Christine Asperger hat erreicht, was vor ihr noch keine Frau geschafft hat. Die 54-jährige Niederösterreicherin ist seit Mai Vorsitzende der Konzernvertretung der OMV. Sie vertritt damit die Interessen von 22.700 Beschäftigten in einem der größten Industrieunternehmen Österreichs.
Die Betriebsratstätigkeit sei ihr schon in die Wiege gelegt worden, so Asperger. „Mein Vater war in der OMV beschäftigt und auch viele Jahre im Betriebsrat. Er wollte Menschen unterstützen und ihnen helfen. Das wollte ich auch. Wie der Papa halt“, erzählt die 54-jährige Niederösterreicherin. Asperger hat 1979 schon als Lehrling im Unternehmen begonnen. Die OMV Produktionsbetriebe waren damals im Weinviertel angesiedelt und der größte Arbeitgeber für junge Menschen in der Region. Lehrlingsausbildung war damals ein wesentlicher Bestandteil der Unternehmenskultur und der „Nachwuchs“ wurde gut betreut und gefördert.
Ausbildung bei der OMV
Im Vergleich zu ihrer eigenen Lehrzeit hat sich vieles geändert: Inzwischen ist die Lehrlingsbetreuung ausgelagert und die Bindung zum Unternehmen hat sich dadurch verändert. Die ausgebildete Industriekauffrau erinnert sich, wie gut die Lehrlinge früher untereinander vernetzt waren und die Stimmung sehr familiär war.
„Ich will vor allem nah bei den Menschen sein“, beschreibt sie als Grundsatz ihrer Arbeit. Das war in ihrer früheren Tätigkeit als Betriebsratsvorsitzende der OMV Austria in Gänserndorf genauso wie jetzt als Vorsitzende der Konzernvertretung. Christine Asperger setzt auf Kommunikation, um über die Arbeit der Konzernvertretung zu informieren, und viele persönliche Gespräche mit den KollegInnen. Sie hat ein offenes Ohr für Sorgen und Probleme.
„Natürlich sind damit nicht alle Ungleichbehandlungen ausgeglichen. Die gesellschaftliche Diskriminierung von Frauen setzt sich in allen gesellschaftlichen Bereichen und auch in der Arbeitswelt fort“
Schon als Mädchen hat sich Christine Asperger gegen ihren Bruder durchgesetzt. Powerfrau zu sein hat sie schon in jungen Jahren gelernt. Ihre neue Funktion hat sie sich hart erarbeitet. „Ich bin sehr stolz, dass ich in einer Männerdomäne den Vorsitz übernehmen durfte. Man muss hartnäckig sein und Chancen, die sich ergeben, nutzen“, so Asperger.
Frauen fördern
Um Frauen den Weg in Männerdomänen zu ebnen, veranstaltet die OMV einmal im Jahr einen Girls Day. Junge Mädchen können sich über die technischen Lehrberufe informieren, ungezwungen Fragen stellen und sich ein eigenes Bild machen. Diese Form der Ansprache funktioniert, inzwischen gibt es auch im technischen Bereich weibliche Lehrlinge und das klappt gut. „Natürlich sind damit nicht alle Ungleichbehandlungen ausgeglichen. Die gesellschaftliche Diskriminierung von Frauen setzt sich in allen gesellschaftlichen Bereichen und auch in der Arbeitswelt fort“, so Asperger, die in ihren Funktionen als GPA-djp- und ÖGB-Frauenvorsitzende in Niederösterreich besonders für Gleichstellungspolitik auf allen Ebenen kämpft. Als Betriebsrätin und jetzt auch als Vorsitzende der Konzernvertretung kann sie konkret an der Gleichstellung von Frauen innerhalb des Unternehmens mitwirken. Auch in den KV-Verhandlungen konnte vieles erreicht werden, zum Beispiel die volle Anrechnung von Elternkarenzzeiten auf dienstzeitabhängige Ansprüche wie Vorrückungen, Urlaub, Abfertigung, Jubiläumsgeld und Kündigungsfristen sowie Entgeltfortzahlung im Kranheitsfall. Gerade Frauen erleben durch eine Babykarenz oft einen Karriereknick, durch die Anrechnungen erfahren Väter und Mütter keine finanziellen Nachteile mehr. Auch eine Arbeitsgruppe zur besseren Förderung von Frauen in der Branche wurde eingerichtet.
Die Zukunft der Mineralölindustrie sieht Asperger positiv: „Energie wird man immer brauchen. Der OMV-Vorstand hat eine Strategie für die nächsten Jahre erarbeitet. Daraus abgeleitet haben wir als BetriebsrätInnen eine solide Zukunftsstrategie für das Unternehmen aus der Sicht der Belegschaftsvertretung erarbeitet. Diese gilt es jetzt umzusetzen. Gerade die ExpertInnenrolle der Beschäftigten darf hier nicht unterschätzt werden, wir wissen, wie Prozesse laufen und wo das Potenzial für Innovation liegt. „Die neue Position macht mir sehr viel Freude, ich habe unzählige gute Ideen im Kopf, die ich gerne umsetzen möchte. Als Vorsitzende der Konzernvertretung habe ich jetzt einen riesigen Multiplikator, um diese auch zu verwirklichen“, freut sich Asperger schon auf die nächsten Herausforderungen.
Zur Person: Christine Asperger wurde 1964 geboren, kommt aus Hohenau an der March in Niederösterreich und ist gelernte Industriekauffrau. Sie war viele Jahre Frauenbeauftragte in der OMV und Betriebsratsmitglied und Büroleiterin der Konzernvertretung. Seit 2011 ist sie Vorsitzende des Angestelltenbetriebsrates der OMV Austria Exploration & Production und 2013 wurde sie das erste Mal in den Aufsichtsrat der OMV entsandt. Im Mai 2018 wurde sie als erste weibliche Vorsitzende der Konzernvertretung der OMV bestellt. Sie ist Vorsitzende der ÖBG-Frauen und GPA-djp-Frauen in Niederösterreich und Mitglied im Vorstand der Arbeiterkammer Niederösterreich und Mitglied der Hauptversammlung der Bundesarbeiterkammer.