Der Betriebsratsvorsitzende der AUA, René Pfister, will Personal und Know-How im Konzern halten um nach Ende der Pandemie rasch wieder flugbereit zu sein. Eine fundierte Lehrlingsausbildung hält er für essenziell. In der aktuellen Krise tut er sich bei der Vernetzung mit KollegInnen schwerer als sonst.
René Pfister ist den Austrian Airlines vom Start seines Berufslebens an verbunden. Mit 15 Jahren begann der Steirer eine Lehre als Elektromechaniker für Schwachstrom beim heimischen Luftfahrtunternehmen, mittlerweile ist er zum höchsten Belegschaftsvertreter avanciert. Konstant blieb dabei seine Begeisterung für die Technik ebenso wie für die Anliegen und Bedürfnisse der Menschen.
Der junge Mann stieg, nach der Pflichtschule und einem Jahr in der HTL für Elektrotechnik, in die Lehrlingsausbildung bei Austrian Airlines ein, in der er sich weitere Grundlagen aneignete. Später bildete er sich im Bereich Mechatronik weiter und absolvierte auch eine kaufmännische Ausbildung. In seiner Funktion als Jugendvertrauensrat kam er erstmals mit Vertretungstätigkeiten in Berührung: „Es hat einfach Spaß gemacht, Ansprüche oder Rechte für die Menschen einzufordern und konkrete Verbesserungen dann auch umzusetzen. Das Tolle daran: Es hat gut funktioniert!“
„Es hat einfach Spaß gemacht, Ansprüche oder Rechte für die Menschen einzufordern und konkrete Verbesserungen dann auch umzusetzen. Das Tolle daran: Es hat gut funktioniert!“
Rene Pfister
Mit Mut und Enthusiasmus vertrat Pfister fortan die Interessen seiner jugendlichen Kollegen in der AUA. In mehr als 10 Jahren als Bundesjugendvorsitzender der GPA vertiefte er sich in arbeits- und sozialrechtliche Grundlagen und wuchs in seine Rolle als kompetenter Belegschaftsvertreter hinein. Weil der Lehrberuf im Unternehmen, das mehr als 20 Jahre lang keine Lehrlinge mehr ausgebildet hatte, aus Sicht von Pfister damals „stiefmütterlich behandelt wurde“ gab es großen Gestaltungs- und Reformbedarf. 2006 stieg Pfister als Jugendvertreter in den erweiterten Betriebsrat auf und war treibende Kraft für Umstrukturierungen und Verbesserungen in der Lehrwerkstätte, in der er selbst ausgebildet wurde.
Einfach eine tolle Tätigkeit
Rasch stieg Pfister in eine Führungsrolle auf und baute die kaufmännische Ausbildung in der Werkstätte auf, ehe er 2011 zu deren Leiter befördert wurde. Der Gewerkschafter war maßgeblich daran beteiligt, die Lehrlingsausbildung im Unternehmen weiter zu entwickeln und auszubauen. Für den heute 38-Jährigen war das „einfach eine tolle Tätigkeit. Ich hatte hauptsächlich mit jungen Leuten zu tun, war nahe an den KollegInnen dran und bekam ihre Probleme hautnah mit.“ Pfister kümmerte sich um Urlaubsvergaben, Arbeitszeiten, korrekte Urlaubsabrechnungen und unterstützte KollegInnen bei Umstufungen im Kollektivvertrag.
