
Seit drei Jahrzehnten setzt sich Peter Schaludek als Betriebsrat für die Anliegen der Beschäftigten bei Gebauer & Griller in Poysdorf ein. Für seine Kolleg:innen ist er ein Ansprechpartner mit langer Erfahrung und Engagement. Heuer war er zum ersten Mal Teil des KV-Verhandlungsteams.
„Auch nach dreißig Jahren im Betrieb gehe ich immer noch gern zur Arbeit“, erzählt Peter Schaludek (49). „Betriebsrat bin ich geworden, weil ich gerne helfe und mich für die Kolleginnen und Kollegen einsetzen will.“ Diese Haltung begleitet ihn und sie wurde durch alle bisherigen Betriebsratswahlen bestätigt. „Ich denke, die Menschen vertrauen mir. Sie wissen, dass ich mich um ihre Anliegen kümmere. Dieses Vertrauen habe ich mir über viele Jahre erarbeitet.“
Schaludek ist seit 28 Jahren Betriebsrat bei Gebauer & Griller, zuerst in Wien und dann in Poysdorf (NÖ), seit 20 Jahren hat er den BR-Vorsitz inne. Ausgerechnet während der diesjährigen sehr turbulenten KV-Verhandlungen in der Elektro- und Elektronikindustrie (EEI) war er erstmals im Verhandlungsteam der Gewerkschaft GPA.
„In jedem deutschen Auto kann man einige unserer Kabel finden.“
Peter Schaludek, Betriebsratsvorsitzender Gebauer & Griller
Die Firma Gebauer & Griller – kurz: GG Group – ist ein führender Hersteller von Kabeln, Leitungen und Kabelsätzen für die Automobilindustrie sowie für industrielle Spezialanwendungen. „In jedem deutschen Auto kann man einige unserer Kabel finden“, erklärt Schaludek, „je nach Auftragslage produzieren wir auch für andere Abnehmer wie z.B. Industriebusleitungen.“ Die GG-Group stellt insgesamt über 9.000 verschiedene Artikel her. Am Standort Poysdorf sind aktuell rund 800 Mitarbeiter:innen beschäftigt, davon ca. 480 Arbeiter:innen und 310 Angestellte.
Betriebsrat in Poysdorf
Schaludek schloss 1993 die Fachschule für Elektrotechnik in Hollabrunn ab. In seiner Schulzeit war er als Klassensprecher aktiv und während seiner Ausbildung war er bei der Gewerkschaftsjugend. Als junger Absolvent bewarb er sich für eine Stelle als Elektrotechniker bei GG. Bereits ein Jahr nach seinem Eintritt ins Unternehmen wurde er 1996 in den Betriebsrat gewählt.
Betriebsratsgründung
Du denkst auch darüber nach, in deinem Betrieb oder in deiner Filiale einen Betriebsrat zu gründen? Ab fünf dauernd beschäftigten Mitarbeiter:innen habt ihr das Recht, eine Belegschaftsvertretung zu wählen! Deine Gewerkschaft GPA unterstützt dich dabei! Alle Infos zur Wahl und Unterstützung (auch nach der Gründung) erhältst du in deiner Regionalgeschäftsstelle. Für Nicht-Mitglieder ist eine Erstberatung kostenlos!
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Nur zwei Jahre später folgte die erste große Herausforderung: Die Geschäftsführung kündigte an, den Standort Wien zu schließen. Die Belegschaft sollte nach Poysdorf übersiedeln. „Sozialplan, Kündigungen – das hat uns wirklich hart getroffen!“, erinnert sich Schaludek. Poysdorf lag damals an der Grenze zum Eisernen Vorhang, gefühlt also am Ende der Welt. In den Anfangsjahren arbeiteten dort vor allem Nebenerwerbsbauern. Heute sieht die Situation anders aus: Rund 10 bis 15 Prozent der Belegschaft pendeln täglich aus Tschechien und der Slowakei zur Arbeit.
