Frankreich: Macron erneut zum Staatspräsidenten gewählt

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Der amtierende Präsident Macron gewinnt die Stichwahl gegen die rechtsextreme Herausforderin. Die französischen Gewerkschaften kämpfen weiterhin für sozialen Fortschritt.

Der amtierende französische Staatspräsident Emmanuel Macron ging bereits im ersten Wahlgang am 10. April als stärkster Kandidat mit knapp 28 Prozent hervor. In der Stichwahl am 24. April konnte sich der liberale Amtsinhaber mit vorläufig 58,5 Prozent gegen die rechtsextreme Herausforderin Marine Le Pen mit 41,5 Prozent durchsetzen und steht nun vor seiner zweiten und gleichzeitig letzten Amtszeit als französischer Staatspräsident.

Erster Wahlgang: Konservative und sozialistische KandidatInnen völlig chancenlos

Bereits nach dem ersten Wahlgang am 10. April 2022 hat sich die weitere Erosion der beiden traditionsreichen französischen Parteien auf nationaler Ebene verdeutlicht. Die konservative Kandidatin Pecresse erhielt knapp fünf Prozent, die sozialistische Kandidatin Hidalgo lediglich knapp zwei Prozent der Stimmen. Hinter Präsident Macron (28 Prozent) und Le Pen (23 Prozent) vereinte der Linkspolitiker Melenchon 22 Prozent der Stimmen hinter sich, gefolgt vom ultrarechten Kandidaten Zemmour, der 7 Prozent der Stimmen erhielt.

Wahlkampf fand auch wegen Ukraine Krieg nur eingeschränkt statt

Präsident Macron hat seine erneute Kandidatur für das Amt des Staatspräsidenten erst Anfang März offiziell verlautbart und damit einen ohnehin kurzen Wahlkampf in Aussicht gestellt.

Der Krieg gegen die Ukraine und die exponierte Rolle Frankreichs innerhalb der EU aufgrund der Ratspräsidentschaft haben die Wahlkampfaktivitäten weiter eingeschränkt. Macron konnte diese Ausgangslage gut für seinen „Nicht-Wahlkampf“ nutzen und legte in den Umfragen insbesondere seit der russischen Invasion in der Ukraine zu. Der Präsident absolvierte nur wenig öffentliche Auftritte und vermied Konfrontationen mit seinen KontrahentInnen weitgehend.

Macrons Wahlprogramm: Fortsetzung der Arbeitsmarktreform und Senkungen von Unternehmenssteuern

Der Präsident hat in seinem Wahlprogramm angekündigt, Frankreichs Souveränität und insbesondere die Wirtschaft des Landes stärken zu wollen. Konkret soll dies durch die Forstsetzung seiner Arbeitsmarktreform von 2017 geschehen, wodurch die Liberalisierung des französischen Arbeitsmarktes weiter vorangetrieben werden wird. Bis 2027 erhofft sich der Präsident dadurch Vollbeschäftigung, bei einer Arbeitslosenquote von derzeit ca. 8 Prozent.

Macrons Programm beinhaltet auch weitere Senkungen von Unternehmenssteuern.

Ein Investitionsplan von mehr als 30 Milliarden Euro für Forschung und Entwicklung soll ebenfalls verabschiedet werden. Der bereits vor seiner ersten Amtszeit in Aussicht gestellte Staatsschuldenabbau (ca. 116 Prozent des Bruttoinlandsproduktes) wird unterdessen aufgeschoben. Ein auf 50 Jahre gestrecktes Programm soll Frankreichs Verpflichtungen schrittweise reduzieren. Die jährliche Neuverschuldung soll bereits in fünf Jahren unter die 3-Prozent-Marke rutschen.

Pensionsreform und Investitionen in Gesundheits- und Pflegebereich

Macron hat auch Maßnahmen in der Sozial- und Gesundheitspolitik angekündigt. So sollen alleinstehende Mütter künftig eine besser finanzielle Unterstützung erhalten. Ein Existenzminimum für alle BürgerInnen von monatlich 1000 Euro wird ebenfalls in Aussicht gestellt. Dem gegenüber stehen weitere Begünstigungen bei der Erbschaftssteuer. Das Pensionsantrittsalter soll in Frankreich auf 65 Jahre angehoben werden, der Mindestbezug auf 1100 Euro monatlich steigen.

