Der 3. Mai ist Internationaler Tag der Pressefreiheit, diese sorgt jedoch 2019 in Österreich für alarmierte Stimmung bei Journalismus-Vertretungen.
Gut, dass der „Internationale Tag der Pressefreiheit“ seit 25 Jahren auf Verletzungen derselben sowie auf die Wichtigkeit freier Berichterstattung, zumal in demokratischen Ländern, aufmerksam machen will. Die Idee dazu hatte die UNESCO, die Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur. Dass der Tag der Pressefreiheit jährlich am 3. Mai begangen wird, könnte dieses Jahr nicht passender sein.
Journalisten unter Druck
Seit Tagen ist ORF-Journalist Armin Wolf Zielscheiber massiver Kritik von der Regierungspartei FPÖ. In einem ZiB2-Interview mit FP-Generalsekretär und EU-Spitzenkandidat Harald Vilimsky stellte er einen Cartoon der steirischen Parteijugend, in dem offensichtlich eine einheimisches blondes Pärchen in grüner Tracht von Zuwanderern mit langer Nase, Bart und Buckel bedroht wird, mit einer Darstellung eines Juden aus dem NS-Kampfblatt „Der Stürmer“ gegenüber, um Vilimsky nach dem Unterschied zu befragen. Der Moderator bekam keine Antwort, sondern Drohungen – live auf Sendung und danach.
Wenn ein Journalist für eine „völlig berechtigte Frage“ offen mit Folgen bedroht werde und sich ein Vizekanzler „der Sprache der Identitären bedient“, seien das Dinge, die nicht „einreißen“ dürften. Das erklärte denn auch der Präsident des renommierten Presseclubs Concordia und stellvertretende Chefredakteur der „Salzburger Nachrichten“, Andreas Koller, in der Vorwoche bei der Verleihung der diesjährigen Concordia-Preise (an „Profil“-Journalist Christoph Zotter, an „Profil“-Kolumnistin Elfriede Hammerl und an das europäische Recherchenetzwerk „Europe’s Far Right“) im Parlament in Wien.
Der Presseclub Concordia werde auch in Zukunft gegen solche Entwicklungen aufstehen. Dass es noch immer kein Informationsfreiheitsgesetz gebe, sei eine weitere schwere Wunde für die österreichischen JournalistInnen, so Koller. „Ich hätte nie gedacht, dass noch zu meiner Lebenszeit in meinem Land die Verteidigung der Pressefreiheit und der Menschenrechte von so hoher Wichtigkeit werden könnte“, zeigte sich Heide Schmidt alarmiert. Die frühere Chefin des Liberalen Forums und ehemalige Dritte Nationalratspräsidentin war Vorsitzende der Concordia-Preis-Jury. Sie habe es in Österreich nicht für möglich gehalten, dass JournalistInnen von Regierungsmitgliedern aufgrund ihrer Fragestellung offen angegriffen und diffamiert würden.
Reporter ohne Grenzen sieht die Lage in Österreich kritisch
Dass sich die Lage für JournalistInnen in Österreich massiv verschlechtert, hat die Organisation Reporter ohne Grenzen bereits im Vorfeld des Tages der Pressefreiheit anhand des regelmäßigen Monitorings unterstrichen. Die NGO erstellt jährlich eine Rangliste, nachdem anhand von 117 Fragen die Situation von JournalistInnen, Medienhäusern und zivilen BürgerreporterInnen in 180 Ländern eingeschätzt wird. Österreich hat sich demnach vom weißen unbedenklichen Bereich auf Platz 11 verschlechtert auf Platz 16.
