Betriebsrat Andreas Laaber spricht mit der KOMPETENZ über seinen Kampf für faire Arbeitszeiten und einen eigenen Kollektivvertrag.
Zum großen Betriebsratsbüro im Ordinariat der Diözese Sankt Pölten geht es durch einen lichtdurchfluteten Gang. Der idyllische Innenhof, der zum Diözesanmuseum führt, ist nur wenige Schritte entfernt, vom Fenster aus sieht man auch den Dom. Weniger beschaulich sind die Herausforderungen, die der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Andreas Laaber gemeinsam mit seinem Team zu bewältigen hat. Es geht wie in jeder anderen Branche um fair geregelte Arbeitszeit und Rahmenbedingungen für die rund 550 Beschäftigten der Diözese.
Der dreifache Familienvater, der nach seinem Theologiestudium als Pastoralassistent in seinem Wohnort Seitenstetten im Mostviertel und als Religionslehrer an der HAK/HAS in Waidhofen/Ybbs arbeitete, kam vor gut fünf Jahren durch eine Nachrückung in den Betriebsrat und gesteht offen, dass er mit dessen Aufgaben zuerst nicht viel anzufangen wusste. Nachsatz: „Das hat sich aber ganz schnell geändert.“ Schon im Grundkurs der GPA-djp, den er kurz darauf absolvierte, sei ihm klargeworden, dass es auch in der Diözese Sankt Pölten viel Handlungsbedarf gebe, schmunzelt Laaber. Bis vor fünf Jahren hatte die Diözese „nur“ eine als solche bezeichnete „Personalvertretung“, da die Diözesanstruktur mit einem öffentlichen Amt verglichen wurde. Durch den Grundkurs gewann das gesamte Team ein neues Selbstverständnis und man nannte sich dem Gesetz entsprechend „Betriebsrat“, was nicht überall Anklang fand. Der 1991 gegründete Betriebsrat für PastoralassistentInnen ist seit der vergangenen Wahl nicht nur für die PastoralassistentInnen, sondern auch für die Pfarrangestellten in den Pfarrgemeinden zuständig. Seit dieser Wahl arbeitet Andreas Laaber als stellvertretender Vorsitzender mit dem sechsköpfigen Team für die Anliegen seiner rund 240 KollegInnen: „Mittlerweile haben wir großen Kampfgeist entwickelt“, berichtet er von einer sehr erfolgreich geführten Auseinandersetzung mit dem Arbeitgeber. So sei das Thema Arbeitszeitaufzeichnung in der Diözese eher ein unbeackertes Feld gewesen, was natürlich finanzielle Nachteile für Beschäftigte bedeutete. Vielen KollegInnen wäre beispielsweise nicht klar gewesen, dass auch Fahrtzeiten oder Zuschläge für Mehrleistungen anzurechnen seien.
Nachzahlungen erzwungen
Den jahrelangen Kampf, in dem der Betriebsrat sogar eine Klage androhte, beschreibt Andreas Laaber zurückhaltend: „Wir haben den Beschäftigten dazu verholfen, ausstehende Zahlungen zu bekommen.“ Erst auf Nachfrage erzählt er dann vom Excel-Formular für die Arbeitszeit, das der Betriebsrat einschließlich einer Berechnung der Zuschläge entwickelt hat, und von der dazu verhandelten, seit dem Vorjahr gültigen Betriebsvereinbarung, auf die er schon stolz ist: „Diese Transparenz bedeutete für viele ein großes Aha-Erlebnis. Unser Dienstgeber hat eingesehen, dass er auch davon profitiert: Klarheit bringt Ordnung.“
Belegschaft gibt Rückhalt
Den BetriebsrätInnen habe dieses neue System einen hohen Rückhalt beschert, so Laaber weiter: „Wir wissen jetzt, wenn wir etwas fordern, dann steht die Belegschaft hinter uns.“ Unterstützung, die noch von Vorteil sein könnte, den insgesamt 550 Beschäftigten in der Diözese Sankt Pölten fehlt nämlich ein ganz zentrales Regelwerk: „Wir zählen zu den zwei bis drei Prozent der ArbeitnehmerInnen in Österreich, die keinen Kollektivvertrag haben – also kämpfen wir dafür, einen zu bekommen“, formuliert er das aktuell größte Ziel. Wie dieser Kampf in der Praxis ausschaut? Laaber will sich nicht in die Karten schauen lassen, verrät nur so viel: „Wir lassen keine Gelegenheit, kein Gespräch aus, ohne darauf hinzuweisen, dass wir einen Kollektivvertrag brauchen.“ Dass der Widerstand der Dienstgeber schwinde, hängt sicher auch mit der Tatsache zusammen, dass es in den Diözesen Linz, Innsbruck und Graz bereits Kollektivverträge gibt, erklärt er: „Die Gehälter dort sind deutlich höher als unsere. Wichtiger sind uns aber einheitliche Regelungen, die für alle Angestellten in der Diözese in gleichem Maße gelten. Das ist aktuell eindeutig nicht der Fall.“
Die eine oder andere Anregung holt sich der studierte Theologe auch aus den Inhalten der Sozialakademie, die er unlängst abgeschlossen und als sehr lehrreich empfunden hat, nicht nur was den Lernplan mit Arbeitsrecht, Arbeitsverfassung, Betriebs- und Volkswirtschaft betrifft. Die Erfahrungen der BetriebsrätInnen aus anderen Branchen haben ihm den Vorteil dessen deutlich gemacht, dass der wirtschaftliche Druck in der Diözese fehle: „Ich habe KollegInnen kennengelernt, die um viele Arbeitsplätze und somit um Existenzen fürchten.“ Andererseits bedeute diese Situation der BetriebsrätInnen in der Diözese, keinen Einblick in finanzielle Belange zu haben, und dass berechtigte oder plausible Forderungen wie Gehaltserhöhungen einfach ohne Begründung abgelehnt werden, „womit wir wieder beim Thema Kollektivvertrag sind. Da werden wir nicht lockerlassen“, kündigt Laaber an.
Das glaubt man dem 42-Jährigen, der auf die Frage nach seinen Hobbys neben Reisen, Tauchen, Wandern, Lesen und Zeit mit der Familie zu verbringen auch angibt, leidenschaftlich gesellschaftspolitische Themen zu diskutieren. „Außerdem liebe ich es, neue Wege zu beschreiten und Neues auszuprobieren“ – davon scheinen auch die Beschäftigten in der Diözese Sankt Pölten zu profitieren.