
Foto: Nurith Wagner-Strauss
Claudia Rupp setzt sich als Personalvertreterin für die Anliegen der 780 Angestellten in den rund 600 Pfarren der Erzdiözese Wien ein. Sie sind großteils im Sekretariat tätig, meist Teilzeitkräfte, und sitzen mehrheitlich alleine im Büro. Daraus ergeben sich ganz spezifische Herausforderungen. Aber auch Mesner:innen, technische Hilfskräfte, Kirchenmusiker:innen und die Beschäftigten von zwei Kindergärten gehören zu den von Rupp vertretenen Beschäftigten.
Die katholische Kirche ist Claudia Rupp von Kindesbeinen an vertraut. Sie komme „aus einer Kleinunternehmerfamilie“, erzählt sie, „und hatte immer schon einen religiösen Hintergrund, konkret in der Pfarre St. Ulrich in Wien-Neubau“. Bereits als Jugendliche zieht es sie in die Oper und das Theater, doch ein Studium in diese Richtung sei nach ihrer Matura an einer Handelsakademie „von zu Hause aus nicht vorgesehen“ gewesen. Sie heiratet früh, bekommt drei Kinder, die inzwischen erwachsen sind. 2002 fängt sie an, Teilzeit in einer Steuerberatungskanzlei zu arbeiten, 2004 wechselt sie in das Sekretariat der Pfarre Lichtental-Schubertkirche in Wien-Alsergrund.
Tätigkeit in einer Pfarre
17 Jahre wird sie schließlich in der Pfarre tätig sein. „Da war ich dann eigentlich sehr glücklich, das war eine sehr erfüllende Aufgabe.“ Was gehört aber zu den Tätigkeiten einer Sekretärin einer Pfarre? Buchhaltung und klassische Schreibarbeiten, das Führen der Matriken, also das Eintragen von Taufen, Hochzeiten, Sterbefällen, das Terminmanagement, eine offene Türe und ein offenes Ohr für die Anliegen der Pfarrgemeindemitglieder zu haben, aber auch die administrative Unterstützung bei Kulturevents wie speziellen Hochämtern, Orgelkonzerten, Sommerkonzerten. Hier konnte sie auch gut ihrer Leidenschaft für Kultur nachkommen.
„Ich habe das Gefühl, dass ich für meine Kolleg:innen etwas bewirken kann.“
Claudia Rupp
Dem Betriebsrat gehört sie seit inzwischen acht Jahren an – auch das eine Aufgabe, die sie gern übernommen habe. „Ich habe das Gefühl, dass ich für meine Kolleg:innen etwas bewirken kann.“ Seit 2021 ist ihr Arbeitsplatz nicht mehr in der Pfarre Schubertkirche, sondern am Stephansplatz. Sie ist nun in Vollzeit als freigestellte Personalvertreterin für die 780 Angestellten in den rund 600 Pfarren der Erzdiözese Wien tätig, die sich sowohl in der Bundeshauptstadt als auch in einem Teil Niederösterreichs befinden.

Fotos: Nurith Wagner-Strauss
Ein offenes Ohr
Personalvertreterin deshalb, weil es in den Pfarren meist mit einer Sekretärin nur eine Mitarbeiterin gebe, in größeren Pfarren seien es eine Handvoll Beschäftigte, teils seien dann auch Mesner:innen, Reinigungskräfte und Kirchenmusiker:innen angestellt – durch die Bank jedenfalls zu wenige, als dass es in jeder Pfarre einen Betriebsrat gebe. Sie arbeitet aber eng mit dem Zentralbetriebsrat der Erzdiözese Wien zusammen, der die Angestellten in der Verwaltung, die Pastoralassistent:innen und Krankenhausseelsorger:innen vertritt, aber auch mit der St. Nikolausstiftung, die in Wien die ehemaligen Pfarrkindergärten betreibt.
Was Rupp wichtig ist? Stets für alle ein offenes Ohr zu haben und dabei von sich aus auf jede und jeden zuzugehen. Seit 2021 ist sie nun dabei, Strukturen zu etablieren, die eine Vernetzung der oft jeweils alleine in einer Pfarre arbeitenden Sekretariatskräfte ermöglichen. Es gebe hier inzwischen Supervisionsgruppen und zwei Mal im Jahr Vernetzungstreffen. Sie selbst sei viel unterwegs und suche die Kolleg:innen in den Pfarren auf. „Wo die Eisenbahn oder ein Bus hinfährt, komme ich hin.“
„Wo die Eisenbahn oder ein Bus hinfährt, komme ich hin.“
Claudia Rupp
So ist sie gut mit den Sorgen und Nöten der Beschäftigten vertraut. Diese sind hier etwas anders als in anderen Arbeitsbereichen. Bei nahezu allen Arbeitsverhältnissen handle es sich um Teilzeitstellen, immer wieder würden aus Kostengründen die Arbeitsstunden reduziert. Das führe zu einer massiven Arbeitsverdichtung. Hier appelliert sie an die Beschäftigten, sich rechtzeitig bei ihr zu melden, wenn eine Arbeitszeitreduktion geplant ist. Einerseits müssten die Kolleg:innen von ihrer Arbeit auch leben können, betont Rupp. Andererseits würden ja die Aufgaben nicht weniger, sondern müssten dann nur in weniger Zeit erledigt werden. Burnout könne die Folge sein. Im vergangenen Jahr sei sie mit fünf Burnout-fällen konfrontiert gewesen. Dem will sie vorbeugen.
