Mitarbeiterin stimmte nach Änderungskündigung einem schlechteren Job zu. Mangels „Ja“ des Betriebsrats galt die Versetzung trotzdem nicht.
Frau R. war als Lohnverrechnerin tätig und verdiente dafür 3.064 Euro brutto. Als ihr Chef ihr einen Arbeitsplatz als Arbeitszeitbeauftragte in der Administration anbot und ihr mitteilte, dass sie im neuen Job künftig nur noch 2.832 Euro verdienen würde, lehnte sie zunächst empört ab. Als ihr Chef merkte, dass Frau R. sich nicht dazu überreden ließ, die Verschlechterung zu akzeptieren, kündigte er sie, erklärte jedoch gleichzeitig, dass die Kündigung automatisch gegenstandslos wäre, wenn Frau R. bereit wäre, den neuen Job einschließlich der Verschlechterungen zu akzeptieren. Vor die Alternative gestellt, arbeitslos zu werden oder einen Gehaltsverlust hinzunehmen, stimmte sie schließlich nach langem Überlegen zu und begann im neuen Job zu arbeiten, informierte jedoch den Betriebsrat und bat ihn um Hilfe. Der Betriebsrat verweigerte sowohl seine Zustimmung zur Kündigung als auch zur verschlechternden Versetzung von Frau R.
Auf Anraten des Betriebsrats suchte Frau R. auch Rat und Hilfe bei der Rechtsberatung der GPA-djp Wien. Ihr Rechtsberater war in diesem Fall der Ansicht, dass die verschlechternde Versetzung rechtsunwirksam erfolgt sei, weil eine Versetzung auf einen schlechter dotierten Job laut Gesetz nur zustande kommen könne, wenn der Betriebsrat dieser zustimme oder nach dessen Nein die Zustimmung durch ein Gericht ersetzt werde. Die GPA-djp intervenierte daraufhin zunächst beim Arbeitgeber. Dieser zeigte sich uneinsichtig und beharrte darauf, dass seine Vorgehensweise und die Versetzung in Ordnung seien. Seiner Meinung nach handle es sich nämlich nur um eine sogenannte Änderungskündigung, die rechtlich zulässig sei, und um keine Versetzung. Bei einer Änderungskündigung sei zwar der Betriebsrat zu informieren, er habe jedoch nicht dieselben Rechte wie bei einer Versetzung, insbesondere kein Vetorecht. Die GPA-djp brachte daraufhin Klage beim Arbeits- und Sozialgericht ein.
Das Arbeits- und Sozialgericht entschied im Sinne des Unternehmens mit der Begründung, dass der Betriebsrat kein Vetorecht habe, wenn der Arbeitnehmer das Angebot eines anderen Jobs im Unternehmen annehme. Die GPA-djp wollte dieses Urteil nicht akzeptieren und ging für Frau R. in die nächsten Instanzen. Schließlich bestätigte der Oberste Gerichtshof nach mehrjähriger Verfahrensdauer die Rechtsmeinung der GPA-djp. Ohne vorhergehende Zustimmung des Betriebsrats oder ersatzweise des Gerichts sei die verschlechternde Versetzung von Frau R. rechtsunwirksam.
Im Urteilsspruch des Obersten Gerichthofs (OGH) heißt es: „Eine verschlechternde dauernde Versetzung bedarf zu ihrer Rechtswirksamkeit auch dann der Zustimmung des BR, wenn der AN selbst sich damit einverstanden erklärt hat.“ Das gelte auch bei Änderungskündigungen. Der OGH argumentierte weiter, er wolle damit Versuchen von Arbeitgebern, die Mitwirkung des Betriebsrats bei Versetzungen durch Änderungskündigung zu umgehen, einen Riegel vorschieben.
Nicht nur für Frau R., die nun die Gehaltsdifferenz für mehrere Jahre nachgezahlt bekommt, war diese Entscheidung immens wichtig. Auch andere ArbeitnehmerInnen in ähnlicher Lage werden künftig davon profitieren. Denn das Höchstgericht hat damit klargestellt, dass jede Änderungskündigung mit Versetzungscharakter eindeutig der Mitbestimmung durch den Betriebsrat unterliegt.
TIPP: Was tun, wenn Ihr Arbeitgeber Sie versetzen möchte:
- Nehmen Sie die Verschlechterung nicht überstürzt aus Angst um den Job an. Stimmen Sie verschlechternden Änderungen Ihres Vertrages weder schriftlich noch mündlich zu.
- Lassen Sie sich den neuen Dienstvertragsentwurf schriftlich geben. Das macht es für Sie leichter, ihn überprüfen zu lassen.
- Wenn es in Ihrem Betrieb einen Betriebsrat gibt, dann sind Sie gegen verschlechternde Versetzungen besser geschützt. Kontaktieren Sie Ihren Betriebsrat daher sofort, wenn eine Versetzung im Raum steht.
- Wann immer Sie einen Vertrag oder eine Vertragsänderung vom Arbeitgeber vorgelegt bekommen und Ihnen einzelne Regelungen unklar sind, nehmen Sie sich Bedenkzeit. Fragen Sie auch bei der GPA-djp in ihrer Region nach.
Änderungskündigung:
Eine Änderungskündigung ist eine Kombination aus Kündigung und Versetzung. Der Arbeitgeber beabsichtigt eine Vertragsänderung, zu der der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin nicht verpflichtet ist. Zu diesem Zweck wird die Kündigung mit einer Bedingung versehen.
Es gibt zwei Arten der Änderungskündigung: Entweder verfällt die Kündigung der Rechtsunwirksamkeit, wenn der AN der Bedingung seine Zustimmung erteilt (auflösend bedingte Änderungskündigung), oder aber es wird eine Kündigung ausgesprochen, die erst wirksam sein soll, wenn der AN der Änderung seines Arbeitsvertrages nicht zustimmt (aufschiebend bedingte Änderungskündigung). Bei beiden Arten der Änderungskündigung sind die Bestimmungen des Arbeitsverfassungsgesetzes einzuhalten (§ 105 ArbVG und § 101 ArbVG).
Das bedeutet, der Betriebsrat muss über die geplante Kündigung informiert werden und kann seine zwingend erforderliche Zustimmung zur geplanten verschlechternden Versetzung verweigern – auch wenn diese Versetzung im Rahmen einer Änderungskündigung passiert.