Der Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) spielt in der EU eine wichtige Rolle bei Gesetzgebungsverfahren und ist doch weitgehend unbekannt.
Die GPA-djp ist durch Sophia Reisecker im EWSA vertreten. Sie übernahm mit Juni 2019 das Mandat von Wolfgang Greif.
Der EWSA soll die Interessen von ArbeitnehmerInnen, Unternehmen und Zivilgesellschaft in den europäischen Gesetzgebungsprozess einbringen. Gemeinsam mit dem Ausschuss der Regionen (AdR) ist er somit eine der zwei beratenden EU-Institutionen und gibt zu allen Gesetzesentwürfen eine Stellungnahme ab.
Ausbalancierte Interessen
Im EWSA sitzen 350 Mitglieder aus allen EU-Mitgliedsstaaten. Er setzt sich aus drei sogenannten Gruppen zusammen: Gruppe 1 vertritt die Interessen der UnternehmerInnen, Gruppe 2 die der ArbeitnehmerInnen, Gruppe 3 die „sonstigen Interessen“, also verschiedene Bereiche aus der Zivilgesellschaft wie etwa KonsumentInnen- oder Umweltschutz.
Die Herausforderung ist, all diese Interessen in einer Stellungnahme zu einer Gesetzesvorlage der Kommission unterzubringen. In Studiengruppen werden zwischen einzelnen VertreterInnen der Gruppen die Stellungnahmen erarbeitet, die dann noch in Ausschüssen und auf einer Plenartagung diskutiert und abgestimmt werden. Dabei kommt es nicht selten zu Diskussionen und Abänderungsanträgen.
Der EWSA bietet in der EU die Möglichkeit, der Stimme von ArbeitnehmerInnen und Gewerkschaften Gehör zu verschaffen. Abseits von Lobbying & Co. können GewerkschafterInnen hier die Interessen der Beschäftigten einbringen und als soziales Gewissen Europas fungieren.
„Goldene Investitionsregel“ statt Kaputt-Sparen
Seit der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise wurden den EU-Mitgliedsstaaten harte Sparprogramme auferlegt. Diese haben sich negativ auf Beschäftigung, Löhne, soziale Absicherung und Gewerkschaften ausgewirkt. Durch die Sparvorgaben wurde von Staaten, Ländern und Gemeinden kaum noch investiert, da sie keine Schulden mehr aufnehmen durften. Das hat nicht nur mittelfristig negative Konsequenzen für die Infrastruktur eines Landes, sondern verhindert auch, dass Arbeitsplätze geschaffen werden.
Die Arbeiterkammer und der ÖGB sprechen sich schon lange für eine „Goldene Investitionsregel“ aus, nach der soziale Investitionen von den Fiskalvorgaben ausgenommen sind. Das würde bedeuten, dass die öffentliche Hand Schulden aufnehmen darf, um in bspw. Kindergärten, öffentlichen Nahverkehr und leistbaren Wohnbau zu investieren. Vielerorts sind solche Investitionen dringend notwendig.
Beharrlich wurde im EWSA daran gearbeitet, die Goldene Investitionsregel in Stellungnahmen zu verankern und somit zur Beschlusslage des EWSA zu machen. Das ist gelungen und die Europäische Kommission wird damit nun regelmäßig damit konfrontiert, ihre strikten Fiskalvorgaben zum Wohle der BürgerInnen aufzuweichen.
Mandatswechsel in Österreich
In den vergangenen Jahren übte Wolfgang Greif ein EWSA-Mandat aus. Nach seinem Rücktritt beschloss der ÖGB Bundesvorstand, Sophia Reisecker als EWSA Mandatarin zu nominieren. Diesem Vorschlag mussten noch die Bundesregierung sowie die EU-Kommission und der Rat zustimmen. Seit 6. Juni 2019 ist nun Sophia Reisecker als Gewerkschaftsvertreterin – und somit Mitglied der Gruppe 2 – im EWSA vertreten.
Sie übernimmt die Ausschüsse von Wolfgang Greif und ist damit in ECO (Wirtschafts- und Währungsunion, wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt), SOC (Beschäftigung, Sozialfragen, Unionsbürgerschaft), CCMI (Beratende Kommission für den industriellen Wandel) und LMO (Arbeitsmarktbeobachtung) aktiv. Sie wird sich also breit für die Interessen der österreichischen und europäischen ArbeitnehmerInnen engagieren.