Unter Pfisters Ägide wurden die Anliegen der Jugend im Betriebsrat mehr und mehr gehört. Als besonderen Erfolg kann er verbuchen, dass der Jugendvertrauensrat als fixer Teil des Betriebsrates fortan bei den KV-Runden mit am Tisch sitzen durfte. Die Schaffung einer eigenen Lehrwerkstätte sieht er als Meilenstein: „Der Lehrberuf Luftfahrzeugtechniker war völlig neu, wir haben ihn entwickelt und damit jungen Leuten eine zusätzliche spannende Berufsperspektive in einem international tätigen Unternehmen eröffnet.“
Die Lehrlingsausbildung, die Pfister bis 2020 geleitet hat, liegt ihm nach wie vor am Herzen, sie ist mittlerweile ein essentieller Teil der Unternehmenskultur geworden. „Wir bieten eine fundierte Ausbildung an und sind in diesem Bereich sehr gut aufgestellt – das bringt einen klaren Wettbewerbsvorteil.“
Überzeugungsarbeit ist essentiell
Seit 2008 fungiert Pfister als Betriebsrat, den Vorsitz des Gremiums hat er seit genau einem Jahr inne und vertritt aktuell rund 3.000 Angestellte im kaufmännischen und technischen Bereich. Das ist fast die Hälfte der gesamten AUA Belegschaft von insgesamt 6.500 Beschäftigten. Bei der Umsetzung wichtiger Belegschafts-Anliegen setzt Pfister auf offene Kommunikation und Zusammenarbeit, die erforderliche Unterstützung seitens des Betriebsratsgremiums sei immer da gewesen.
„Die gesamte Mannschaft war in diesen schweren Monaten für die Flugbranche weltweit mit vollem Elan dabei!“
Rene Pfister
Vor wichtigen Veränderungen haben Pfister und seine KollegInnen mit umfassender Überzeugungsarbeit das Feld gut aufbereitet: „Die gesamte Mannschaft war in diesen schweren Monaten für die Flugbranche weltweit mit vollem Elan dabei!“
Die Zusammenarbeit mit der Geschäftsführung sieht Pfister pragmatisch: „Jeder vertritt seine Interessen, im Großen und Ganzen haben wir eine recht offene Gesprächsbasis. Man spürt, alle wollen gemeinsam etwas weiterbringen.“
„Am 27. Februar 2020 wurde ich zum Vorsitzenden des Betriebsrates gewählt, ab 4. März haben wir bereits über die Kurzarbeit verhandelt.“
Rene Pfister
Durch die Covid-19-bedingte Krise der Luftfahrt sind die Rahmenbedingungen deutlich schwieriger geworden, Pfister wurde buchstäblich ins kalte Wasser geworfen. „Am 27. Februar 2020 wurde ich zum Vorsitzenden des Betriebsrates gewählt, ab 4. März haben wir bereits über die Kurzarbeit verhandelt.“
Kurzarbeit als Absicherung
Geduld und Durchhaltevermögen sind sowohl in den zahlreichen Verhandlungen als auch bei der Umsetzung der Maßnahmen gefragt. „Es waren lange und zähe Gesprächsrunden, eine riesige Herausforderung für uns, gemeinsam mit der GPA haben wir ein Paket geschnürt, das unsere Angestellten durch die Kurzarbeit absichert, aber gleichzeitig langes Sparen nach sich zieht.“ Aktuell sind alle Beschäftigten in Kurzarbeit, eine Rückkehr zum alten System ist erst Anfang 2025 vorgesehen. „Wir haben Parameter festgelegt, die alle sechs Monate gemeinsam einer neuen Bewertung unterzogen werden. Wenn es Veränderungen gibt, können Details neu ausgemacht werden“, erklärt Pfister.
