Seit längerer Zeit wird auf OECD-Ebene über eine Reform der Regeln für die Besteuerung multinationaler Konzerne verhandelt. Dabei geht es zum einen um eine Änderung bei der Verteilung der Besteuerungsrechte zwischen den Ländern und zum anderen um die Einführung von globalen effektiven Mindeststeuersätzen. Nun wurde im Rahmen eines Treffens der FinanzministerInnen der G7-Staaten eine erste Einigung über wichtige Eckpunkte erzielt. Dies stellt einen wichtigen Schritt in Richtung mehr Steuergerechtigkeit dar, Details sind aber noch weitgehend offen.
Probleme der Gewinnverlagerung und des Steuerwettbewerbs
Die zahlreichen Leaks der letzten Jahre haben offengelegt mit welchen Praktiken multinationale Konzerne ihre Steuerlast drücken: Durch aggressive Steuerplanung werden die Gewinne mittels ausgeklügelter Unternehmenskonstrukte gezielt in Niedrigsteuerländer verlagert bzw. die nationalen Steuerrechte gegeneinander ausgespielt. Zudem hinken die nationalen Steuerrechte regelmäßig digitalen Geschäftsmodellen hinterher, da viele Online-Unternehmen mangels (traditioneller) Betriebsstätte keine Gewinnsteuern zahlen. Beides führt zu massiven Wettbewerbsverzerrungen. Und auch der Steuerwettbewerb zwischen den Staaten hat in Folge eines Wettlaufs nach unten seinen Teil dazu beigetragen, dass die Staatshaushalte immer mehr unter Druck geraten, hingegen multinationale Konzerne immer weniger zum Gemeinwohl beitragen. Diese Entwicklungen haben die Schieflage zu Lasten der ArbeitnehmerInnen bei der Finanzierung der öffentlichen Haushalte verstärkt. Vor diesem Hintergrund und den massiven Staatsausgaben im Zuge der Bekämpfung der COVID-19-Pandemie haben sich die G7-Staaten nun auf erste Eckpunkte im Hinblick auf eine Reform der Konzernbesteuerung verständigt.
Globale Mindeststeuer und mehr Besteuerungsrechte für die Marktstaaten
Kernstück der geplanten Reform ist die Einführung einer globalen Mindeststeuer für multinationale Konzerne (voraussichtlich wird ein weltweiter Konzernumsatz von 750 Milliarden Euro als Schwelle dafür festgelegt werden). Aus dem Communiquè der G7-FinanzministerInnen geht hervor, dass diese mindestens 15 Prozent betragen soll. Damit die Mindeststeuer nicht konterkariert werden kann, soll zudem eine gemeinsame Erhebungsgrundlage definiert werden. Auch wenn ein höherer Steuersatz wünschenswert gewesen wäre, würde die Einführung solch einer globalen Mindeststeuer jedenfalls zwei bedeutende Vorteile mit sich bringen: die (buchhalterische) Gewinnverlagerung in Niedrigsteuerländer würde – zum Teil – nicht mehr greifen und auch der Steuerwettbewerb zwischen den Nationalstaaten könnte beschränkt werden.
Eine globale Mindeststeuer in der Höhe von 15 Prozent könnte Schätzungen zu Folge weltweit gute 100 Milliarden US-Dollar an Mehreinnahmen für die Staaten bringen. Österreich würde ebenso wie andere „Normalsteuerländer“ profitieren. So sind Mehreinnahmen von rund 400 Millionen Euro pro Jahr zu erwarten.
Hinsichtlich der Neuverteilung der Besteuerungsrechte zwischen den Staaten ist geplant, dass Konzerne künftig auch in jenen Ländern Steuern zahlen sollen, in denen sie mangels steuerlicher Präsenz bislang keine steuerpflichtigen Gewinne hatten. Dies betrifft insbesondere Digitalkonzerne, aber auch andere große Unternehmen. Die Neuverteilung soll aber nur auf die größten 100 Konzerne und zudem nur dann zur Anwendung gelangen, wenn die Gewinnmarge (Verhältnis von Gewinn zu Umsatz) mehr als 10 Prozent beträgt. Ist dies der Fall, so sollen 20 Prozent des Gewinns darüber auf die anderen Länder, in welchen die Konzerne ihren Umsatz machen, verteilt werden (also auf die Marktstaaten). Die Schwelle der zehnprozentigen Gewinnmarge ist äußerst kritisch zu sehen, da sie relativ hoch angesetzt ist. So würden zwar Google und Facebook davon erfasst sein, Amazon – als einer der großen „Krisengewinner“ – allerdings nicht. Zudem ist der Anwendungsbereich der dargestellten Neuverteilung der Besteuerungsrechte – lediglich die weltweit 100 größten Konzerne – zu eng gefasst.
Fazit
Es sind zwar noch wichtige Details offen, aber die grundsätzliche politische Einigung der G7-FinanzministerInnen auf die Einführung einer globalen Mindeststeuer für multinationale Konzerne in der Höhe von mindestens 15 Prozent, stellt jedenfalls einen Schritt in die richtige Richtung dar und ist als klar positiv zu bewerten. Nun wird es darauf ankommen dies auch auf G20-Ebene zu verankern und in weiterer Folge ebenso innerhalb der EU umzusetzen. Hier darf es allerdings zu keiner Verwässerung der Regelungen kommen, damit die globale Mindeststeuer künftig auch tatsächlich eine effektive Wirkung entfalten kann. Bei der Höhe des Steuersatzes ist zwar noch Luft nach oben, aber durch die globale Mindeststeuer wird beim Steuerwettbewerb zwischen den Staaten jedenfalls eine Grenze nach unten eingezogen. Dies könnte perspektivisch sogar zu einer steuerpolitischen Trendwende führen, sodass die Gewinnsteuersätze für Unternehmen in Zukunft auch wieder ansteigen.