unbedingt zur Konkurrenz zwischen Onlinehandel und stationärem Handel kommen muss. Ein attraktives Angebot für KonsumentInnen könnte es sein, wenn der stationäre Handel zusätzlich die Vorteile der Digitalisierung nutzt. So können Produkte online bestellt und bezahlt werden, aber die Abholung, Service und Beratung geschieht weiterhin vor Ort. Der stationäre Handel hat zudem Vorteile, die der Onlinehandel kaum aufwiegen kann: Sei es, wenn KundInnen ein sperriges Möbelstück in real ansehen und ausprobieren können oder sie fachlich korrekt eingewiesen werden. Auf diese Weise werden die Vorteile beider Welten genützt und das Angebot für KonsumentInnen erweitert.
Zahlen die großen Konzerne Steuern?
Ein großes Problem mit den Onlinegiganten bleibt aber bestehen: die Steuergerechtigkeit. Unternehmen wie Amazon betreiben weiterhin Steuervermeidung im ganz großen Stil. Europaweit wird geschätzt, dass sich die großen Onlinehandelshäuser um 14 Prozent der Mehrwertsteuer drücken. Durchschnittlich zahlen klassische Unternehmen 23 Prozent an Steuern, wohingegen die Onlinewirtschaft nur neun Prozent abliefert. Eine aktuell wieder europaweit diskutierte und von der GPA-djp schon längst geforderte Digitalsteuer könnte hier einen Beitrag zur notwendigen Fairness schaffen. Onlinehandel und stationärer Handel sind heute wichtig und beliebt, aber es braucht auch gerechte Voraussetzungen, mit denen alle ihren fairen Beitrag leisten.
Wie sind die Arbeitsbedingungen bei den großen Onlinehändlern?
Die großen Onlinegiganten, allen voran Amazon, machen international immer wieder Negativschlagzeilen wegen der schlechten Arbeitsbedingungen. So zeigten bereits einige Medienberichte die zum Teil menschenunwürdigen Bedingungen auf, denen die MitarbeiterInnen in den Logistikzentren in Großbritannien, Deutschland oder Polen ausgesetzt sind. Seit Oktober 2018 gibt es nun auch in Österreich einen Amazon-Standort. Die Beschäftigten, die großteils über eine Leiharbeitsfirma beschäftigt sind, berichten von Überwachung, Disziplinierungsmaßnahmen und erniedrigenden Vorschriften und Arbeitsverdichtung. Die GPA-djp fordert eine angemessene und respektvolle Behandlung der Beschäftigten durch Amazon, ein Ende der Überwachung von Beschäftigten durch Amazon und eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen.