Unerwartete Mehrstunden führen zu belastenden Arbeitsbedingungen. Ein von der Gewerkschaft GPA entwickeltes Modell bietet eine Lösung, stößt jedoch auf politischen Widerstand.
Immer mehr Beschäftigte in immer mehr Branchen sehen sich damit konfrontiert, Mehrstunden leisten zu müssen, die oft kaum zu planen sind. Um dieser Belastung effektiv entgegenzuwirken, fordert die Gewerkschaft GPA eine gesetzliche Änderung: Arbeitnehmer:innen, die über einen längeren Zeitraum kontinuierlich Mehrstunden leisten, sollen das Recht haben, eine Erhöhung ihrer vertraglich festgelegten Arbeitszeit zu beantragen.
Belastende Situation für Beschäftigte
Momentan leisten viele Arbeitnehmer:innen regelmäßig Mehrstunden, die über ihre vertraglichen Pflichten hinausgehen. So geben 61,5 Prozent der Beschäftigten im Gesundheitsbereich an, mehr zu arbeiten als vereinbart. Dieser Trend hat sich in den letzten Jahren verstärkt, was auf steigende Anforderungen, etwa durch Personalmangel, in vielen Berufsfeldern hinweist.
Gleichzeitig wird gerade das Erlangen einer höheren Arbeitszeit erschwert, wie Barbara Teiber, Vorsitzende der Gewerkschaft GPA, kritisiert: „In einigen Branchen sind Teilzeitverträge der Standard, obwohl viele Beschäftigte sich eine Aufstockung ihrer Stunden wünschen“. Mit dem von der Gewerkschaft ausgearbeiteten Modell sollen Beschäftigte daher einen Rechtsanspruch bekommen, ihre Arbeitszeit im Dienstvertrag zu erhöhen, wenn über drei Monate hinweg monatlich mehr als zwölf Mehrstunden geleistet wurden – und zwar um das durchschnittliche Ausmaß an monatlichen Mehrstunden.
Gerechtere Arbeitsverhältnisse
Das Modell der Gewerkschaft GPA würde einerseits die Gesundheit der Arbeitnehmerverbessern und andererseits zu einer gerechteren Arbeitskultur beitragen. Gleichzeitig, so Barbara Teiber, dürften dabei die weiterhin unzureichenden Möglichkeiten zur Kinderbetreuung nicht vernachlässigt werden. Dieser Umstand hindere insbesondere Frauen daran, einer Vollzeitbeschäftigung nachzugehen und erfordere daher entsprechende politische Maßnahmen. Der geforderte Rechtsanspruch wäre zum Vorteil aller, so Teiber: „Es ist essenziell, dass wir Arbeitsverhältnisse schaffen, die gesundheitliche Risiken minimieren und gleichzeitig die Effizienz und Zufriedenheit am Arbeitsplatz erhöhen.“
„Es ist essenziell, dass wir Arbeitsverhältnisse schaffen, die gesundheitliche Risiken minimieren und gleichzeitig die Effizienz und Zufriedenheit am Arbeitsplatz erhöhen.“
Barbara Teiber
Ausgehend von dieser Forderung, hat sich die Gewerkschaft GPA an Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) gewandt, um einen Gesetzesentwurf noch in dieser Legislaturperiode zu erarbeiten. Ein entsprechendes Schreiben ist im Mai dieses Jahres an das Ministerium übermittelt worden. Kocher, der zwar für geringere Sozialleistungen bei Teilzeit steht, um die Vollzeitquote zu erhöhen, ließ aber ausrichten, dass er ein solches Modell nicht ermöglichen werde.
Teiber kritisiert diese Haltung und erklärt, dass die Gewerkschaft GPA weiterhin für eine rechtliche Änderung kämpfen werde, denn: „Sich über die hohe Teilzeitquote zu beschweren ohne mehr Vollzeit zu ermöglichen, ist ein Widerspruch. Es braucht endlich Lösungen, die sowohl den Bedürfnissen der Arbeitnehmer:innen als auch den wirtschaftlichen Realitäten gerecht werden.“