Freigestellter Betriebsrat
Mit dem Umzug des Betriebs nach Poysdorf wechselte Schaludek vom Arbeiter- ins Angestelltenverhältnis. Auch dort engagierte er sich kurz darauf erneut im Betriebsratsteam. Bereits bei der darauffolgenden Wahl wurde er zum Vorsitzenden gewählt und ist seit 2007 vollständig freigestellt. „Ich war damals erst 32 Jahre alt. Es war keine leichte Entscheidung, meinen Beruf als Techniker – den ich wirklich gern ausgeübt habe – für die Freistellung aufzugeben“, erinnert sich Schaludek.
Er widmete sich seiner neuen Aufgabe mit großem Einsatz: Er absolvierte zahlreiche Weiterbildungen, besuchte die Betriebsratsakademie und war Gründungsmitglied im Aufsichtsrat des Unternehmens. Heute, fast zwei Jahrzehnte später, sieht er auf eine erfüllte Zeit als Betriebsratsvorsitzender zurück: „Wir sind ein starkes, gut eingespieltes Team. Das Vertrauen der Kolleginnen und Kollegen hat sich bei jeder Wahl aufs Neue bestätigt.“
Vom Werk zum Konzern
Als Gebauer & Griller im Jahr 1975 das Autoleitungswerk in Poysdorf gründete, war das eine kleine Sensation, denn Autos kamen damals noch mit vergleichsweise wenigen Kabeln aus. Rückblickend war es jedoch eine wegweisende Entscheidung: Heute ist die Verkabelung nach dem Motor der zweitwichtigste Bestandteil eines Fahrzeugs.
Das Unternehmen ist im Laufe der Jahrzehnte stetig gewachsen, musste aber auch wirtschaftliche Rückschläge hinnehmen, die zeitweise zu einem Stellenabbau geführt haben. Heute umfasst der Konzern neben dem Werk in Poysdorf weiterhin die Zentrale in Wien, sowie Standorte in Tschechien, Bulgarien, Moldawien, Mexiko und China; dazu kommen Büros in den USA, Deutschland, Italien und Polen. Das Wachstum des Unternehmens ging mit Herausforderungen für den Betriebsrat einher: Für die Standorte Wien und Poysdorf besteht ein gemeinsamer Zentralbetriebsrat, an dessen Gründung Schaludek und sein Team federführend beteiligt waren.
KV-Verhandlungen
Schaludek ist bestens vernetzt: Er ist bereits in der dritten Periode Arbeiterkammer-Rat der AK NÖ sowie Regionalvorsitzender des ÖGB und Mitglied der Bundeskontrolle in der Gewerkschaft GPA. Darüber hinaus ist er Landesvorsitzender im Wirtschaftsbereich 03 (Elektro, Elektronik, IT, Telekom) und Mitglied im Bundesvorstand der GPA.
„Die Gehaltserhöhung muss die reale Teuerung abdecken, das war unser Verhandlungsziel.“
Peter Schaludek
Heuer brachte er seine Erfahrung nun auch im Kollektivvertrags-Team ein. „Die Lage bei den KV-Verhandlungen war äußerst angespannt“, berichtet er. „Traditionell war die Elektro- und Elektronikindustrie immer ein verlässlicher Partner in der Sozialpartnerschaft – lösungsorientiert und respektvoll im Umgang. Doch diesmal haben wir eine ganz andere Dynamik erlebt.“
Erst bei der fünften Verhandlungsrunde gelang ein Abschluss, die ersten Runden waren geprägt von Blockaden seitens der Arbeitgeber. „Das zentrale Problem ist die Inflation. Aber die haben nicht wir verursacht – wir sind keine Inflationstreiber! Die Gehaltserhöhung muss jedoch die reale Teuerung abdecken, das war unser Verhandlungsziel“, erklärt der BR-Vorsitzende.