Sicherheit am Arbeitsplatz
Die interne Steuerungsgruppe „Betriebliches Gesundheitsmanagement“, der auch Rupp angehört, beschäftige sich derzeit intensiv mit der Problematik, ebenso wie mit dem Thema „Sicherheit am Arbeitsplatz“. Dieses habe in einem Pfarrbüro, in dem die Türen für alle offen stehen sollen, besondere Brisanz durch manchmal schwierigen Parteienverkehr erhalten könne. Unter jenen, die hier nach Unterstützung suchen, seien auch manchmal Obdachlose, Betrunkene, teils auch aggressive Bettler. Sie kenne solche Situationen aus eigener Erfahrung, erzählt Rupp, da sie viele Jahre in einer Pfarre am Gürtel gearbeitet habe. Angedacht sind hier nun Präventionsworkshops mit Sicherheitsfachkräften, die richtiges Verhalten in kritischen Situationen vermitteln „und so den Kolleg:innen ein sichereres Gefühl geben sollen“.
Wichtig sei an einem Arbeitsplatz, an dem oft nur zwei Menschen tätig sind – ein Priester als Vorgesetzter, eine Sekretärin als Mitarbeiterin – aber auch das gute Einvernehmen dieser beiden Personen. Das sei aber gar nicht immer so einfach. Hier spiele auch mit herein, dass einerseits Priester auf Grund des Nachwuchsmangels in diesem Beruf oft aus dem Ausland kämen und es hier kulturelle Unterschiede gäbe. Andererseits gingen Priester in den Beruf, um Seelsorger zu sein. Der Alltag habe sich aber auch für sie verändert. Priester von heute müssten auch Manager sein, sich mit Finanzen auskennen, Personal führen können. Manchen überfordere das und dann könne es zwischenmenschlich zu Problemen kommen. Hier versucht Rupp so gut sie kann zu vermitteln.
Ihr ganz persönliches Credo laute insgesamt in Anlehnung an das biblische Zitat von Jesus, „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und gebt Gott, was Gottes ist“: „Gebt den Mitarbeiter:innen, was der Mitarbeiter:innen ist“.
Was Rupp, die in ihrer Freizeit nicht nur mit ihrem Mann leistungsmäßig Turniertanzsport betrieben hat und in der Seniorenklasse angetreten ist, sondern auch „als Spätberufene“ seit Jahren Ballett tanzt, Gesangsunterricht genommen und Theaterkurse besucht hat, freut, ist dass sie im Rahmen ihrer Tätigkeit für die Erzdiözese zum Beispiel auch immer wieder Kulturproduktionen für die Lange Nacht der Kirchen auf die Beine stellen kann. Dabei ist sie auch als Dramaturgin und Regisseurin tätig und steht auch selbst auf der Bühne. Besonders angetan hat es ihr dabei das Tanztheater.
Theaterproduktion im Odeon Theater
Zuletzt hat sie hier für die Lange Nacht der Kirchen im vergangenen Jahr die Geschichte der niederländischen Tänzerin Rosie Glaser (1914-2000), die als Jüdin der NS-Zeit verfolgt wurde und mehrere Konzentrationslager, darunter auch das KZ Auschwitz-Birkenau, überlebte, aufgeführt. Das Stück hat sie dabei auf Basis des Buches „Die Tänzerin von Auschwitz“ von Glasers Neffen, Paul Glaser, erarbeitet.
Aktuell werkt sie hier an einer etwas längeren Fassung dieser Produktion, die sie anlässlich des 80. Jahrestags des Endes des NS-Regimes im Mai 1945, am 28. April im Odeon Theater aufführen wird. Sie zeichnet dabei einerseits für das Libretto und die Regie verantwortlich, sie schlüpft aber auch in die Rolle der Erzählerin und Tänzerin. Musikalisch setzt sie dabei vor allem auf Tangos von Astor Piazzolla, den Gesang steuert die Sängerin Shira Karmon bei, ihr Tanzpartner ist Raúl de Marr. Es spielt das Trio Anastasia Noya (Klavier), Milos Avramovic (Bandoneon) und Daniel Arias Holguín (Violine). Der Titel des Programms: „Dance for your life – Die Tänzerin von Auschwitz“.
Zur Person:
Claudia Rupp, geb. 1967 in Wien, nach der Matura an einer Handelsakademie rasch Familiengründung. 2002 zunächst zwei Jahre in einer Steuerberatungskanzlei tätig, seit 2004 im Sekretariat der Pfarre Schubertkirche in Wien. Seit 2021 ist sie Personalvertreterin der Angestellten in den rund 600 Pfarren der Erzdiözese Wien. Privat ist sie begeisterte Tänzerin und als Dramaturgin und Regisseurin tätig. Rupp ist verheiratet, lebt in Wien und ist Mutter dreier erwachsener Kinder.