
Seit sieben Jahren Betriebsrat, kämpft Georg Hofferek bei ADB Safegate Austria GmbH in Graz für bessere Arbeitsbedingungen und gegen „eigenwillige Besonderheiten“ im Kollektivvertrag seiner Branche. Privat wie beruflich mag er’s gerne luftig.
Vor dem ersten Termin mit der Geschäftsführung, „da is mir die Pumpn schon a bissl ganga“, erinnert sich Georg Hofferek. Damals, im Jahr 2018, hatte Hofferek über Wochen Unterschriften gesammelt und vertraute Kolleg:innen angesprochen, ob sie auf seine Betriebsratsliste wollen. Wohlwissend, dass der sein damaliger Chef über dieses Vorhaben, gelinde gesagt, not amused sein wird.
Eigentlich darf man sich Georg Hofferek als einen Menschen vorstellen, den so schnell nichts aus der Ruhe bringt. Und das ist auch gut so. Als Hobbypilot dreht er am Wochenende gerne in einem Kleinflugzeug hoch überm Grazer Bergland seine Runden. Und während der Woche arbeitet er bei der ADB Safegate Austria GmbH in Graz an sogenannten „Tower Solutions“ für Flughäfen. Also vereinfacht gesagt an Programmen, die Fluglosten bei der Koordination des an- und abfliegenden Flugverkehrs unterstützen.
Wenn schon, denn schon
Präzise arbeiten, keine Fehler machen – das gilt in der Informatik wie in der Luftfahrt. Weshalb Hofferek nach einigen Jahren als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachbereich Informatik an der Technischen Universität Graz 2015 zu Avibit wechselte (seit 2017: ADB Safegate). Der Konzern mit Sitz im belgischen Zaventem produziert Technologien zur Erhöhung von Sicherheit, Effizienz und Nachhaltigkeit von Flughäfen, beispielsweise spezielle Beleuchtungssysteme oder technische Hilfsmittel für Fluglotsen.
„Die Strukturen sind nicht mitgewachsen, vieles ist nicht optimal gelaufen, ich hatte auch den ein oder anderen Streit.“
Georg Hofferek, ADB Safegate Austria GmbH
Vor zehn Jahren herrschte am Grazer Standort eher „Start-up-Atmosphäre“, erinnert sich Hofferek – obwohl das Unternehmen längst über die Start-up-Größe hinausgewachsen war. „Die Strukturen sind nicht mitgewachsen, vieles ist nicht optimal gelaufen, ich hatte auch den ein oder anderen Streit“, so Hofferek. Ein „ausgeprägter Gerechtigkeitssinn“ und die Bereitschaft auch mal Gesetzestexte zu büffeln, machten ihn schnell zum bevorzugten Ansprechpartner für Kolleg:innen in schwierigen Situationen. 2018 folgte der Entschluss: „Wenn ich jetzt eh schon die arbeitsrechtliche Beratung mache, kann ich auch gleich einen Betriebsrat gründen.“
„Jetzt erst recht!“
Dass die Geschäftsführung von diesem Vorhaben wenig begeistert sein wird, war bekannt. Hofferek: „Da habe ich mir gedacht, jetzt erst recht!“. Eingangs erwähntes Gespräch mit der Geschäftsführung lief dann wesentlich amikaler als befürchtet, dennoch sei man anfangs eher als „lästig“ empfunden und auch mal angeschrien worden. Mittlerweile hat die Geschäftsführung gewechselt, „heute läuft das wesentlich friktionsfreier“, so Hofferek.
Betriebsratsgründung
Du denkst auch darüber nach, in deinem Betrieb oder in deiner Filiale einen Betriebsrat zu gründen? Ab fünf dauernd beschäftigten Mitarbeiter:innen habt ihr das Recht, eine Belegschaftsvertretung zu wählen! Deine Gewerkschaft GPA unterstützt dich dabei! Alle Infos zur Wahl und Unterstützung (auch nach der Gründung) erhältst du in deiner Regionalgeschäftsstelle. Für Nicht-Mitglieder ist eine Erstberatung kostenlos!
Mehr zur Betriebsratswahl findest du hier.
Derzeit ist der vierköpfige Betriebsrat überwiegend mit organisatorischen Fragen eingedeckt, die Firma will demnächst den Standort wechseln. Meist aber seien es dienstrechtliche Fragen, die das Betriebsratsteam beschäftigen, erklärt Hofferek: „Wir haben viele Dienstreisen zu unüblichen Zeiten an unüblichen Orten“. Arbeiten an Flughafensystemen finden bevorzugt dann statt, wenn dort wenig los ist, das heißt: mitten in der Nacht. Aus dienstrechtlicher Sicht ergeben sich dadurch oft komplexe Situationen, zum Beispiel mit Blick auf Arbeits- und Ruhezeiten und deren Gültigkeit in verschiedenen Zeitzonen.
Eigenwillige Besonderheiten
Darüber hinaus sind es die „eigenwilligen Besonderheiten“ des IT-Kollektivvertrags (KV), die Hofferek beschäftigen. Darin ist – anders als in anderen Branchen – die Gesamtsumme der Lohnerhöhung für das jeweilige Unternehmen festgeschrieben – wie das Unternehmen diese Summe auf die Mitarbeitenden aufteilt, bleibt der Geschäftsführung überlassen. Der KV sieht auch vor, dass einzelne Mitarbeiter:innen von Lohnerhöhungen komplett ausgenommen werden können.
Nicht nur für Hofferek ein Unding. Vor zwei Jahren spitzten sich die Verhandlungen in einer Weise zu, wie man das sonst eigentlich nur aus der Metallbranche kennt: neun Verhandlungsrunden, eine Petition, eine Demo und die Streikfreigabe seitens des ÖGB brauchte es, ehe eine Einigung zustande kam. Erzielt wurde ein zweijähriger Abschluss, das erste Jahr knapp unter, das zweite Jahr knapp über der Inflation. Im Herbst startet die nächste Runde. Hofferek hofft, dass er dieses Mal mit am Verhandlungstisch sitzt – und vielleicht die ein oder andere „eigenwillige Besonderheit“ des IT-KVs beseitigen kann.

Foto: Roland deRoo, ÖGB
Eine weitere Besonderheit, dieses Mal im positiven Sinne, hat der IT-KV – und die geht unmittelbar auf Hofferek zurück. Der KV der IT-Branche wird als einziger auch ins Englische übersetzt. „In unserer Branche sprechen viele gar nicht oder sehr wenig Deutsch, das ist völlig normal“, da war eine Übersetzung ein naheliegender Schritt, so Hofferek. Zumindest darüber dürften nicht nur seine Kolleg:innen, sondern auch die ein oder andere Geschäftsführung durchaus amused sein.
Zur Person
Georg Hofferek, 42, arbeitet seit zehn Jahren als Informatiker bei ADB Safegate in Graz, zuvor war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Technischen Universität Graz tätig, wo er 2014 als Informatiker promovierte. Vor fünf Jahren machte er die Ausbildung zum Privatpiloten. Hofferek lebt in Stainz, Bezirk Deutschlandsberg, Steiermark.