Mobbing ab dem ersten Arbeitstag: Kein Konzern von Welt

Bei Veranstaltungen bildeten sich Grüppchen, die über Pamela tuschelten. Auf einem Betriebsausflug wurden alle Mitarbeiter:innen der Abteilung im selben Hotel untergebracht, nur Pamela musste sich mit einer anderen Unterkunft zufrieden geben.

Beschämendes Verhalten und heftige Diskriminierung musste sich eine Angestellte eines Weltkonzerns bieten lassen – die GPA Salzburg hat der Frau zu ihrem Recht verholfen. Dafür war ein langer Atem und Einfühlungsvermögen nötig.

Pamela hat sich riesig auf die neue Herausforderung gefreut. Sie startete ihren neuen Job im Außendienst eines im Gesundheitswesen tätigen Weltkonzerns. Gute Verdienstmöglichkeiten für Fleißige und eine gute Perspektive auf baldigen Aufstieg – so hieß es. Doch die Realität gestaltete sich weniger beeindruckend. Bereits während der ersten Arbeitstage wurde Pamela gemobbt und fühlte sich nicht wohl.

„Als fesche und intelligente Frau Anfang 40 weckte sie wohl den Neid vieler Kolleginnen“, berichtet GPA-Regionalsekretärin Christina Fricke-Becker, die auch stellvertretende Geschäftsleiterin der Landesstelle Salzburg ist. Den Fall der am Arbeitsumfeld verzweifelten Angestellten betreut die GPA-Expertin seit Ende April, sie hat ihn von einer Kollegin übernommen, die in Pension ging. An Aufgaben mangelt es Fricke-Becker also kaum, als Regionalsekretärin betreut sie rund 65 Betriebe im Raum Salzburg.

Keine Prise Kollegialität

Der Neiddiskurs hat mit „komischen Witzchen“ begonnen. Ein Foto der neuen Mitarbeiterin wurde als Portrait in Übergröße in das Abteilungsintranet hochgeladen – ein diskriminierender Akt. Ein besserer Firmenwagen für die Außendienst-Kollegin als ihn andere Mitarbeiter:innen bekamen, beförderte die Missgunst auf ein neues Niveau. Über Monate hinweg musste sich Pamela anhören, weshalb ausgerechnet ihr dieses gute Auto zugeteilt wurde. Ihr, der Ausländerin mit der anderen Hautfarbe! Weshalb gerade sie überhaupt diese Stellung bekommen hatte, obwohl sich doch auch gebürtige Österreicher:innen beworben hatten.

Bei Veranstaltungen bildeten sich Grüppchen, die über Pamela tuschelten. Auf einem Betriebsausflug wurden alle Mitarbeiter:innen der Abteilung im selben Hotel untergebracht, nur Pamela musste sich mit einer anderen Unterkunft zufrieden geben.

Nach rund einem Jahr hatte Pamela, die als Alleinerzieherin für sich und ihr Kind sorgt, einfach genug – Anfang Februar 2024 nahm sie Kontakt mit der Gleichbehandlungsanwaltschaft auf und erzählte ihre Geschichte. Der Frau mit afrikanischen Wurzeln wurde empfohlen, ihre Vorgesetzten auf Diskriminierung und Mobbing anzusprechen. Pamela nutzte dazu ein Jahresgespräch mit der Geschäftsleitung, doch leider ohne Erfolg. Daraufhin setzte sie sich mit der GPA in Verbindung, ein erstes Schreiben an den Betrieb wurde verfasst. Als Lösung wurde ein Gespräch im internationalen Konzern vorgeschlagen. Eine Farce: Ein Mitarbeiter der Human-Ressources-Abteilung ermutigte Pamela, einfach selbst zu kündigen und damit „das Problem zu lösen“. Psychische und physische Schmerzen und der Weg in den Krankenstand waren die Folge.

Die ersten Kontaktversuche der GPA mit dem weltweit bekannten Unternehmen wurden, höflich formuliert, ignoriert. „In einer ersten Reaktion wurde uns dann mitgeteilt, dass es sich eben um einen ‚Weltkonzern‘ handelt und es deshalb zu gar keinen Diskriminierungen kommen würde“, ist GPA-Expertin Christina Fricke-Becker erstaunt und empört. Im folgenden Schriftverkehr redete sich die österreichische Geschäftsführung darauf heraus, den Fall nicht klären zu können, da sich Pamela im Krankenstand befunden habe. Die Kontaktaufnahme wäre deswegen nicht möglich gewesen.