„Freier, unabhängiger Journalismus ist einer der Grundpfeiler einer Demokratie. Und dieser Grundpfeiler ist in Österreich mittlerweile extrem gefährdet.“
Eike-Clemens Kullmann, Vorsitzender des GPA-djp-Wirtschaftsbereiches JournalistInnen
Schon bisher seien hierzulande die hohe Inseratendichte, das weiterhin verschleppte transparente Informationsgesetzt und die Beibehaltung des Amtsgeheimnisses auffällig gewesen. 2019 aber sei die Lage alarmierend, meint die Präsidentin von Reporter ohne Grenzen Österreich, Rubina Möhring. „Aus unseren Nachbarländern wissen wir, wie leicht angreifbar scheinbar unangreifbare Werte wie Pressfreiheit sind“, verwies sie etwa auf die Probleme in Ungarn. „Ich bin schockiert darüber, in welche Richtung sich die Pressefreiheit in einem Land wie Österreich entwickelt hat. Unabhängiger Journalismus ist Basis jeder Demokratie und muss entsprechend verteidigte werden.“
Seit Beginn der ÖVP-FPÖ-Koalition sind direkte Angriffe auf Medien häufiger geworden. „Damit liegt die österreichische Regierung im „Trend“ – weltweit werden verbale Angriffe, die ein Klima der Einschüchterung entstehen lassen, immer mehr zum Problem für unabhängigen Journalismus. Das geschieht weniger subtil als noch zuvor“, schreibt Reporter ohne Grenzen. Auswirkung sei vor allem „Selbstzensur und folglich weniger kritische Berichterstattung. Die Effekte des neuen Feindbildes Journalist sind tiefgreifend und vermutlich langanhaltender als die Regierung selbst.“
Die ersten Plätze belegen – wie sehr oft in internationalen Ranglisten – auch in Sachen Pressefreiheit die nordischen Länder: Norwegen, Finnland und Schweden. Damit stammen laut Reporter ohne Grenzen sieben von zehn Ländern in den Top Ten aus Europa. Deutlich abgestürzt sind Ungarn (-14 Plätze), Serbien (-14 Plätze) und Malta (-12 Plätze). Schlusslichter sind Eritrea, Nordkorea und Turkmenistan.
Österreich am Weg in Richtung „Orbanisierung“
„Freier, unabhängiger Journalismus ist einer der Grundpfeiler einer Demokratie. Und dieser Grundpfeiler ist in Österreich mittlerweile extrem gefährdet“, sagt dazu Eike-Clemens Kullmann, Vorsitzender des GPA-djp-Wirtschaftsbereiches JournalistInnen. Gerhard Moser, Vorsitzender des Wirtschaftsbereiches ORF-JournalistInnen und ORF-Töchter in der GPA-djp hält fest: „Die Grenzen sind mehrfach überschritten worden. Dieses Land befindet sich leider auf dem besten Weg in Richtung „Orbanisierung“.
Die Vorsitzende der GPA-djp Barbara Teiber forderte Ende April ein Eingreifen des Bundesklanzlers. „Wenn sich Herr Vilimsky die Fragen, die ihm gestellt werden, selbst aussuchen möchte, dann soll er sich von FPÖ-TV interviewen lassen“, sagt die GPA-djp-Vorsitzende. „Bundeskanzler Kurz hat eine Verantwortung für seinen Koalitionspartner. Er muss jetzt handeln und eine rote Linie ziehen, wenn die FPÖ die Pressefreiheit massiv attackiert. Die GPA-djp steht hinter allen kritischen Journalistinnen und Journalisten im Land – im Sinne einer freien Presse und einer demokratischen Grundauffassung“, so die GPA-djp Vorsitzende.
„Wenn sich Herr Vilimsky die Fragen, die ihm gestellt werden, selbst aussuchen möchte, dann soll er sich von FPÖ-TV interviewen lassen.“
Barbara Teiber, Bundesvorsitzende der GPA-djp
Für das Staatsoberhaupt ist freilich klar: „Es gehört zu den ureigensten Aufgaben von Journalistinnen und Journalisten, Mächtige in Politik und Wirtschaft kritisch zu hinterfragen. Die gut abgesicherte Information, der gut recherchierte Hintergrund, der fundiert argumentierte Kommentar – all das sind zentrale Aufgaben von Medien“, unterstreicht Bundespräsident Alexander Van der Bellen zum Tag der Pressefreiheit auf seiner Website. „Verboten ist nicht Kritik, sondern jeder Versuch politischer Zensur.“