In seinem Programm spricht der Präsident auch davon, mehrere Milliarden in modernere Krankenhäuser und den flächendeckenden Ausbau der medizinischen Versorgung investieren zu wollen. 50 000 neue Pflegekräfte sollen darüber hinaus angestellt werden. Auch dem Bildungssystem werden zusätzliche Finanzmittel versprochen.

Rechtsextreme Kandidatin Marine Le Pen: Frankreich zuerst!

Macrons geschlagene Herausforderin in der Stichwahl, die rechtsextreme Marine Le Pen, hat sich in diesem Wahlkampf deutlich „milder“ präsentiert und in ihrem Programm Angebote an die klassisch rechte WählerInnenschaft aber auch an LinkswählerInnen gemacht. Im Vergleich zu vorherigen Wahlkämpfen forderte Le Pen offiziell zwar keinen Austritt aus EU und Euro mehr, einzelne Vorhaben ihres Programmes wären jedoch in starkem Widerspruch zu den europäischen Verträgen als auch zur französischen Verfassung gestanden.

Ihr wirtschaftspolitisch protektionistischer Zugang sieht beispielsweise Importzölle für Produkte aus dem EU-Inland vor, für öffentliche Ausschreibungen sollten nur mehr französische Unternehmen Angebote einreichen dürfen. Bei Sozialleistungen, Wohnungs- aber auch Jobvergaben wären laut Le Pen französische Staatsbürger durch eine sogenannte „Nationalpräferenz“ gegenüber MigrantInnen zu bevorzugen. Einwanderermilieus hätte es künftig auch untersagt werden sollen, ihre Kultur und ihre Religion auszuleben.

Stärkung der Kaufkraft und sozialpolitische Maßnahmen auf Kosten von MigrantInnen

Le Pen sprach sich aber auch für steuerliche Entlastungen aus, um die Kaufkraft zu stärken. Die Mehrwertsteuer auf Energieprodukte wie Strom, Gas und Heizöl hätte von 20 auf 5,5 Prozent gesenkt werden sollen. Gänzliche Mehrwertsteuerfreiheit wäre für essenzielle Güter des täglichen Bedarfes vorgesehen gewesen.

Insgesamt hat sich Le Pen in ihrem Wahlprogramm stärker an sozialpolitischen Themen orientiert und im Vergleich zu Macron den Pensionsantritt mit 60 bis 62 Jahren in Aussicht gestellt. Darüber hinaus hat sie beispielsweise auch vermehrt Gleichstellungsfragen thematisiert. Viele der sozialpolitischen Maßnahmen sollten jedoch nur französischen StaatsbürgerInnen gelten. Die Finanzierung dieser Leistungen wäre vielfach durch Streichungen von Sozialleistungen für MigrantInnen erfolgt.

Französische Gewerkschaften: Keine Stimme aus der Welt der Arbeit für die extreme Rechte – Sozialer Fortschritt als einziges Ziel

Die Gewerkschaftsbünde CGT (kommunistisch) und CFDT (sozialdemokratisch) verweisen in ihren Stellungnahmen zur Wahl auf die Alltagsprobleme der arbeitenden Menschen. Insbesondere die Teuerungswelle führt bei den Beschäftigten zu enormen finanziellen Einbußen. In den Wahlauseinandersetzungen wurden diese Herausforderungen insgesamt viel zu wenig thematisiert. Dies wird insbesondere mit Blick auf den NichtwählerInnenanteil deutlich. Knapp 28 Prozent der FranzösInnen haben ihre Stimme bei den beiden Wahlgängen gar nicht erst abgegeben, weil für sie durch keine der KandidatInnen eine Verbesserung der Lebensumstände absehbar war.

Für die Gewerkschaften hat Macrons Politik des sozialen Rückschritts der letzten Jahre die extreme Rechte weiter befeuert. Die Regierung hat die Zerstörung öffentlicher Dienste vorangetrieben, systematisch die Rechte von Reichen verteidigt, anstatt das Gemeinwohl und den Kampf gegen die globale Erderwärmung in den Vordergrund zu stellen. Die Nichtbeachtung der legitimen sozialen Forderungen von Beschäftigten nach Lohn- und Pensionserhöhungen war folgenschwer. Das starke Abschneiden der extremen Rechten beruht auf der sozialen Verzweiflung vieler FranzösInnen und befördert die Spaltung der Menschen weiter. Aus gewerkschaftlicher Sicht ist hingegen klar: Die Programme der extremen Rechten laufen den Interessen der Beschäftigten jedenfalls zuwider.

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