Arroganz statt Anstand

„Tatsächlich zeigte das Unternehmen arrogantes Verhalten“, weiß GPA-Expertin Fricke-Becker. Dass sie etwa in derselben Abteilung auch eine Frau mit Kopftuch beschäftigen würden, lies die Firma wissen – was der Philosophie des Weltkonzerns nach ja eine Diskriminierung quasi verunmöglichen würde. Allerdings stellte sich auch heraus: Die erwähnte Mitarbeiterin ist ausschließlich im Home-Office tätig, denn sie fühlt sich in der Abteilung nicht wohl.

Nach einigen Wochen wurde der Fall von der österreichischen Geschäftsführung an die Personalentwicklungsabteilung mit Sitz in einem Nachbarland abgetreten. Pamela musste sich einer Video-Befragung mit dieser Abteilung unterziehen, damit sie damit nicht alleine gelassen wird, war Christina Fricke-Becker an Pamelas Seite. Viele intensive Fragen später, haben die Verantwortlichen versprochen, diesen Fall weiter zu untersuchen und sich nach spätestens drei Wochen zu melden.

Geld wird langsam knapp

Doch auch finanziell geriet die Alleinerzieherin freilich bald unter starken Druck: seit Ende Februar im Krankenstand, wurde die Entgeltfortzahlung Ende Mai eingestellt. Seit Juni erhält Pamela Krankengeld, das kaum für die Lebenserhaltungskosten ausreicht. „Wir haben relativ schnell eine Lösung gebraucht,“ erzählt Fricke-Becker. Da aus der Personalentwicklungsabteilung des Konzerns keineswegs der versprochene Anruf kam, intervenierte die GPA-Expertin auf ein Neues und verfasste ein umfangreiches Schreiben. „Ich habe eine rückwirkende Freistellung, volle Entgeltfortzahlung und zudem eine Entschädigung für die erlittenen Kränkungen gefordert“, sagt Fricke-Becker. „Eine Antwort musste binnen zweier Wochen erfolgen, sonst wären wir vor das Arbeitsgericht gegangen.“

Ein erstes Angebot zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses wurde dann seitens des Unternehmens unterfertigt. Weder Pamela noch Christina Fricke-Becker zeigten sich damit zufrieden. „Dafür was die arme Frau ertragen musste, war die Entschädigung viel zu gering.“ Nach einem weiteren Telefonat  mit der Personalentwicklung, folgte eine verbesserte Version. Zwar hat der Weltkonzern nicht eingestanden, dass diskriminiert und gemobbt wurde und ist sich keinerlei Schuld bewusst, doch „die einvernehmliche Auflösung und die Höhe der Entschädigungszahlung wirkt sehr danach“, ist sich GPA-Regionalsekretärin Christina Fricke-Becker sicher. Mit allen Zahlungen und der einvernehmlichen Auflösung hat Pamela mehr als 25.000 Euro erhalten.

Intensive Betreuung

Ohne dem unermüdlichen Einsatz der Mitarbeiter:innen der GPA Salzburg wäre dieser Erfolg nicht möglich gewesen. Neben dem Erstellen der Schriftsätze und den Verhandlungen mit der Arbeitgeberseite war der persönliche Kontakt zu Pamela höchst intensiv und wichtig. „Über Monate haben wir sicher drei- bis fünfmal in der Woche telefoniert und wöchentlich mindestens 10 E-Mails geschrieben“, erinnert sich Fricke-Becker. Zur rein rechtlichen Betreuung hat sich die moralische Unterstützung gesellt. „In den schlechteren Phasen als die Firma gar nicht auf den Sachverhalt eingegangen ist, war es besonders wichtig, Pamela gut zuzureden. „Es freut mich sehr, dass wir zu einem guten Ende für Pamela gekommen sind und sie nun wieder positiv in die Zukunft blicken kann.“

Was Fricke-Becker, in der Koordination aller ihrer Aufgaben geholfen hat: „Ich bin ein sehr strukturierter und organisierter Mensch“. Bevor die 41-Jährige aus Anif für die GPA hauptberuflich arbeitete, war sie freigestellte Betriebsrats-Vorsitzende bei einer Spedition: „Das war mit viel Arbeit verbunden, ich habe aber dabei viel gelernt“. Seit Dezember 2020 ist sie hauptberuflich bei der GPA. Und hat es seither nicht bereut, „denn meine Arbeit ist sehr sinnvoll und macht auch Spaß.“

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