Wohnen wird immer teurer. In vielen Haushalten muss bereits ein erheblicher Teil des Einkommens für die Miete aufgewendet werden. Eine europäische BürgerInneninitiative setzt sich nun für leistbares Wohnen in Europa ein.
In neun Jahren stieg die Miete für neu gemietete private Wohnungen österreichweit um 40 Prozent und die Betriebskosten um 18 Prozent. Das zeigen AK-Berechnungen vom Jänner 2019. Besonders dramatisch ist die Situation in Wien und anderen Ballungszentren. Sechs von zehn WienerInnen sagen in einer Befragung des Instituts für empirische Sozialforschung (IFES), dass es für sie eher oder sogar sehr schwierig war, eine passende Wohnung zu finden. 84 Prozent fanden die Wohnungssuche wegen der hohen Mieten schwierig. Immerhin 59 Prozent fanden über die Gemeinde Wien oder eine gemeinnützige Bauvereinigung eine relativ günstige Wohnung, 41 Prozent mieten ihre Wohnung von einem privaten Vermieter. Sie zahlen im Schnitt für etwa 70 Quadratmeter ohne Strom, Heizung und Warmwasser 790 Euro. Das sind um rund 25 Prozent mehr, als eine durchschnittliche Wohnung im gemeinnützigen Segment kostet. Zwei Drittel der Wohnungen auf dem privaten Wohnungsmarkt werden nur befristet vermietet. Das erschwert eine langfristige Lebensplanung. Dazu kommt, dass im Falle einer Vertragsverlängerung fast immer auch die Miete erhöht wird.
Kein Geld für Extras
Schon 30 Prozent des Einkommens müssen MieterInnen durchschnittlich für das Wohnen in privaten Wohnungen ausgeben. Besonders hart trifft das Menschen mit niedrigem Einkommen. Wer weniger als 1.800 Euro verdient, muss fast die Hälfte des Einkommens für Wohnen ausgeben. Extras wie ein Urlaub sind da kaum noch möglich und unerwartete Rechnungen, etwa für eine Reparatur, stellen viele Haushalte vor ein schier unlösbares Problem.
Geld und Raum für sozialen Wohnbau
Doch woran liegt es, dass Wohnen in Wien und anderen Ballungsräumen immer teurer wird? Ein wesentlicher Grund dafür ist der starke Zuzug in die Ballungszentren. Um der hohen Nachfrage nach Wohnraum gerecht zu werden, müssen laufend neue Wohnungen gebaut werden. Erschwinglich ist der neu geschaffene Wohnraum allerdings nur dann, wenn die Neubauten mit öffentlichen Mitteln aus der Wohnbauförderung errichtet werden und die Bauträger auch verpflichtet sind, die Wohnungen zu günstigen Konditionen zu vermieten. Positiv ist, dass es anders als etwa in Deutschland, wo die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen schon 1990 abgeschafft wurde, in Österreich immer noch Instrumente zur Steuerung des Wohnbaus gibt. Wichtig ist allerdings, dass Grundstücke, die sich im Besitz der Öffentlichkeit befinden, vorrangig für geförderten Wohnbau verwendet werden. Außerdem muss Geld, das die Länder vom Bund für Wohnbau bekommen, zweckgewidmet werden. Auch private Projektentwickler könnten durch eine Sozialwohnungsverpflichtung mehr in die Verantwortung genommen werden.
Wuchermieten gesetzlich verbieten
Um die Mieten am privaten Wohnungsmarkt einzudämmen, braucht es daher für den privaten Wohnungsmarkt wirksame Mietobergrenzen. Maklergebühren sollten nur die VermieterInnen und nicht die MieterInnen zahlen. Die AK fordert zudem Sanktionen für VermieterInnen, die Wuchermieten verlangen. Sie sollen mit Sanktionen rechnen und das Doppelte vom zu viel einkassierten Betrag zurückzahlen müssen.
Ein wesentlicher Faktor für hohe Mieten am privaten Wohnungsmarkt sind auch die steigenden Vermietungen über Airbnb, hinter denen immer mehr gewerbliche Vermieter stehen. In Wien haben sich die Vermietungen über Airbnb in den vergangenen drei Jahren verfünffacht, Tendenz weiter steigend. Etwa 2.200 Wohnungen werden bereits dauerhaft und profitträchtig an TouristInnen vermietet. Anders als offizielle Hotels, zahlen Airbnb-Vermieter oft keine Steuern. Kurzzeitvermietungen müssen daher registriert und genehmigt werde.
Europäische Bürgerinneninitiative
Sieben Bürgerinnen und Bürger aus Österreich, Spanien, Deutschland, Schweden, Zypern, Portugal und Kroatien hatten genug von hohen Mieten und knappem Wohnraum und starteten eine europäische BürgerInneninitiative für leistbares Wohnen. Die Anliegen der BürgerInnen müssen von Europäischer Kommission und Europäischem Parlament angehört und behandelt werden, wenn es gelingt, innerhalb eines Jahres mehr als eine Million Unterschriften zu sammeln und in sieben Staaten eine festgelegte Mindestanzahl an Unterstützungserklärungen zu erreichen. In Österreich wird die Initiative unter anderem von den Gewerkschaften, der Arbeiterkammer, der Armutskonferenz, der Diakonie und der Volkshilfe unterstützt.
Zwar liegt das Politikfeld Wohnen in der Kompetenz der Mitgliedsstaaten. Dennoch werden durch rechtliche Vorgaben der EU, wie durch die Maastricht-Kriterien und das Beihilfenrecht, die Städte und Kommunen stark beschränkt, wenn sie in sozialen und leistbaren Wohnraum investieren wollen. Die Europäische BürgerInneninitiative fordert daher von den EU-Gesetzgebern bessere rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen für mehr bezahlbares und soziales Wohnen.
Im Detail fordert die BürgerInneninitiative:
- Erleichterung des Zugangs für alle zu leistbarem und sozialem Wohnbau
- Keine Anwendung der Maastricht-Kriterien auf öffentliche Investitionen in leistbaren Wohnbau
- Besserer Zugang zu EU-Finanzmitteln für gemeinnützige und
nachhaltige Wohnbauträger - Soziale und wettbewerbsgerechte Regeln für Kurzzeitvermietungen
über Online-Plattformen - Kleinräumige, statistische Erfassung des Wohnbedarfs in Europa
Unterschrieben werden kann die Initiative bis 18. März 2020 online unter:
housingforall.eu und auf Unterschriftenlisten, die bei allen unterstützenden Organisationen aufliegen. In Österreich wird für die Unterzeichnung die Nummer des Reisepasses oder des Personalausweises benötigt.