Kollektivvertrag Elektro- und Elektronikindustrie: Erfolgreicher Abschluss erst nach Betriebsversammlungen und Streikdrohung
Die KV-Runde für die rund 60.000 Beschäftigten der EEI war die längste der Frühjahrslohnrunde – ganze elf Wochen wurde verhandelt! Die Positionen lagen weit auseinander. Am Ende konnte dennoch eine faire Erhöhung durchgesetzt werden. Besonders niedrige und mittlere Einkommen profitieren nun dauerhaft von einem Teuerungsausgleich.
Die Mindestlöhne und Grundgehälter sowie die Lehrlingseinkommen steigen um 3 Prozent. Die kollektivvertraglichen Zulagen und Aufwandsentschädigungen werden ebenfalls um 3 Prozent erhöht. Die Ist-Löhne und -Gehälter werden rückwirkend mit 1. Mai um 2,75 Prozent, maximal aber um 115 Euro angehoben.
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Auch im Rahmenrecht stand ein zentrales Thema auf dem Spiel: die Verlängerung der sogenannten Freizeitoption. Die gibt es in der Branche bereits seit zehn Jahren, sie ist mittlerweile ein fixer Bestandteil. „Gehaltserhöhungen“, erklärt Schaludek, „können entweder in Geld oder in Zeit konsumiert werden.“ Das bedeutet: Wer auf einen Teil des zusätzlichen Geldes verzichtet, erhält dafür mehr Freizeit. „Bei einer Erhöhung von zehn Prozent kann das also auch ein spürbarer Gewinn an freier Zeit sein. Diese Wahlmöglichkeit ist das Herzstück unseres Kollektivvertrags. Darauf sind wir stolz!“
Herausforderungen
Gebauer & Griller steht derzeit vor großen Herausforderungen. In den letzten zwei Jahren mussten rund 300 Mitarbeiter:innen abgebaut werden. „Der chinesische Automarkt ist stark im Vormarsch. Gerade Elektroautos aus China gewinnen auch im eigenen Land zunehmend an Prestige, sogar im Vergleich zu Marken wie Mercedes.“ Zusätzlich belasten internationale Handelskonflikte das Geschäft. Schaludek: „Die von den USA verhängten Zölle spüren wir deutlich. Und mit Trump an der Spitze ist vieles unberechenbar, das macht die Situation so schwierig.“
„Österreich ist kein Billiglohnland“, betont der Betriebsrat. „Über die Jahre wanderte ein großer Teil der Produktion nach Fernost ab. Was hier im Land geblieben ist, muss deshalb besonders effizient arbeiten.“ Die wichtigsten Strategien, um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können, sind Automatisierung und ständige Optimierung.
Schaludek ist mit seinem beruflichen Weg persönlich zufrieden: „Meine Haltung ist: Wenn mir etwas nicht passt, dann will ich es ändern. Und wenn ich es nicht gleich ändern kann, arbeite ich daran, in eine Position zu kommen, in der das möglich ist.“ Was er ablehnt: „Die Mentalität, sich selbst zum Opfer zu machen und immer ‚die da oben‘ verantwortlich zu machen – das bringt uns nicht weiter!“
Zur Person
Peter Schaludek ist verheiratet und lebt in einem Familienverband mit zwei erwachsenen Kindern. Er lebt im östlichen Weinviertel, in einer kleinen Gemeinde mit rund 1.300 Einwohner:innen, wo er auch Bürgermeister ist. Schon als Kind war er in seiner Heimatgemeinde aktiv, dieses Engagement prägt ihn bis heute. Ob Freiwillige Feuerwehr, Sportverein, Tennisclub oder Kulturverein – er bringt sich überall mit Herzblut ein. „Beim Feuerwehrfest arbeite ich als Kellner mit, das lasse ich mir nicht nehmen!“, sagt er mit Stolz.