Aktuell bringen die Angestellten im Schnitt 33 Prozent Arbeitsleistung, ein großer Teil, vor allem im administrativen Bereich, ist auf 10 Prozent minimiert. „Wir haben ein gewisses Tagesgeschäft abzufliegen, wir liegen bei 12-13 Prozent vom normalen Betrieb.“
Viele Details und unangenehme Parameter – wie beispielsweise einen langen Verzicht auf das Ist-Gehalt für alle Beschäftigten – haben Pfister und sein Team der Belegschaft in zahllosen Einzelgesprächen und schließlich in einer Urabstimmung erklärt und auch um Verständnis für die harten Maßnahmen geworben. Schließlich haben über 90 Prozent der KollegInnen zugestimmt: „Aktuell leben wir den extrem schwierigen Spagat zwischen Einsparungen und dem Erhalt möglichst vieler Arbeitsplätze. Kündigungen waren für uns keine Option und machen bei derart spezialisierten Tätigkeiten auch keinen Sinn.“
Fachwissen und Kompetenzen müssen erhalten bleiben
Oberstes Ziel des Betriebsrates in der Krise sei es „Know-How und Personal zu halten. Ein Beispiel: Die Ausbildung zum Luftfahrtzeugtechniker dauert – bis zur vollen Zertifizierung – sieben bis acht Jahre. Die Aufgabenbereiche sind komplex, es geht um die Wartung und Instandhaltung der gesamten Flugzeugflotte – angefangen von der Kaffeemaschine bis hin zum Triebwerk.“
Wichtig sei es, eine startbereite Flugflotte zu haben, sobald es Lockerungen gibt und die Reisebereitschaft der Menschen wieder steigt: „Wir dürfen die Belegschaft nicht zu großflächig abbauen, sonst könnten wir beim erneuten Hochfahren des Betriebes gravierende Probleme bekommen.“ In der Krise zeige sich deutlich, wie wichtig eine nationale Fluglinie sei: „Wir haben nicht nur viele ÖsterreicherInnen gut nachhause gebracht, immer noch transportieren wir mehrmals wöchentlich diverse Materialien wie Schutzanzüge, Masken, Handschuhe oder Sicherheitsschuhe für medizinisches Personal aus China zu uns und leisten somit als österreichischer Flag-Carrierer einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung der Corona-Krise.“
„Desk-Sharing Konzepte im kaufmännisch-technischen Bereich verursachen bei vielen KollegInnen das Gefühl, dass ihr Arbeitsplatz still und heimlich weggeräumt wird.“
Rene Pfister
Die Stimmung unter der Belegschaft beschreibt der Gewerkschafter als teilweise angespannt, viele MitarbeiterInnen seien sehr verunsichert: „Desk-Sharing Konzepte im kaufmännisch-technischen Bereich verursachen bei vielen KollegInnen das Gefühl, dass ihr Arbeitsplatz still und heimlich weggeräumt wird.“ Das Unternehmen bemühe sich zwar, akzeptable Home-Office Lösungen anzubieten, alle MitarbeiterInnen würden sich dabei aber nicht absolut wohl fühlen. „Viele KollegInnen haben nicht den Platz oder die Ruhe um von zuhause aus zu arbeiten“, spricht sich Pfister gegen eine zu offensive Stornierung von Office-Flächen am Flughafen aus.
Vernetzung ist schwieriger geworden
Die betriebsrätliche Arbeit kommt in der Krise schwerer in die Gänge als sonst. „Der Kontakt zu den KollegInnen ist stark eingeschränkt, es sind keine Betriebsversammlungen vor Ort möglich“, beklagt Pfister. Trotzdem versucht er mit seinem Team durch Rundgänge in allen Bereichen für die KollegInnen Vorort persönlich ansprechbar zu sein. Der Gewerkschafter wird in den nächsten Monaten alles daransetzen, weiterhin möglichst viele Arbeitsplätze zu sichern: „Wir müssen Kapazitäten erhalten um gerüstet zu sein, sobald die Leute wieder reisen wollen und können. Wenn es losgeht, wollen wir startbereit sein!“
Zur Person:
René Pfister wurde 1982 in Graz geboren. Von 2013 bis 2018 war er Mitglied des Bundesrates, seit 2018 ist er Abgeordneter im NÖ-Landtag. Pfister war von 1999 bis 2003 Jugendvertrauensrat und von 2003 bis September 2011 Bundesjugendvorsitzender der GPA. Er lebt in St. Pölten. In seiner Freizeit spielt Pfister gerne Trompete in der Blaskapelle, geht wandern, laufen und Fußballspielen oder erholt sich beim Sporteln in der Natur.