Einigung bringt Schauspieler:innen höhere Honorare, eine Beteiligung an den Einnahmen aus Streamingdiensten und regelt den Einsatz von künstlicher Intelligenz.
Der Streik der Darsteller:innen in Hollywood ist zu Ende. Nach 118 Tagen Arbeitskampf haben 78 Prozent der Mitglieder der Schauspieler-Gewerkschaft SAG AFTRA (Screen Actors Guild American Federation of Television and Radio Artists) jener Einigung mit dem Verband der Filmstudios (AMTPT) zugestimmt, die vor rund einem Monat ausgehandelt wurde. Die Interessensvertretung hat mit dem neuen Vertrag für die Beschäftigten einen historischen Erfolg errungen. Als Knackpunkte in den Verhandlungen haben sich ein höheres Grundgehalt, auch für Nebendarsteller:innen und Statisten, eine Beteiligung der Schauspieler:innen an den Einnahmen von Streaming-Anbietern sowie Schutzrechte und eine Abgeltung für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) erwiesen.
Seit Mai hatten tausende amerikanische Drehbuchautor:innen und Schauspieler:innen im Kampf um höhere Gehälter die Arbeit nieder gelegt, solange war die Produktion von Filmen und TV Shows unterbrochen. Nahezu täglich gab es Demonstrationen und Aufmärsche vor den Studios der Filmgiganten wie Paramount, Netflix, Universal, Warner Brothers oder Amazon. Die Gewerkschaft der Drehbuchautor:innen WGA erreichte bereits Anfang Oktober eine Einigung mit den mächtigen Studios.
Streiks brachten den Durchbruch
Nun hat der Arbeitskampf auch für die Schauspieler:innen eine respektable Lösung gebracht. US-Medien sprechen von einem „großen Wurf“ und bezeichnen die historische Einigung als den „größten Erfolg, den die Schauspieler-Gewerkschaft in ihrer Geschichte erreicht hat“. Der Einsatz von KI in den Produktionen war bislang ungeregelt und nicht ausdiskutiert, der Kompromiss war bis zur letzten Minute heiß umkämpft.
Mit der Einigung wurden Leitlinien für die Verwendung von KI definiert. Ab sofort müssen Film- und TV-Produktionshäuser die Zustimmung der Schauspieler:innen einholen, wenn sie digitale Avatare einer Person gestalten und verwenden möchten. Ebenso müssen die amerikanischen Studios künftig vorab bekanntgeben, wie sie die digitalen Figuren zu verwenden gedenken. Schauspieler:innen sind berechtigt, einen Einkommensersatz für jene Spieltage zu erhalten, an denen ihr Charakter von einem digitalen Zwilling dargestellt oder gesprochen wird.
Historische Lohnerhöhungen
Auch bei der Bezahlung wurde Geschichte geschrieben, die Gewerkschaft hat mit den US-Studios eine sehenswerte Lohnerhöhung für die nächsten drei Jahre ausverhandelt. Die Darsteller:innen erhalten eine sofortige Steigerung von 7 Prozent, im Juli 2024 folgt eine weitere Erhöhung um 4 und im Juli 2025 um weitere 3,5 Prozent. Statisten und Fotodoubles bekommen sofort um 11 Prozent mehr und ebenfalls zusätzlich 4 bzw. 3,5 Prozent Erhöhung in den nächsten beiden Jahren.
Darüber hinaus sind die Schauspieler:innen ab sofort an den Einnahmen von Streaming-Anbietern beteiligt. Es wurden Erfolgsprämien vereinbart, die schlagend werden, sobald eine Produktion innerhalb der ersten 90 Ausstrahlungstage zumindest 20 Prozent der potentiellen Zuseher:innen auf den Schirmen zuhause erreicht. 75 Prozent dieser Bonuszahlungen gehen direkt an die Schauspieler:innen, der Rest wird über einen bei der Gewerkschaft eingerichteten Fonds verteilt.
Statistiken über die Zuseher-Zahlen müssen künftig offengelegt werden: Bei Produktionen mit einem großen Budget müssen die Hersteller künftig quartalsweise veröffentlichen, wie viele Stunden lang der Inhalt am amerikanischen und kanadischen Markt sowie im sonstigen Ausland abgerufen wurde. Diese Transparenz soll den Schauspieler:innen bei ihrer Einschätzung helfen, ob sie, gemessen an der Verbreitung und Popularität einer Show, angemessen entlohnt wurden.
Bonus für berufsbedingte Umzüge
Ein Durchbruch wurde auch bei der Beschäftigung von Statisten erzielt. So wurde zwischen Gewerkschaft und Filmstudios vereinbart, dass es künftig eine Mindestanzahl an Nebendarsteller:innen geben soll, um das Niveau landesweit an die guten Bedingungen der Ostküste anzugleichen. In TV-Shows in Städten der Westküste muss es künftig 25 anstatt bislang 22 Statisten geben, bei großen Filmproduktionen müssen 85 statt bislang 57 Nebendarsteller:innen beschäftigt werden. Das erhöht die Arbeitsplatzsicherheit für viele Nebendarsteller:innen.
Schauspieler:innen, die für die Produktion einer Serie zumindest temporär umziehen müssen, bekommen dafür ein halbes Jahr lang eine Entschädigung von maximal 5.000 US-Dollar pro Monat – das bedeutet eine Verdreifachung der bisherigen Abgeltung.
Die US-Gewerkschaft SAG-AFTRA vertritt nach eigenen Angaben die Interessen von mehr als 160.000 Schauspieler:innen, Moderator_innen, Autor:innen, Sänger:innen, Tänzer:innen, Stunt-Leuten und weiteren Profis der Kultur- und Kreativwirtschaft. Die Vereinbarung zwischen Gewerkschaft und dem Verband der großen Studios und Streaminganbieter gilt bis Juni 2026. Der Streik war der erste Arbeitskampf seit mehr als 60 Jahren, bei dem Schauspieler:innen und Autor:innen in Hollywood gleichzeitig für bessere Arbeitsbedingungen und höhere Entlohnung eingetreten sind. Die Produktion von Serien und Filmen wurde dadurch monatelang ausgesetzt.